Federico Barocci

Federico Barocci
Selbstportrait in der Residenzgalerie Salzburg
Federico Barocci, Madonna del Popolo, 1579

Federico Barocci oder auch Federigo Barocci, eigentlich Federico Fiori, genannt auch „Fiori da Urbino“ (* 1526/1535 in Urbino; † 1612 ebenda) war ein italienischer Maler, Zeichner und Grafiker zwischen Manierismus und Barock.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und frühe Werke

Seine erste Ausbildung erhielt er in der Werkstatt des Vaters Ambrogio di Federico Barocci, einem aus Mailand stammenden Bildhauer und Enkel des bedeutenden Mailänder Bildhauers Ambrogio da Milano. Dann verschaffte er sich bei Battista Franco, genannt Semolei (1498–1561) malerische Grundkenntnisse. Anschließend arbeitete er bei seinem Onkel, dem Architekten Bartolomeo Genga (1518–1558) in Pesaro, der ihn in die Probleme der Geometrie und Perspektive einwies.

Kardinal Giulio della Rovere (1533–1578), der Bruder des Herzogs von Urbino, Guibaldo II. della Rovere, holte Barocci 1548 nach Rom, wo er sich dem Studium der Werke von Raffael und Corregio widmen konnte. Nach einigen Jahren kehrte Barocci nach Urbino zurück, wo er zahlreiche Arbeiten ausführte, so die 1557 für den Dom von Urbino geschaffene Gemälde „Heilige Cäcilie“ und das „Martyrium des hl. Sebastian“, die noch deutlich den Einfluss Correggios widerspiegeln.

Die Mittlere Schaffensperiode

1560 war er wieder in Rom, wo er in der Werkstatt der Brüder Taddeo und Federico Zuccari nachgewiesen ist, die im Rom der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Hauptvertretern des Manierismus waren. 1560 malte er gemeinsam mit Federico Zuccari im Auftrag von Papst Pius IV. im neu errichteten Kasino und Belvedere in den Vatikanischen Gärten Fresken. Die von ihm gemalten „Vier Tugenden“ zeigen seine außergewöhnliche Begabung, die ihn aus der Fülle zeitgleicher römischer Maler hervorhebt.

Im Verlauf dieser Arbeiten erkrankte er schwer. Giovanni Pietro Bellori stützt Baroccis Verdacht, dass er von Kollegen vergiftet worden sei, die ihm sein Talent neideten. Durch Krankheit geschwächt entstanden in den nächsten Jahren nur wenige Arbeiten. 1563 oder 64 kehrte er nach Urbino zurück und erfreute sich, auch dank seiner herzoglichen Gönner, eines hohen Ansehens, obwohl sein Gesundheitszustand gebrechlich blieb und sein Wesen von seine Zeitgenossen als mürrisch und hypochondrisch beschrieben wurde. Barocci erhielt zahlreiche Aufträge von geistlichen und weltlichen Würdenträgern, um Kirchen- und Andachtsbilder zu malen.

Alle Versuche dieser Zeit vom spanischen König, dem Herzog der Toskana oder von Kaiser Rudolf II. ihn an ihren Hof zu holen, erteilte Barocci eine Absage: Den Rest seines Lebens blieb er in Urbino und entwickelte hier seinen eigenen unverwechselbaren Malstil. Dieser mittleren Periode zuzuordnen sind die im Museum Albani von Urbino befindlichen Bilder „Beata Michelina“ und „Madonna del Gatto“, da hier die Anklänge an Correggio noch allzu deutlich sind.

Die Blütezeit

Das Collegio della Mercanzia von Perugia bestellte (1567–68) für ihre Kapelle im Dom von Perugia bei Barocci ein „Kreuzabnahme“, die der Künstler 1569 ablieferte. Dieses Bild stellt einen frühen Höhepunkt seines Schaffens dar und lässt in Komposition, Farbigkeit schon an die barocke Malerei eines Rubens oder van Dyck denken.

