Paul Bratring

Paul Bratring

Paul Bratring (* 7. Dezember 1840 in Charlottenburg; † 1. Dezember 1913 ebenda; vollständiger Name: Paul Friedrich Bratring) war ein deutscher Architekt. Er schuf für die damals noch selbstständige Gemeinde Charlottenburg zahlreiche kommunale Bauten aber auch Teile von Industrieanlagen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Paul Bratring studierte an der Technischen Hochschule Charlottenburg und legte 1874 seine Baumeisterprüfung ab. Anschließend war er fünf Jahre Bauführer bei der Königlichen Ostbahn.[1] Von 1881 bis 1905 war er Magistratsmitglied und damit Stadtbaurat in Charlottenburg. In dieser Zeit erhielt er zahlreiche Aufträge für Entwurf und Bau von Schulen, Feuerwehrgebäuden, Krankenhäusern und einer Badeanstalt. Elf Bauten, die heute noch erhalten sind, stehen in der Berliner Denkmalliste (Stand Oktober 2009).

Außer der Umsetzung eigener Baupläne betätigte sich Bratring auch als Gutachter für Architekturwettbewerbe, beispielsweise bei einem Wettbewerb zur Erlangung von Skizzen für ein auf dem Luisenplatz zu errichtendes Kaiser Friedrich-Denkmal, ausgeschrieben vom Magistrat zu Charlottenburg für deutsche Künstler. Ausgesetzt sind drei Preise von 4000, 2500, 1500 Mark. Dem Preisgericht gehörten andere renommierte Architekten an wie Karl Hinckeldeyn (1847–1927), Hermann Ende (1830–1907) und Ernst Gustav Herter in Berlin, Hellmuth Maison (1872–1950) in München sowie Stadtverordneter Regierungsbaumeister a. D. Reimarus in Charlottenburg.[2] Im Dezember 1905 erhielt er den Titel Geheimer Baurat und wurde 1907 Stadtältester in Charlottenburg. Von 1890 bis 1900 wohnte Paul Bratring in der Leibnizstraße 74a, danach zog er in die Ahornallee 10.

Bauten

Folgende Bauten im heutigen Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf sind nach Entwürfen von Paul Bratring entstanden (chronologisch)[3]:

