Cadmiumvergiftung

Cadmiumvergiftung
Eigenschaften
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Cadmium, Cd, 48
Serie Übergangsmetalle
Gruppe, Periode, Block 12, 5, d
Aussehen silbrig grau metallisch
CAS-Nummer 7440-43-9
ATC-Code

D11AC02

Massenanteil an der Erdhülle 3 · 10−5 %
Atomar
Atommasse 112,411 u
Atomradius (berechnet) 155 (161) pm
Kovalenter Radius 148 pm
Van-der-Waals-Radius 158 pm
Elektronenkonfiguration [Kr] 4d10 5s2
Elektronen pro Energieniveau 2, 8, 18, 18, 2
Austrittsarbeit 4,07 eV
1. Ionisierungsenergie 867,8 kJ/mol
2. Ionisierungsenergie 1631,4 kJ/mol
Physikalisch
Aggregatzustand fest
Kristallstruktur hexagonal
Dichte 8,65 g/cm3
Mohshärte 2
Schmelzpunkt 594,22 K (321,07 °C)
Siedepunkt 1040 K (767 °C)
Molares Volumen 13,00 · 10−6 m3/mol
Verdampfungswärme 100 kJ/mol
Schmelzwärme 6,192 kJ/mol
Dampfdruck 14,8 Pa bei 597 K
Schallgeschwindigkeit 2310 m/s bei 293,15 K
Spezifische Wärmekapazität 233 J/(kg · K)
Elektrische Leitfähigkeit 13,8 · 106 A/(V · m)
Wärmeleitfähigkeit 96,8 W/(m · K)
Chemisch
Oxidationszustände 2
Oxide (Basizität) CdO (leicht basisch)
Normalpotential −0,403 V (Cd2+ + 2e → Cd)
Elektronegativität 1,69 (Pauling-Skala)
Isotope
Isotop NH t1/2 ZM ZE MeV ZP
104Cd

{syn.}

57,7 min ε 1,137 104Ag
105Cd

{syn.}

55,5 min ε 2,739 105Ag
106Cd

1,25 %

Stabil
107Cd

{syn.}

6,50 h ε 1,417 107Ag
108Cd

0,89 %

Stabil
109Cd

{syn.}

462,6 d ε 0,214 109Ag
110Cd

12,49 %

Stabil
111Cd

12,8 %

Stabil
112Cd

24,13 %

Stabil
113Cd

12,22 %

7,7 · 1015 a β− 0,316 113In
113Cd

{syn.}

14,1 a β− 0,580 113In
114Cd

28,73 %

Stabil
115Cd

{syn.}

53,46 h β− 1,446 115In
116Cd

7,49 %

Stabil
117Cd

{syn.}

2,49 h β− 2,516 117In
118Cd

{syn.}

50,3 min β− 0,520 118In
NMR-Eigenschaften
  Spin γ in
rad·T−1·s−1
E fL bei
B = 4,7 T
in MHz
111Cd −1/2 5,673 · 107 0,00954 42,4
113Cd −1/2 5,934 · 107 0,0109 44,4
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung aus RL 67/548/EWG, Anh. I [1]


Sehr giftig Leichtentzündlich Umweltgefährlich
Sehr giftig Leicht-
entzündlich
Umwelt-
gefährlich
(T+) (F) (N)
(F gilt nur für die nicht stabilisierte Form)
R- und S-Sätze R: 17-26-45-48/23/25-50/53-62-63-68 (nicht stabilisiert)

R: 26-45-48/23/25-50/53-62-63-68 (phlegmatisiert)

S: 7/8-43-45-53-60-61 (nicht stabilisiert)

S: 45-53-60-61 (phlegmatisiert)

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Cadmium (auch Kadmium; aus dem griech. καδμία, καδμεία, καδθμία ≡ kadmía, lat. cadmea , oxidische oder carbonathaltige Zinkerde) ist ein chemisches Element im Periodensystem der Elemente mit dem Symbol Cd und der Ordnungszahl 48.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1817 entdeckten Friedrich Stromeyer und Carl Samuel Hermann unabhängig voneinander Cadmium (lateinisch cadmia, griechisch kadmeia für Galmei) in verunreinigtem Zinkcarbonat. Stromeyer bemerkte, dass sich verunreinigtes Zinkcarbonat beim Erhitzen verfärbte: ein Verhalten, das reines Zinkcarbonat nicht zeigte. Annähernd 100 Jahre wurde das Metall nur in Deutschland gewonnen.

