Bewertungswahl

Bewertungswahl

Die Bewertungswahl ist ein Wahlsystem, bei der einzelnen Alternativen (Kandidaten) mit Punkten aus einem vorgegebenen Intervall, zum Beispiel 0 bis 99, 1 bis 10, oder −5 bis +5, bewertet werden. Die vergebenen Punkte (Noten) werden dann gemittelt. Die Alternative mit der durchschnittlich besten Note gewinnt.

Eine Bewertungswahl ist ein besonders allgemeines und ausdrucksstarkes Wahlverfahren, da ein Wähler jeden Kandidaten unabhängig von den anderen Bewerbern bewertet. Insbesondere kann die Bewertung eines Kandidaten nicht die relative Platzierung der anderen beeinflussen. Dieses Wahlverfahren erfüllt die meisten bekannten Wahlsystemkriterien, insbesondere Diktaturfreiheit, Vollständigkeit, Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen und Unabhängigkeit von Klon-Alternativen. Das Condorcet-Kriterium, das Konsistenzkriterium und das Majoritätsprinzip sind nicht erfüllt.

Die Bewertungswahl verletzt scheinbar das Arrow-Theorem, das die Existenz von gewissen Wahlverfahren ausschließt. Dieser Effekt entsteht dadurch, dass das Arrow-Theorem nur für rangbildende Wahlverfahren gilt (also Verfahren, bei denen Kandidaten durch Wähler in eine Reihenfolge gebracht werden), nicht aber für absolute Bewertungen (also Verfahren, bei denen Wähler jeden Kandidaten unabhängig von den anderen bewerten).

Die Bewertungen durch eine Jury in vielen sportlichen Disziplinen erfolgen nach der Punktewertung.

Die größte Schwäche der Punktewertung ist, dass einige wenige Außenseiter durch Vergabe von Extremwerten das Resultat stark beeinflussen können. Je größer die Skala, desto stärker wird der Effekt dadurch. Eine mögliche Konsequenz daraus ist ein Wertungssystem mit kleinster Skala: Wahl durch Zustimmung (approval voting). Dabei sind nur die Punktewerte 0 und 1 möglich. Kritiker wenden allerdings ein, dass dadurch der Vorteil der Punktewertung, nämlich die Möglichkeit des Einzelnen, seine Präferenzen differenziert auszudrücken, verloren geht.

Im Falle einer differenzierten Skala kann der Einfluss einer kleinen Gruppe strategischer Wähler durch Einführung eines Quorums aufgefangen werden. Eine mögliche Form eines solchen Quorums ist eine Sperrklausel in Analogie zu Parlamentswahlen nach dem Verhältniswahlrecht. Hierbei würden nur Kandidaten berücksichtigt, die von einer festgelegten Mindestzahl der Wähler oder der Wahlberechtigten, z.B. 10%, bewertet worden sind. Eine andere Möglichkeit ist, jedem Kandidaten eine gleiche, festgelegte Anzahl von schlechten Bewertungen als „Handicap“ hinzuzurechnen und über das Gesamtergebnis (abgegebene Bewertungen + „Handicap“) den Durchschnitt zu bilden.

Andere Möglichkeiten, den Einfluss von Extrembenotungen abzumildern, sind, statt des Durchschnitts den Median zu verwenden oder mit Streichergebnissen zu arbeiten.

Literatur

  • Michel Balinski & Rida Laraki: A Theory of Measuring, Electing and Ranking. Ecole Polytechnique / CNRS Cahier no. 2006-11, November 2006 ([1])
  • Alan T. Sherman, Warren D. Smith, Richard T. Carback III: Range voting would prevent third-party spoilers − and give voters more say. Technology Review, September/Oktober 2008, S. M16 ([2])

Weblinks

  • [3] − Homepage der US-Initiative Center for Range Voting

Wikimedia Foundation.

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