Ehemalige Feuerwache Alt-Lietzow
  • 1888–1889: ehem. Feuerwache Alt-Lietzow, Alt-Lietzow 33. Für die Feuerwehr des Dorfes Charlottenburg plante und baute Paul Bratring auf einem rund 3000 m² großen Gelände ein viergeschossiges Dienstgebäude, einen großen Pferdestall, eine Kutscherstube, ein Hauswartsgebäude, einen Wagenschuppen für die Straßenreinigung und eine Werkstatt. Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes befand sich die Halle für die Feuerwehrfahrzeuge mit zehn getrennten Unterständen. Nach zahlreichen Um- und Anbauten durch den Architekten Rudolf Walter in den folgenden Jahrzehnten erfolgte in den 1980er-Jahren eine Gebäudesanierung. Anschließend übernahm der Malteser Hilfsdienst den Komplex.[4]
ehemaliger Reservoirturm des Gaswerks Charlottenburg
  • 1888–1889: 7. und 8. Gemeindeschule in der Joachimsthaler Straße[5]
  • 1889–1891: ehem. Gaswerk Charlottenburg, Gaußstraße 1–11 / Lise-Meitner-Straße 12–22 am Charlottenburger Verbindungskanal. Hier stammten folgende Bauten von Paul Bratring: Retortenhaus, Kondensationsgebäude I, Reinigergebäude, Gasbehälter I, Kesselhaus, Reservoirturm, Magazingebäude.[6] Bis auf den Reservoir-Wasserturm wurden die übrigen Bauten entweder im Krieg zerstört oder durch Neubauten ersetzt. Der Wasserturm steht unter Denkmalschutz.[7]
  • 1890–1892: Verwaltungsgebäude und Leichenhalle für das 1867 errichtete Städtische Krankenhaus von Charlottenburg in der Gierkezeile 5-11.[8] Nach Sanierungsarbeiten wird das Verwaltungsgebäude seit 2001 vom Gesundheitsamt des Bezirks als Haus des Säuglings zur Eltern-Kind-Beratung genutzt.[9]
  • 1892–1893: Desinfektionsanstalt Mollwitzstraße 2[10]
  • 1893–1894: Verwaltungsgebäude auf dem Luisenfriedhof III, Fürstenbrunner Weg in Berlin-Westend, in dem Büroräume für die Verwaltung aller drei Kirchhöfe der Luisengemeinde sowie eine Wohnung untergebracht wurden.[11]
  • 1894–1895: ehem. 13. und 14. Gemeindeschule Pestalozzistraße 40. Das rote Backsteingebäude wurde mehrere Jahrzehnte als Schulgebäude genutzt, in den 1970er-Jahren war eine Filiale des Fröbelhauses hier untergebracht. Danach fand das Bezirksamt Charlottenburg mit der Volkshochschule (VHS) einen neuen Nutzer für den Standort, für die das fast 100-jährige Haus jedoch abgerissen und durch einen geeigneten Neubau ersetzt werden sollte. Finanzmangel und Denkmalschutzgründe verhinderten den Abriss, und die Volkshochschule Charlottenburg (heute als Volkshochschule City West zusammengelegt mit der VHS Wilmersdorf) zog ein. Bis 1996 erfolgte eine schrittweise Grundsanierung der Räumlichkeiten und deren Anpassung an moderne Schulanforderungen. Die Restaurierung der Aula und des Kopfbaus des Standesamtes waren dabei besonders aufwändig.[12]
  • 1896–1. April 1897: Feuerwache Ranke, Rankestraße 10-12, ein fünfgeschossiger Backsteinbau im neugotischen Stil.[13][14]
Straßenansicht des Stadtbads Charlottenburg
Eingangsbereich des Stadtbads
  • 1898: Stadtbad Charlottenburg, Alte Halle, Krumme Str. 9/10. Das älteste Berliner Volksbad ist ein dreigeschossiger Bau im Jugendstil. Die reich geschmückte Fassade ist mit Ziegelsteinen und Putzflächen gestaltet. Seit 1982 steht das Bad unter Denkmalschutz. Das Gebäude wurde in den Jahren 2006 bis 2009 umfassend saniert und beherbergt noch heute eine Reinigungsanstalt mit Wannen- und Brausebädern.[15][16][17]
  • 1899–1900: ehem. 19. und 20. Gemeindeschule, Bleibtreustraße 43. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde aus dem Gebäudekomplex das Kaiser-Friedrich-Gymnasium. Das viergeschossige Haus in Formen des Akademischen Historismus mit vorgebauter zweigeschossiger Turnhalle erfuhr seitdem verschiedene Nutzungen: Ende des Ersten Weltkrieges war es Lazarett, in den 1930er-Jahren die Schlüter-Oberschule für Jungen, 1939 Krankenhaus für die Unterbringung und Pflege von Kinderlähmungskranken, von 1945 bis 1969 Ostpreußen-Hauptschule. Nach Modernisierungsarbeiten befindet sich die Joan-Miró-Grundschule in den denkmalgeschützten Gebäuden.[18][19]
  • 1899–1901: ehem. 17. und 18. Gemeindedoppelschule für Jungen und Mädchen, Nehringstraße 9/10. Das viergeschossige symmetrische Ensemble ist ebenfalls im Stil des akademischen Historismus angelegt. Es ist mit roten Ziegeln verblendet und mit schwarzen Formsteinen geschmückt. In der nationalsozialistischen Zeit wurde eine Abteilung des Krankenhauses Westend in das Schulgebäude verlegt. In den 1940er-Jahren stark beschädigt, konnten bis 1952 die Schäden beseitigt und der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden. 1954 erhielt die eine Hälfte der bis dahin namenlosen Schule den Ehrennamen Nehring-Schule nach dem Charlottenburger Schlossbaumeister Johann Arnold Nering, die andere Hälfte heißt seitdem Peter-Jordan-Schule nach dem Buchdrucker und Schriftsteller Peter Jordan. Zwischen 1984 und 1989 wurden die Gebäudeteile – die Turnhalle im Erdgeschoss (nun als Mensa genutzt), die Treppenhäuser und Klassenräume – vollständig saniert. Die Architekten Dietmar Kloster und Dirk Kruse erweiterten das Ensemble um einen modernen Neubau.[20]
  • 1899–1901: Städtisches Bürgerhaus, auch Bürgerhospital genannt, in der Sophie-Charlotte-Straße[21][22]

