Bieber (Biebergemünd)

Bieber (Biebergemünd)
Bieber
Gemeinde Biebergemünd
Wappen von Bieber
Koordinaten: 50° 10′ N, 9° 20′ O50.1591666666679.3269444444445221Koordinaten: 50° 9′ 33″ N, 9° 19′ 37″ O
Höhe: 221–264 m ü. NN
Einwohner: 2.300
Eingemeindung: 1971
Eingemeindet nach: Gemeinde Bieber
Postleitzahl: 63599
Vorwahl: 06050
Ortskern mit Oberer Kirche (hinten) und Unterer Kirche

Bieber ist ein Ortsteil der Gemeinde Biebergemünd im Main-Kinzig-Kreis in Hessen.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Bieber liegt auf einer Höhe von 215 m über NN an dem gleichnamigen Fluss Bieber im Obergrund des Biebertals, das sich nach Nordwesten aus dem Spessart öffnet, etwa 12 km südöstlich von Gelnhausen.

Geschichte

Mittelalter

Bereits ab 1000 soll der Obergrund besiedelt worden sein. Die älteste erhaltene Erwähnung des Ortes stammt von 1339. In der betreffenden Urkunde wurde das Kondominat im Amt Bieber zwischen den Grafen von Grafen von Rieneck und den Herren von Hanau geregelt, nachdem Hanau 1333 das Amt Bieber – und damit auch das gleichnamige Dorf – zur Hälfte von Kurmainz zu Lehen erhalten hatte. Historische Namensformen waren:

  • Biberach (1339)
  • Biber (1598)

Bieber war Mittelpunkt für die umliegenden Dörfer als Gerichtsort und Sitz der Hauptkirche des Amtes Bieber. Bei der Teilung der Grafschaft Hanau 1458 kam Bieber zum Hanau-Münzenberger Landesteil.

Frühe Neuzeit

Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit war kirchliche Mittelbehörde das Archidiakonat St. Peter und Alexander in Aschaffenburg, Dekanat Rodgau. Vielleicht schon 1542 wurde in den Grafschaften Rieneck und Hanau-Münzenberg die Reformation durchgeführt. Der größte Teil der Bevölkerung, die Laurentiuskirche und die Burgbergkapelle wurden lutherisch.

Kurz darauf starben die Grafen von Rieneck 1559 aus. Ihre Rechte fielen an Kurmainz zurück. Bieber war nun ein Kondominat zwischen Kurmainz und Hanau-Münzenberg. Dies bedeutete auch, dass die von Graf Philipp Ludwig II. in der Grafschaft Hanau-Münzenberg durchgeführte „Zweite Reformation“, die Einführung der reformierten Variante der Reformation, nicht griff, Bieber vielmehr – im Gegensatz zur übrigen Grafschaft Hanau – lutherisch blieb.[1]

Im Dreißigjährigen Krieg wurde Bieber schwer zerstört. Erst 1660 wurde die Laurentius-Kirche wieder aufgebaut. Ebenfalls 1660 wurde zwischen Mainz und Hanau vereinbart, dass die römisch-katholischen Einwohner von Bieber die Burgbergkapelle erhielten und diese als Pfarrkirche nutzten durften.

1684 wurde das Kondominat zwischen Mainz und Hanau durch einen Vertrag aufgelöst: Das Amt Bieber wurde zusammen mit dem Amt Lohrhaupten vollständig an Hanau übertragen. Mainz erhielt dafür das ebenfalls gemeinschaftliche Amt Partenstein vollständig. 1736 starb mit Graf Johann Reinhard III. der letzte Graf von Hanau und die Grafschaft Hanau-Münzenberg fiel an die Landgrafschaft Hessen-Kassel (ab 1803: „Kurfürstentum Hessen“). Im gleichen Jahr wurde in Bieber eine Oberförsterei eingerichtet. Die heutige Untere Kirche wurde 1766 als reformierte Kirche für zugezogene Bergleute gebaut.

1821 kam es im Kurfürstentum Hessen zu einer grundlegenden Verwaltungsreform. Bieber gehörte nun zum neu gebildeten Landkreis Gelnhausen der wiederum 1974 im Main-Kinzig-Kreis aufging. 1971 wurden die Gemeinden Bieber, Roßbach, Lanzingen und Breitenborn/Lützel im Zuge der Gebietsreform in Hessen zur (Groß-)Gemeinde Bieber zusammengeschlossen, die wiederum seit 1974 gemeinsam mit Biebergemünd die (neue) Gemeinde Biebergemünd bildet.

Bergbau

Im Biebergrund gab es, erstmals 1494 erwähnt, Bergbau. Er hatte wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des bis dahin armen Walddorfes Bieber. Der Bergbau konzentrierte sich auf Kupfer, Silber und Blei, später auch auf Eisen und Kobalt. Anfänglich wurde der Abbau des sogenannten Kalkofer Lettenflözes gewerkschaftlich betrieben. Aus diesem Abbau stammt das Silber für einige Altargeräte der Bieberer Kirche von 1722.[2]

Seit 1739 wurde das Berg- und Hüttenwesen staatlich betrieben und gelangte unter der Familie des Berginspektors Franz Ludwig Cancrin zur Blüte. Erst in dieser Zeit wurde der Bergbau in Bieber bedeutender als andere kleine Bergbaugebiete im Spessart.[3] Zeitweise waren zwischen 400 und 500 Menschen hier beschäftigt. Dabei wurde aus einem Kupferletten Kupfer, Silber und zeitweise Blei gewonnen.

