Amokfahrt von Karlsruhe

Amokfahrt von Karlsruhe

Die Amokfahrt von Karlsruhe am 29. August 1985 begann und endete im Stadtteil Grünwettersbach. Mit einem entwendeten Auto fuhr der Täter planlos durch mehrere Vororte von Karlsruhe, die so genannten „Bergdörfer“. Insgesamt erschoss er fünf ihm nicht bekannte Personen und verletzte vier weitere; schließlich wurde er festgenommen.

Inhaltsverzeichnis

Tathergang

Der Täter, ein 32-jähriger arbeitsloser Dreher, ging am Morgen der Tat in den Garten seines Hauses in der Gemeinde Waldbronn im Landkreis Karlsruhe, grub einen dort versteckten großkalibrigen Revolver samt selbst präparierter Dumdum-Munition aus (den er als Dekorationswaffe gekauft und wieder funktionsfähig gemacht hatte), zunächst mit dem Vorsatz, eine Bank zu überfallen.[1] Wenige Minuten nach 17 Uhr fuhr er mit seinem Mofa an einer am Rande von Grünwettersbach gelegenen Tankstelle vor. Hier eignete er sich mit Waffengewalt ein Auto an, wobei er zwei Männer und eine Frau verletzte, einen der Männer tödlich. Mit dem entwendeten Wagen fuhr er über Wolfartsweier und am Zündhütle vorbei in Richtung Hohenwettersbach. In der durch einen Wald führenden Straße tötete er eine Fahrradfahrerin mit mehreren Schüssen. In der Bergwaldsiedlung erschoss er zwei Personen, die in einem Vorgarten arbeiteten: einen jungen Mann und dessen Mutter.

200 Meter weiter versuchte er, zwei Passantinnen zu töten; der erste Schuss blieb jedoch in einem geparkten Auto stecken, und anschließend war der Revolver leergeschossen. Nahe Hohenwettersbach machte er eine Pause, um eine Zigarette zu rauchen und nachzuladen. Dann fuhr er an eine Bushaltestelle in Hohenwettersbach und versuchte, eine Frau als Geisel zu nehmen. Als deren Ehemann und ein Begleiter eingreifen wollten, schoss er beide nieder; die Frau tötete er. Wieder in Grünwettersbach angekommen, endete die Amokfahrt: Der Täter prallte in einer engen Straße gegen einen geparkten Wagen. Ein mittlerweile folgendes Polizeiauto fuhr auf, um eine Flucht zu verhindern; der unverletzte Täter ließ sich widerstandslos festnehmen. Seit Tatbeginn waren 45 Minuten vergangen.[2]

Hintergründe und Prozess

Die prekären Lebensumstände des Täters, seine Waffenleidenschaft und seine zunehmenden Wahnvorstellungen waren den Behörden bekannt. Im April 1982 war der Mann zu zehn Monaten Haft auf Bewährung wegen unerlaubten Waffenbesitzes verurteilt worden. In den ersten Augustwochen 1985 verschaffte sich die Polizei zweimal Zugang zu seinem verwahrlosten Haus und stellte beide Male Schusswaffen sicher, bei denen es sich um seinerzeit nicht erlaubnispflichtige Vorderlader handelte.[3] Am 27. August 1985 sprach er in der Polizeiwache Pforzheim-Nord vor, weil er sich verfolgt und bedroht fühlte, und verbrachte die Nacht im Not-Arrest.[4] Der Prozess vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Karlsruhe fand im Oktober 1986 statt. Dem Täter wurde eine schwere geistig-seelische Erkrankung aus dem halluzinatorisch-schizophrenen Formenkreis bescheinigt; er wurde ohne zeitliche Begrenzung in ein psychiatrisches Landeskrankenhaus eingewiesen.[5]

Quellen

Zeitungs- und Zeitschriftenartikel

  • Peter Vollmer: Bei Rekonstruktion der Bluttat führte Todesschütze Regie. Artikel in den Badischen Neuesten Nachrichten vom 5. September 1985
  • ders.: Empfehlung zur Untersuchung kam erst nach der Bluttat an. Artikel in den Badischen Neuesten Nachrichten vom 7. September 1985
  • ders.: Sein „Überlebenskampf“ endete in Amokfahrt. Artikel in den Badischen Neuesten Nachrichten vom 7. Oktober 1986
  • ders.: Amokläufer kommt in Psychiatrie. Artikel in den Badischen Neuesten Nachrichten vom 18. Oktober 1986
  • Peter Bier: „Im Prinzip war es ein Unfall“. Artikel im Stern vom 9. Oktober 1986

Bücher

  • Toni Feller: Das Gesicht des Todes. Authentische Mordfälle, München: Heyne 2011, ISBN 978-3453645288

Weblinks

  • Notiz im Nachrichtenmagazin Focus vom 14. März 1994, abgerufen am 12. März 2010.
  • Notiz im Nachrichtenmagazin Der Spiegel vom 26. April 2001, abgerufen am 12. März 2010.
  • Stadtchronik auf www.karlsruhe.de, abgerufen am 12. März 2010.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Badische Neueste Nachrichten vom 7. Oktober 1986.
  2. Tathergang gemäß Badische Neueste Nachrichten vom 5. September 1985 und Stern vom 9. Oktober 1986.
  3. Vgl. Stern vom 9. Oktober 1986.
  4. Vgl. Badische Neueste Nachrichten vom 7. September 1985.
  5. Vgl. Badische Neueste Nachrichten vom 18. Oktober 1986.

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