Weblinks

 Commons: Paul Bratring – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Info über P. Bratring bei Luise-Berlin; abgerufen am 26. Oktober 2009
  2. (digitalisiert) aus: Kunstgewerbeblatt (um 1890), abgerufen am 23. Oktober 2009
  3. Lexikon: Charlottenburg-Wilmersdorf von A bis Z; abgerufen am 23. Oktober 2009
  4. Baudenkmal ehemalige Feuerwache Alt-Lietzow
  5. Baudenkmal Gemeindeschulen in der Joachimsthaler Straße
  6. Sabine Röck, Hilmar Bärtel, Peter Güttler: Berlin und seine Bauten. Stadttechnik; Michael Imhof Verlag, Petersberg 2006, S. 327 ff; ISBN 3-86568-012-7
  7. Baudenkmal Wasserturm auf dem Gelände des Gaswerks Charlottenburg
  8. Baudenkmal Krankenhaus Gierkezeile
  9. Kurzinfo zu Haus des Säuglings, abgerufen am 24. Oktober 2009
  10. Baudenkmal eh. Desinfektionsanstalt
  11. Baudenkmal Verwaltungsgebäude auf dem Luisenkirchhof
  12. Baudenkmal Gemeindeschulen Pestalozzistr.
  13. Info des BA Charlottenburg-Wilmersdorf zur Feuerwache Ranke; abgerufen am 24. Oktober 2009
  14. Bild und Info zur Feuerwache auf der Seite der BF; abgerufen am 24. Oktober 2009
  15. Kurzdarstellung des Stadtbads in: Michael Bienert, Elke Linda Buchholz: Kaiserzeit und Moderne. Ein Wegweiser durch Berlin. (S. 61), Berlin Story Verlag, 2007
  16. Datenbank mit digitalen Bildern aus Charlottenburg; abgerufen am 23. Oktober 2009
  17. Baudenkmal Alte Halle Stadtbad Charlottenburg
  18. Baudenkmal eh. Gemeinde-Doppelschule Bleibtreustr.
  19. Geschichtsdarstellung auf der Homepage der Schule; abgerufen am 24. Oktober 2009
  20. Baudenkmal eh. Gemeindeschulen Nehringstr.
  21. 6 Blätter zum Bürgerhaus im Architekturmuseum der TU Berlin; abgerufen am 24. Oktober 2009
  22. Baudenkmal Städtisches Bürgerhaus-Hospital und Max-Bürger-Krankenhaus

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Liste der Kulturdenkmale in Berlin-Charlottenburg — Lage von Charlottenburg in Berlin In der Liste der Kulturdenkmale von Charlottenburg sind die Kulturdenkmale des Berliner Ortsteils Charlottenburg im Bezirk Charlottenburg Wilmersdorf aufgeführt. Inha …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Kulturdenkmale in Berlin-Westend — Lage von Westend in Berlin In der Liste der Kulturdenkmale von Westend sind die Kulturdenkmale des Berliner Ortsteils Westend im Bezirk Charlottenburg Wilmersdorf aufgeführt. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Wassertürme in Berlin — Inhaltsverzeichnis 1 Stadtversorgung 2 Eisenbahn 3 Krankenhäuser 4 Fabriken 5 sonstige Einrichtungen …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Straßen und Plätze in Berlin-Charlottenburg — Übersichtskarte von Charlottenburg Die Liste der Straßen und Plätze in Berlin Charlottenburg beschreibt das Straßensystem im Berliner Ortsteil Charlottenburg mit den entsprechenden historischen Bezügen. Gleichzeitig ist diese Liste ein Te …   Deutsch Wikipedia

  • Joachimstaler Straße — Am Café Kranzler kreuzt die Joachimstaler Straße (waagerechter Verlauf) den Kurfürstendamm Die Joachimstaler Straße ist eine 800 Meter lange Straße in den Berliner Ortsteilen Charlottenburg und Wilmersdorf (beide im Bezirk Charlottenburg… …   Deutsch Wikipedia

  • Kirchhof III der Luisen-Gemeinde — Ehemalige Erbbegräbnisse an der Westmauer des Friedhofs Der evangelische Luisenfriedhof III im Berliner Ortsteil Westend ist ein seit 1891 bestehender Alleequartierfriedhof mit einer Größe von 12,0 Hektar[1]. Der Friedhof steht als Gesamtanlage… …   Deutsch Wikipedia

  • Luisenfriedhof III — Ehemalige Erbbegräbnisse an der Westmauer des Friedhofs Der evangelische Luisenfriedhof III im Berliner Ortsteil Westend ist ein seit 1891 bestehender Alleequartierfriedhof mit einer Größe von 12,0 Hektar[1]. Der Friedhof steht als… …   Deutsch Wikipedia

  • Königs Wusterhausen — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Jürgenlanke — Schildhorn ist eine Landzunge im Landschaftsschutzgebiet Grunewald im gleichnamigen Berliner Ortsteil Grunewald des Bezirks Charlottenburg Wilmersdorf. Die rund 110 Meter breite Halbinsel ragt rund 400 Meter in die Havel hinein und bildet eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Schildhorndenkmal — Schildhorn ist eine Landzunge im Landschaftsschutzgebiet Grunewald im gleichnamigen Berliner Ortsteil Grunewald des Bezirks Charlottenburg Wilmersdorf. Die rund 110 Meter breite Halbinsel ragt rund 400 Meter in die Havel hinein und bildet eine… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”