Das Silber wurde zwischen 1754 und 1803 zu Münzen, den Bieberer Ausbeutetalern, geprägt. Es stammte vorwiegend aus dem südlichen Lochborner Lettenflöz (gefunden 1746, Förderung ab 1748 über ca. 40 Jahre), ab 1754 auch aus dem Röhriger Flöz. Dazu kam zwischen 1758 und 1773 Schiefererz aus Hain-Gründau. Insgesamt sollen ca. 40.000 bis 45.000 Ausbeutetaler und -gulden in Kassel und Hanau geprägt worden sein.[4]

Der Kupferbergbau wurde bald nach 1802 wegen Erschöpfung lohnender Erze eingestellt, während der Kobaltbergbau auf arsenidische Kobalterze und deren Oxidationsprodukte bis 1867 andauerte. Der Kobaltbergbau begann mit dem Röhriger Kobaltrücken, dehnte sich dann auf die Gänge I-IV im Lochborn und schließlich auch auf einen Gang nördlich von Bieber aus. Die Kobaltrücken führten in der Regel nur im Bereich des Kupferlettens abbauwürdige Erze[5], ähnlich wie im Richelsdorfer Gebirge.[6] Die Kobalterze wurden vor allem im Blaufarbenwerk Schwarzenfels im Sinntal verarbeitet. Röhriger Kobaltvitriol wurde als eine Rarität hier erstmals entdeckt und unter dem Namen Bieberit bekannt.[7] Bieber war Sitz eines Berg- und Hüttenamtes.

Zur Förderung des Erzbergbaus erhielt Bieber 1885 einen Eisenbahnanschluss mit der schmalspurigen Spessartbahn. Sie führte vom Gelnhausen nach Lochborn. 1951 stellte sie ihren Betrieb ein. Ein Teil der Bahntrasse ist bei Bieber noch als Wander- und Radweg erhalten.

Der Eisenbergbau beruhte auf einer metasomatisch gebildeten Siderit-Lagerstätte im Zechstein oberhalb des Kupferlettens, die meist bereits zu limonitischem Erz oxidiert war. Die für den Spessart relativ großen Vorräte erlaubten einen Bergbau mit eigener Verhüttung in Bieber. Durch den hohen Arsengehalt des Erzes war das gewonnene Eisen „kaltbrüchig“. Um dies zu verhindern, musste es mit arsenarmem oder -freiem Eisenerz aus anderen Lagerstätten gemischt werden. Auch dies führte im Mai 1925 dazu, dass der Bergbau wegen mangelnder Rentabilität eingestellt wurde, die Gemeinde wandelte sich zur Wohngemeinde.

Einwohnerentwicklung

  • 1588: 52 Haushaltungen
  • 1633: 47 Haushaltungen
  • 1639: 58 Einwohner
  • 1753: 56 Haushaltungen mit 269 Personen
  • 1895: 795 Einwohner
  • 1939: 1.345 Einwohner
  • 1961: 1.711 Einwohner
  • 1970: 1.867 Einwohner

Vereinsleben

Vereine in Bieber:

  • Biebertaler Musikanten e.V.
  • Deutsches Rotes Kreuz O.V. Bieber/Roßbach
  • DLRG O.V. Bieber e.V.
  • Förderverein Grundschule Biebertal e.V.
  • Freiwillige Feuerwehr Bieber e.V.
  • Gesangverein Liederkranz 1847 Bieber e.V.
  • Johann Heinrich Cassebeer-Gesellschaft e.V.
  • Schützenverein Freischütz e.V. 1918 Bieber
  • Spielmannszug Teutonia 1963 Bieber e.V.
  • SV Germania 08 Bieber e.V.
  • Turnverein 08 Bieber e.V.

Weblinks

Literatur

  • Ludwig Bickell: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel. Band 1: Alhard von Drach: Kreis Gelnhausen. Marburg 1901, S. 123ff.
  • Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen. Marburg 1926., S. 44.

Einzelnachweise

  1. K. Henß: Das Gebiet der Hanauer Union. In: Die Hanauer Union = Festschrift zur Jahrhundertfeier der evangelisch-unierten Kirchengemeinschaft im Konsistorialbezirk Cassel am 28. Mai 1918. Hanau 1918, S. 73f.
  2. vgl Freymann, S. 51
  3. K. Freymann Der Metallerzbergbau im Spessart. Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg 1991
  4. für Beispiele siehe: http://www.spessartit.de/taler.htm
  5. J.C.L. Schmidt, Mineralogische Beschreibung des Biebergrundes in: CC Leonhards Taschenbuch für die gesamte Mineralogie, Frankfurt/Main 1808, S. 45-80)
  6. E. Messer. Kupferschiefer, Sanderz und Kobaltrücken im Richelsdorfer Gebirge, Hessisches Lagerstättenarchiv, Heft 3, Wiesbaden 1955
  7. Bilder von Mineralien aus Bieber sind hier zu finden: http://www.spessartit.de



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