Kiel (Schiffbau)

Kiel (Schiffbau)
An den neu gelegten Kiel sind die ersten Plankengänge angesetzt worden (Bau der Replik eines nordischen Langschiffes in Roskilde)

Der Kiel ist der wichtigste, mittschiffs im Boden angebrachte, Längsverband eines Schiffes bzw. Bootes. Der Kiel ist somit das „Rückgrat“ des Schiffes. An ihm sind die querstabilisierenden Spanten, die „Rippen“, angebracht. An seinen Enden geht der Kiel in die Steven über. Neben der Stabilisierung des Rumpfes dient er auch der Erhöhung der Kursstabilität und – vor allem bei Segelfahrzeugen – der Verringerung der seitlichen Abdrift. Im Unterschied zu einem aufholbaren Schwert ist ein Kiel in der Regel fest montiert und hat ein beträchtliches Eigengewicht. Je nach Art des Schiffes gibt es allerdings sehr unterschiedliche Kielformen, die sich teilweise nicht ganz klar vom Schwert trennen lassen.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklungsgeschichte des Kiels

Entwicklungsgeschichtlich ist der Kiel aus dem Einbaum hervorgegangen. Die erste Weiterentwicklung der Einbäume bestand im Einsetzen von Spanten und Erhöhen der Bordwände durch aufgesetzte Plankengänge. Nach Vervollkommnung dieser Technik wurde der Einbaum dann allmählich immer mehr reduziert, bis er letzten Endes nur noch das tragende Element, der Kiel, des Bootsrumpfes war.

Es gibt jedoch auch Schiffe, die keinen Kiel haben. So wurden bestimmte holländische Plattbodenschiffstypen, wie z. B. die Boeieraak, früher ohne Kiel gebaut.

Der Kiel bei Segelfahrzeugen

Bei Segelfahrzeugen erfüllt der Kiel zusätzlich zwei weitere Funktionen:

  1. Er dient der Vergrößerung des Lateralplans, der die seitliche Abdrift des Fahrzeugs vermindert. Dies ermöglicht Segelfahrzeugen hoch am Wind zu segeln (schräg entgegen den Wind voranzukommen).
  2. Er sorgt für Gewichtsstabilität, die das Fahrzeug vor dem Kentern (Umkippen) bei starker Krängung (Schräglage) schützt.

Für maximale Wirkung und gute Segeleigenschaften sollte das Kielgewicht so tief und so schwer als möglich sein. Besonders in flachen Binnengewässern führt das allerdings zu erheblichen Einschränkungen bei der Wahl der möglichen Anlegehäfen, weshalb man hier vermehrt auf Hubkiele setzt oder andersweitige Kompromisse eingehen muss. Segelschiffe mit festem Kiel haben einen deutlich größeren Tiefgang als vergleichbare Motorschiffe.

Kielkonstruktionen

Balkenkiel

Segelschiffe, kleine Fischereifahrzeuge und Schlepper haben einen Balkenkiel, der die Außenhaut vor Grundberührung schützt und die Kursstabilität erhöht. Ein zum Heck hin abfallender Kiel (Kielfall) verringert die Abdrift. Er besteht aus einem langen, dickwandigen Flachstahl.

Ballastkiel

Ballastkiele sind schwere, aus Gusseisen oder Blei bestehende Kielflossen, die bei Segelyachten für Gewichtsstabilität sorgen. Ballastkiele machen etwa ein Drittel bis die Hälfte des gesamten Yachtgewichtes aus.

Ballastschwert

Bei manchen Jollenkreuzern werden schwere Schwerter verwendet, die ihre große Masse mit einlaminertem Bleiballast oder dadurch realisieren, dass sie vollständig und homogen aus Metall hergestellt sind. Solche Schwerter bilden keinen Übergang zu den Hubkielen, weil sie im Unterschied zu diesen drehbar aufgehängt sind.

Faltkiel

Der Faltkiel kann eingefaltet werden, um den Tiefgang des Schiffes zu verringern. Verwendet wird er hauptsächlich bei Segelyachten. Hier ermöglicht er größeren Schiffen die Einfahrt in seichte Häfen ohne dabei Raum im Inneren des Schiffes zu benötigen.

Flachkiel

Die meisten Stahlschiffe haben einen in die Außenhaut eingefügten Flachkiel, dessen Materialstärke die der angrenzenden Bodenplatten übertrifft.

Flossenkiel

Flossenkiel

Als Flossenkiel bezeichnet man eine schwere Kielflosse (siehe auch Ballastkiel), die bei Segelbooten (Kielboote oder Segelyachten) im allgemeinen an den „eigentlichen“ Kiel angebolzt wird. Man unterscheidet bei diesen Booten zwischen Kurz- und Langkielern. Yachten älterer Bauart sind oft Langkieler, moderne Yachten fast ausnahmslos Kurzkieler.

