Welschtobel

Welschtobel
Das Welschtobel, untere Talstufe, mit Teilen der Aroser Dolomiten

Das Welschtobel (rätoromanisch: Igl Cuolm) ist ein Bergtal im inneren Schanfigg im Kanton Graubünden/Schweiz. Es liegt zwischen den Gipfeln der Linie Pizza Naira-Aroser Rothorn-Schafrügg und der Strelakette und verbindet das Aroser Tal mit der Furcletta, unterhalb derer die Ramozhütte des Schweizer Alpen-Club (SAC) steht.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Ramoz, die obere Talstufe mit der SAC-Schutzhütte und dem trichterförmigen Abriss gegen das eigentliche Tobel in der Bildmitte

Das sieben Kilometer lange und 1315 Hektaren grosse Welschtobel weist zwei Talstufen auf. Im hinteren Drittel des Tals bildet der Talkessel von Ramoz am Fuss des Aroser Rothorns die erste, obere Stufe. Die Alp Ramoz ist ein quellenreiches Weideland, das rechts mit Moränenrücken und Sturztrümmern versehen ist. Sie wird östlich begrenzt durch den wildzerrissenen Guggernellgrat, der sich in einem weiten Halbbogen von Spitzig Gretli über den Guggernell in Richtung Furcletta erstreckt. Aus der linksseitig begrenzenden Kette Aroser Rothorn–Älpliseehorn brechen eine Reihe hoher Talnischen hervor, aus deren Schutthalden die felsigen Grate des Älpliseehorns, des Erzhorns und des weniger schroffen Aroser Rothorns herauswachsen. Am linksseitigen Hang dieses offenen Talhintergrundes liegt die Ramozhütte, die Besteigungen im Gebiet erleichtert.

Die untere Stufe – durch eine Steilstufe namens Schiliez ("Gottlob") von Ramoz getrennt – umfasst das eigentliche Schluchttal, das von den in Arosa siedelnden Walser wegen seiner kargen Vegetation Tüüfelschtälli (Teufelstälchen) oder ds bös Tälli genannt wurde. Es erstreckt sich in nordöstlicher Richtung bis zur Einmündung des Alteinbaches mit seinen Wasserfällen. Dort mündet das Tobel in den schutterfüllten Talboden der Isel.

Geologie

Das Welschtobel ist ein Isoklinaltal am Südostende der Aroser Dolomiten. Auf der linken Seite steigen ostalpine Dolomite und Schiefer bis zum Grat, auf der rechten Talseite im vorderen Teil Triasdolomite und -schiefer steil zur Leidflue an. Die oberen Teil herrschen Verrucano, Sandsteine und Schiefer vor, die für die eher sanften Formen und Mulden verantwortlich zeichnen. Die Senke der obersten Talstufe schliesslich ist mit viel Moränenmaterial bedeckt, wohingegen im unteren Teil des Welschtobels wilde aus beiden Seiten hervorbrechenden Runsen und kleinere Tobel das Tal fortwährend mit Schutt und Trümmern überschütten. Trotz dieser stark erosiven Bergkräfte schafft es eine pionierhafte Pflanzenwelt von unten her immer wieder, sich in diesem unwirtlichen Gelände festzusetzen.

Erschliessung

Innerer Sandboden

Seit 1889 existiert ein gut ausgebauter Wanderweg von der Isel über die usseren und inneren Sandböden via Schiliez bis auf die Furcletta, den Übergang ins Albulatal (von den Walsern "Chrüz" genannt). Der Pfad führt anfangs dem ausgedehnten Schotterfeld des Welschtobelbachs entlang, bevor er in südwestlicher Richtung in das von steilen Hängen flankierte lange Haupttal einbiegt. Dort steigt er aus dem Talboden den linksseitigen Hang an durch Fichten-, Lärchen-, und schliesslich Legföhrenwald, mit Birken durchmischt. Wiederholt wird er von steilen Schuttrunsen durchbrochen, die aus den Hängen des Schafrüggs herausbrechen. Die wilde gegenüberliegende Nordwestwand der Leidflue macht dem Namen dieses Berges alle Ehre. Ab Ramoz führt der Weg links im Anstieg über einen flachen Rücken gegen den Talhang der Furcletta zu, den er südöstlich des kleinen Ramozsees in kurzer, mässiger Steigung überwindet.