Die Bezeichnung Cadmium wurde schon im Mittelalter verwendet, vermutlich für Zink. Wie aus einer von Kaiser Friedrich II. im April 1226 in Ravenna ausgestellten Urkunde hervorgeht, räumt dieser dem Benediktiner-Kloster St. Paul im Lavanttal das Recht ein „ut Cadmiae tam argentj quam plumbi et ferri, que in territorio ipsius monasteri de cetero inveniri contigerint, ad opus suum“ (dass Zink, sowie Silber, als auch Blei und Eisen, welches auf dem Gebiet des Klosters gefunden wird), für dessen Zwecke verwendet wird.[2]

Wegen seiner Giftigkeit verzeichnete der British Pharmaceutical Codex von 1907 Cadmiumjodid als Mittel zur Behandlung von geschwollenen Gelenken (enlarged joints), skrofulösen Drüsen (scrofulous glands) und Frostbeulen (chilblains).

1907 definierte die Internationale Astronomische Union ein Ångström als das 1/6438,4696-fache der Wellenlänge einer roten Spektrallinie des Cadmiums in trockener Luft mit einem Kohlendioxidgehalt von 0,03 % bei einer Temperatur von 15 °C und einem Druck von 1 atm. Die General Conference on Weights and Measures akzeptierte im Jahr 1960 die 1.553.164,13-fache Wellenlänge einer roten Spektrallinie des Cadmiums als Sekundärdefinition eines Meters.

1942 benutzte der Physiker Enrico Fermi Cadmiumstäbe beim Bau des ersten Atomreaktors der Welt. Diese Stäbe konnte man in den Reaktor hinein- und hinausschieben. Auf diese Weise konnte der Reaktor kontrolliert werden, da Cadmium die moderierten Spaltneutronen aufnehmen und so die Aktivität des Reaktors reduzieren konnte.

Vorkommen

Cadmium ist ein sehr seltenes Element. Sein Anteil an der Erdkruste beträgt nur ca. 3 · 10−5 %[3]. Gediegen kommt Cadmium nur äußerst selten vor, es sind bisher nur zwei Funde aus dem Wiljui-Becken in Jakutien (Ostsibirien), sowie dem US-Bundesstaat Nevada bekannt.[4] Cadmiumhaltige Erze sind Greenockit (CdS) und Otavit (CdCO3). Sie sind fast immer mit den entsprechenden Zinkerzen, wie Sphalerit (ZnS) und Galmei (ZnCO3) verschwistert. Es gibt keine abbauwürdigen Lagerstätten.

Gewinnung und Darstellung

Zeitliche Entwicklung der Cadmiumförderung

Cadmium wird ausschließlich als Nebenprodukt bei der Zinkverhüttung, in kleinem Umfang auch bei der Blei- und Kupferverhüttung gewonnen. Kleinere Mengen fallen auch beim Recycling von Eisen und Stahl an.

Die Gewinnung von Cadmium hängt vom Verfahren ab, wie das Zink gewonnen wird. Bei der trockenen Zinkgewinnung wird zunächst das Cadmium mit dem Zink reduziert. Da Cadmium einen niedrigeren Siedepunkt als Zink besitzt, verdampft es leichter. Dadurch verdampft ein Cadmium-Zink-Gemisch aus dem Reduktionsgefäß und reagiert an anderer Stelle mit Sauerstoff zu Cadmium- und Zinkoxid. Anschließend wird dieses Gemisch in einem Destillationsgefäß mit Koks vermischt und das Cadmium vom Zink abdestilliert. Durch fraktionierte Destillation lassen sich höhere Reinheiten an Cadmium erreichen.

Bei der nassen Zinkgewinnung werden die gelösten Cadmiumionen mit Zinkstaub reduziert und ausgefällt. Das dabei entstehende Cadmium wird mit Sauerstoff zu Cadmiumoxid oxidiert und in Schwefelsäure gelöst. Aus der so entstandene Cadmiumsulfat-Lösung wird durch Elektrolyse mit Aluminiumanoden und Bleikathoden besonders reines Elektrolyt-Cadmium gewonnen.