Sein Bild „Ruhe auf der Flucht“ von 1570/75 in der Pinacoteca Vaticana (Rom) ist wegen seiner geringen Maße als Andachtsbild oder als Objekt für Sammler gedacht. Milde Farben und ein deutliches Sfumato verweisen darauf, dass Barocci zu jedem seiner Bilder detailliert ausgeführte Pastellentwürfe vorangehen, deren weiche Übergänge er als Vorbild für seine Bilder nutzte und die ihn damit zu einem Begründer einer eigenständigen Pastellmalerei machten.

Zu seinen Hauptwerken in der späteren Schaffensphase zählen die „Madonna del Popolo“ (1579), die viel kopierte „Grablegung“ (1582) und zwei Darstellungen des Abendmahls (1592–99 und 1604–07).

Einschätzung

Barocci nahm in seiner Zeit eine Sonderstellung ein, indem der den akademischen Stil des Manierismus überwinden konnte und gleichzeitig mit seinen Bildern in Komposition und Farbigkeit den Barock ankündigte. Obwohl er die letzten vierzig Jahre seines Lebens ausschließlich in Urbino verbrachte, und obwohl sich das meiste kulturelle Schaffen auf Rom konzentrierte, hatte Baroccis Malerei einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Malerei um 1600 in ganz Italien und darüber hinaus, auch deshalb, weil er getreulich die Vorschriften des Tridenter Konzils für sakrale Kunst in seine Bilder künstlerisch umsetzte. Insbesondere in seinem Spätwerk zeigen sich zunehmend Tendenzen von Spiritualität und Kontemplation.

Barocci hatte zahlreiche Schüler und Mitarbeiter, unter ihnen Antonio Cimatori, Giovanni Laurentini, Vincenzo Pellegrini, Alessandro Vitali und Antonio Viani, um nur einige zu nennen.

Verkündigung (1592–96), Santa Maria degli Angeli, Perugia.

Gemälde (Auswahl)

  • Museo Albani (Urbino): Martyrium des S. Sebastian (1557)
  • Galleria Nazionale delle Marche, (Urbino): Madonna di San Simone
  • Vatikanische Museen, Pinacoteca Vaticana: Rast auf der Flucht nach Ägypten (1570)
  • Chiesa di San Francesco (Urbino): Die Vision des Franz von Assisi
  • Uffizien (Florenz): Madonna del Popolo (1575/79)
  • Duomo San Lorenzo(Perugia): Kreuzabnahme (1579)
  • Uffizien (Florenz): Porträt des Herzogs Francesco II. della Rovere (1572)
  • Chiesa Santa Croce (Senigallia): Grablegung (1580/81)
  • Alte Pinakothek (München): Noli me tangere (1590)
  • Chiesa Santa Maria degli Angeli (Perugina): Verkündigung (1592/96)
  • Chiesa di Santa Maria Sopra Minerva (Rom): letztes Abendmahl (1594)
  • Museo del Prado (Madrid): Christi Geburt (1597)
  • Galleria Borghese (Rom): Hl. Hieronymus und Flucht des Aeneas aus Troja (1598)
  • National Gallery (London): Madonna della Gatta
  • Residenzgalerie Salzburg: Selbstporträt
  • Santa Maria in Vallicella (Rom): Darstellung Marias im Tempel und Heimsuchung
Christi Geburt (1597), Museo del Prado, Madrid

Literatur

  • Harald Olsen: Federico Barocci. Kopenhagen 1962 (mit Werkverzeichnis)
  • Giovanni Pietro Bellori: Le vite de’ pittori, sculturi ed architetti moderni. Rom 1672
  • Rudolf Heinrich Krommes: Studien zu Federico Barocci. Seemann Verlag, Leipzig
  • Wolf Stadler, Peter Wiench (Hrg): Lexikon der Kunst. Band 2, S. 6ff., Karl Müller Verlag, Erlangen
  • Federico Barocci. In: Ulrich Thieme, Felix Becker u. a.: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Band 2, Wilhelm Engelmann, Leipzig 1908, S. 511ff

Weblinks

 Commons: Federico Barocci – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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