Weitere Wegrouten führen von Ramoz aus als Alpine Route über den Erzhornsattel zum Schafälpli und via Murterus-Leidluefurgga nach Altein Tiefenberg.

Geschichtliches

Welschtobel von Murterus gesehen

Bis Ende des 14. Jahrhunderts gingen die zwei Talstufen des Welschtobels geschichtlich getrennte Wege. Ramoz war ein Besitz der Freiherren von Vaz und der Grafen von Toggenburg. Um 1450 wurde es dem Gericht Inner Belfort zugeschlagen, und im Jahre 1480 ging es an Alvaneu über, bei dem es bis heute geblieben ist. Das Welschtobel im engeren Sinn, also die untere Talstufe, gehörte ursprünglich ebenfalls den Freiherren von Vaz. Nach der Gründung des Grosshofes Araus (Arosa) zu Beginn des 14. Jahrhunderts wurde es als Erblehen der dortigen Walserkolonie übertragen.

1481 verkauften die damals mausarmen Aroser Bergbauern das Tüüfelschtälli für 25 Pfund ihren Nachbarn aus dem Albulatal. Da die Alvaneuer rätoromanisch ("welsch") sprachen, nannten es die Walser bald nur noch das Welschtobel. [1] Dieser Umstand war Ende 1938 mitentscheidend, dass bei der Einführung des Grundbuches in Arosa die erneut aufgeworfenen Frage der territorialen Zugehörigkeit des Welschtobels definitiv zugunsten von Alvaneu entschieden wurde. [2] Der zweisprachige, geschichtliche Hintergrund zeigt sich auch heute noch am auffälligen Wechsel zwischen deutschen und romanischen Flurnamen wie Sessels, Gamschtälli, Val Mierta (Tottälli) oder Schaftälli (Cuolm digl Stoffel). Das Welschtobel beziehungsweise die Alp Ramoz wird bis heute von Alvaneu aus als magere Galtviehalp genutzt.

1879 wurden im Rahmen von Wiederansiedlungsversuchen im Welschtobel Steinböcke ausgesetzt. Pläne zum Bau eines Stausees oder zur Realisierung eines Strassentunnels zwischen Arosa und Alvaneu wurden nicht verwirklicht.

Quellen

  • Manfred Hunziker: Ringelspitz/Arosa/Rätikon, Alpine Touren/Bündner Alpen, Verlag des SAC 2010, ISBN 978-3-85902-313-0, S. 316.
  • Die Hausberge des Kantons Graubünden, Verlag Rüegger, Chur/Zürich 2003, ISBN 3-7253-0742-3, S. 16.
  • SAC Clubführer, Bündner Alpen 1, Tamina- und Plessurgebirge, Verlag des SAC, 4. Auflage 1988, S. 54.
  • Hans Danuser: Arosa - wie es damals war (1850-1907), Bd. 1, Eigenverlag Danuser, Arosa 1997, S. 8, 13.
  • Hans Danuser/Walser-Vereinigung Graubünden (Hrsg.): Alte Wege im Schanfigg, Verlag Walser-Vereinigung Graubünden, Splügen 1997, S. 25 f.
  • Hans Danuser, Ruedi Homberger: Arosa und das Schanfigg, Eigenverlag Danuser/Homberger, Arosa 1988, S. 172.
  • Heinrich Tgetgel, Schweizer Wanderbuch 30, Schanfigg–Arosa, 3. Auflage, Bern 1971, S. 92 ff.
  • J.B. Casty: Arosa - Aus der Heimatkunde des weltbekannten Kurortes, Verlag Kur- und Verkehrsverein Arosa, Arosa 1959/60, S. 98-100.

Einzelnachweise

  1. Andrea Schorta: Wie der Berg zu seinem Namen kam, Terra Grischuna Verlag, 3. Auflage, Chur 1999, S. 150.
  2. Hans Danuser: Arosa - wie es damals war (1928-1946), Bd. 3, Eigenverlag Danuser, Arosa 1999, S. 158.

Weblinks

 Commons: Welschtobel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
46.745859999.66608047

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