Eigenschaften

Cadmium ist ein weiches, hämmerbares, duktiles, blauweißes Metall. Ähnlich wie bei Zinn treten beim Verbiegen von Cadmium mittlerer Reinheit typische Geräusche auf (bei Zinn Zinngeschrei genannt). In chemischen Verbindungen liegt es meist zweiwertig vor. Chemisch gleicht es dem Zink, es neigt aber eher zur Bildung von Komplex-Verbindungen mit der Koordinationszahl 4. Cadmium ist an Luft beständig, in der Wärme bildet es eine Oxidhaut. In der Hitze verbrennt es mit rötlicher bis gelber Flamme zu Cadmiumoxid CdO. CdO wurde wegen seiner hohen Toxizität im Zweiten Weltkrieg von den USA auf seine Verwendbarkeit als chemischer Kampfstoff untersucht. Die Cadmium-Chalkogenide Cadmiumsulfid (gelb), Cadmiumselenid (rot) und Cadmiumtellurid (schwarz) sind wichtige II-VI Halbleiter. Sie werden beispielsweise nanopartikulär als Quantenpunkte (engl. Quantum Dots) hergestellt und u.a. in der Biochemie in-vitro eingesetzt.

hochreiner Cadmium-Draht

Chemische Eigenschaften: An der Luft bildet Cadmium durch die Oxidation eine Verdunklung der Oberfläche. In Alkalien ist die Oberfläche unlöslich, in Schwefelsäure und Salzsäure schwer und in Salpetersäure gut löslich.

Verwendung

Wegen der hohen Toxizität von Cadmium und seinen Verbindungen ist deren Bedeutung abnehmend. Cadmium wird/wurde eingesetzt:

Nachweis

Als Nachweisreaktion für Cadmium-Kationen gilt die Ausfällung mit Sulfid-Lösung oder Schwefelwasserstoff-Wasser als gelbes Cadmiumsulfid. Andere Schwermetallionen stören diesen Nachweis, so dass zuvor ein Kationentrenngang durchzuführen ist.

Zur quantitativen Bestimmung von Cadmiumspuren bietet sich die Polarographie an. Cadmium(II)ionen geben in 1 M KCl eine Stufe bei -0,64 V (gegen SCE)[5]. Im Ultraspurenbereich kann die Inversvoltammetrie an Quecksilberelektroden eingesetzt werden[6]. Sehr empfindlich ist auch die Graphitrohr-AAS von Cadmium. Hierbei können noch 0,003 µg/l nachgewiesen werden.[7] Das relativ leicht flüchtige Element verträgt dabei keine hohe Pyrolysetemperatur. Ein Matrixmodifizierer wie Palladium-Magnesiumnitrat kann Abhilfe schaffen.

Sicherheitshinweise

Cadmium und seine Verbindungen sind als „sehr giftig“ eingestuft; außerdem besteht begründeter Verdacht auf krebsauslösende Wirkung beim Menschen. Eingeatmeter cadmiumhaltiger Staub führt zu Schäden an Lunge, Leber und Niere, siehe Gressenicher Krankheit und Itai-Itai-Krankheit.

In Arbeitsbereichen, in denen mit erhitzten Cadmiumverbindungen gearbeitet wird (Lötplätze und Cadmierbäder), ist für eine gute Durchlüftung oder Absaugung zu sorgen.

Gemäß Chemikalienverbotsverordnung darf der Cadmiumgehalt in Kunststoffen 0,01 Gewichtsprozent (100 mg/kg) nicht überschreiten. Dieser Grenzwert gilt in der ganzen Europäischen Union.

Toxikologie

Cadmium ist in der chemischen Industrie ein unvermeidbares Nebenprodukt der Zink-, Blei- und Kupfergewinnung. Auch in Düngern und Pestiziden ist Cadmium zu finden.