Flügelkiel

Flügelkiel

Der bis 1983 geheimgehaltene Flügelkiel wurde erstmalig beim America’s Cup 1983 bei der Yacht „Australia II“, die auch die Regatta gewann, verwendet. Er wurde unter Leitung von Ben Lexcen in Australien entwickelt. Der Flügel selbst ist eine besondere Form der Kielbombe und bringt unter Umständen hydrodynamische Vorteile. Diese Vorteile treten vor allem bei höheren Bootsgeschwindigkeiten auf. Bei langsamen Bootsgeschwindigkeiten (wenig Wind) wirkt der Flügelkiel – aufgrund der im Vergleich zur konventionellen Kielbombe größeren benetzten Oberfläche, die einen größeren Wasserwiderstand bewirkt – eher als Bremse. Aufgrund des geringen Tiefganges können Yachten mit Flügelkiel auch in seichten Gewässern gefahren werden.

Hubkiel

Unter Hubkielen versteht man Kielflossen, die durch geeignete Hebeeinrichtungen, wie beispielsweise Seilwinden oder hydraulische Antriebe, in das Schiffsinnere eingezogen werden können. Hubkiele werden vor allem dort verwendet, wo Kielboote oft transportiert werden müssen, wie z. B. bei Regattabooten, oder um Schiffen mit großem Tiefgang das Anlaufen seichter Häfen zu ermöglichen.

Hubkiele, deren Hebeeinrichtung nur zu Transportzwecken betätigt werden kann, werden auch als Einholekiel bezeichnet.

Eine Alternative zu Hubkielen sind Schwenkkiele.

Kielschwert

Kielschwert

Hauptartikel: Kielschwert

Ein Kielschwert ist die Kombination eines Flossenkiels mit einem aufholbaren Schwert. Der Flossenkielteil ist nach unten hin kürzer (Stummelkiel) als beim normalen Flossenkiel. Er gewährleistet weitgehend die Gewichtsstabilität des Rumpfes. Das Schwert kann durch einen Schlitz im Kiel ausgefahren werden und vergrößert damit den Lateralplan. Diese Konstruktion hat den Vorteil, dass mit gehobenem Schwert in flachem Wasser gesegelt werden kann.

Kimmkiel

Kimmkiel

Hauptartikel: Kimmkiel

Ein Kimmkiel besteht aus zwei kurzen Flossenkielen, die an beiden Seiten des Rumpfes (im Bereich der Kimm) ansetzen. Sie ermöglichen in Gewässern mit ausgeprägtem Tidenhub das Trockenfallen, da die Yacht problemlos auf dem Kimmkiel stehen kann.

Es gibt auch die Ausführung mit einem zusätzlichen Kiel in der Schiffsmitte, also mit insgesamt drei kurzen Flossenkielen.

Kippkiel, Pendelkiel, Canting-Keel

Kippkiel

Hauptartikel: Kippkiel

Kippkiele (auch Pendelkiele oder Canting-Keels) sind bewegliche, Kielbomben tragende, lange und schmale Kielflossen, die vor allem bei Regattasegelyachten verwendet werden. Sie können seitlich (in Richtung Steuerbord oder in Richtung Backbord) geschwenkt werden, um die Krängung der Yacht aktiv zu beeinflussen. Kippkiele ermöglichen, im Verhältnis zu gleichartigen Yachten mit starrer Kielflosse, die Reduzierung des Gesamtgewichtes.

Kurzkiel

Der Kurzkiel ist die heute gebräuchliche Kielform bei Segelyachten. Ein Vorteil gegenüber dem Langkiel ist, dass Yachten mit Kurzkiel wendiger und daher leichter zu manövrieren sind. Nachteile sind, dass Yachten mit Kurzkiel weniger richtungsstabil sind und einen größeren Tiefgang haben.

Langkiel

Langkiel

Hauptartikel: Langkieler

Langkiele verlaufen über einen großen Bereich des Unterwasserschiffes einer Segelyacht. Sie werden heute kaum mehr gebaut, da Kurzkiele mehr Vorteile bieten.

Schlingerkiel

Bordwand mit Schlingerkiel

Hauptartikel: Schlingerkiel

Schlingerkiele sind an beiden Schiffs- oder Bootsseiten angebrachte Wülste oder Schienen, die der Verringerung von Schlinger- und Rollbewegungen dienen. Meist sind sie an Frachtern oder Motorbooten zu finden.

Schwenkkiel

Hauptartikel: Schwenkkiel

Schwenkkiele sind bewegliche Kielflossen, die in Schiffslängsrichtung oder in Schiffsquerrichtung schwenkbar sind. Letztere werden auch Pendel- oder Kippkiel bezeichnet.

Siehe auch

Weblinks

Fotos von der Montage und der Bedienung eines Kippkiels


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