Aufnahme und Gefahren

Hauptsächlich wird Cadmium vom Menschen durch die Nahrung aufgenommen. Zu den cadmiumreichen Nahrungsmitteln zählen: Leber, Pilze, Muscheln und andere Schalentiere, Kakaopulver und getrockneter Seetang. Darüber hinaus enthalten Leinsamen viel Cadmium. Aus diesem Grunde wird empfohlen, täglich nicht mehr als 20 g Leinsamen zu sich zu nehmen. Zudem kommt es seit der Einführung von Kunstdüngern zu einer Anreicherung von Cadmium auf landwirtschaftlichen Flächen und somit in nahezu allen Lebensmitteln. Cadmium ist als Verunreinigung in Phosphaterzen natürlich enthalten. Durch die weltweite Verknappung des Rohstoffs Phosphat werden zunehmend auch stärker cadmiumhaltige Vorkommen ausgebeutet. Im Gegensatz zur Aufbringung von Klärschlamm gibt es für die Aufbringung von Kunstdüngern keine gesetzlichen Höchstwert für Cadmium. Auch Tabakrauch transportiert relativ große Cadmiummengen in die Lungen, von wo aus es sich mit dem Blut im Körper verteilt.

Besonders Personen, die in Fabriken mit hohem Cadmiumausstoß arbeiten, sind erhöhten Gefahren ausgesetzt. Aber auch von wilden Müllplätzen und Metallwerken gehen Gefahren aus. Das Einatmen von Cadmium kann die Lungen ernsthaft schädigen und sogar zum Tod führen. Unfälle in der Industrie – wie in der chinesischen Provinz Guangdong – und jahrzehntelange Emissionen – wie im Falle der Gressenicher Krankheit – machen die realen Gefahren deutlich.

Schädigungen im Menschen

Cadmium wird aus der Nahrung zu ungefähr 5 % im Darm resorbiert. Bei Eisen- und Calciummangel steigt die Resorptionsrate, was annehmen lässt, dass alle drei Metalle denselben Transportweg nutzen. Cadmium stimuliert zunächst in der Leber die Synthese von Metallothioneinen, mit denen es einen Komplex bildet und über den Blutkreislauf zu den Nierenglomeruli transportiert, dort filtriert und aus den Nierentubuli wieder aufgenommen wird. In den Tubuluszellen wird der Metallothionein-Cadmium-Komplex metabolisiert und Cd freigesetzt. Cd aktiviert hier wiederum eine vermehrte Metallthionsynthese, wodurch noch mehr Cadmium gebunden wird. Durch die Akkumulation in den Nieren kommt es zu Schädigungen dieses Organs mit der Folge einer Proteinurie.

Cadmium schädigt auch die Knochen, da es letztendlich zur Mobilisierung des Calciums führt. Cd konkurriert im Darm mit dem Calcium um die Bindungsstellen am Ca-bindenden Protein in der Darmmukosa. Zusätzlich blockiert Cd die Neusynthese des 1,25-Dihydroxycholecalciferol (Calcitriol) in den Nierentubuluszellen. 1,25-Dihydroxycholecalciferol ist notwendig, um die Synthese des Calciumbindenden Proteins in der Darmmukosazelle zu aktivieren. In summa bewirkt Cadmium eine verminderte Rückresorption des Calciums in Darm und Niere sowie die erhöhte Ausscheidung mit dem Harn mit der Folge einer Calciumfreisetzung aus den Knochen und damit dem Abbau derselbigen.

Symptome

Verbindungen

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu CAS-Nr. 7440-43-9 im European chemical Substances Information System ESIS
  2. Beda Schroll in: Fontes Rerum Austriacarum. Band XXXIX, Wien 1876, Urkunde Nr. 50, S. 117–118.
  3. dtv-Atlas Chemie, Band 1, dtv-Verlag (2000)
  4. Cadmium bei mindat.org (engl.)
  5. J. Heyrovský, P. Zuman, Einführung in die praktische Polarographie, VEB Verlag Technik, Berlin, 1959, S. 179.
  6. R. Neeb, Inverse Polarographie und Voltammetrie, Akademie-Verlag, Berlin, 1969, S. 192.
  7. G. Schwedt, Analytische Chemie, Thieme Verlag, Stuttgart, 1995, S. 197.

Literatur

  • Arnold F. Holleman, Egon Wiberg, Nils Wiberg: Lehrbuch der anorganischen Chemie. 91. Auflage. Gruyter, Walter de GmbH, Berlin 1985, ISBN 3-1100-7511-3. 
  • Hans Breuer: dtv-Atlas Chemie 1. Allgemeine und anorganische Chemie.. 10. Auflage. Dtv, München 2006, ISBN 3-4230-3217-0. 

Weblinks


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