Bulgenkunst

Bulgenkunst
Schematischer Aufbau einer Bulgenkunst

Die Bulgenkunst, auch Pulgenkunst genannt, ist eine Wasserhebemaschine, die im frühen Bergbau zur Wasserhebung eingesetzt wurde.[1] Die Bulgenkunst gilt als die älteste Wasserhebemaschine, sie wurde bereits in den römischen Gruben zur Wasserhebung eingesetzt.[2]

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Antrieb

Kannenkunst nach Agricola

Die Bulgenkunst bestand aus dem Wasserhebeteil und dem Antriebsteil. Über eine gelagerte Scheibe wurde eine Endloskette gelegt, an der in kurzen Abständen lederne Eimer, sogenannte Bulgen, befestigt waren.[3] Die Kette wurde über eine weitere Scheibe, die sich im Schachtsumpf befand, gelenkt. Die obere Scheibe war über eine Welle mit dem Antrieb verbunden. Beide Scheiben waren so positioniert, dass sie senkrecht zueinander standen. Angetrieben wurde die Bulgenkunst zunächst mittels Muskelkraft. Hierbei wurde die Scheibe mit einem Laufrad verbunden, in dem ein Bergmann das Rad mittels Laufbewegungen antrieb. Um größere Förderleistungen zu erzielen, wurde die Bulgenkunst später über einen Pferdegöpel angetrieben. So angetriebene Bulgenkünste wurden auch Rosskunst genannt. Damit noch größere Wassermengen gehoben werden konnten, wurde die Bulgenkunst mit einem Wasserrad angetrieben.[4] Anstatt der Bulgen wurden auch andere Schöpfgefäße verwendet. So wurden oftmals auch kastenförmige Lederbehälter verwendet. Aber auch Kannen, Eimer oder Kübel aus Holz wurden als Schöpfgefäße genutzt. Entsprechend der Schöpfgefäße wurden diese Wasserhebemaschinen dann als Kastenkunst, Kannenkunst oder Kübelkunst bezeichnet.[5]

Funktion

Die Funktion der Bulgenkunst ähnelt vom Prinzip her einem Paternoster, deshalb wird sie auch oftmals als Paternosterkunst bezeichnet. Die an der Kette befestigten Schöpfgefäße füllten sich beim Eintauchen in den Schachtsumpf mit Wasser und wurden nach oben bis zur Erbstollensohle gefördert. Dort entleerten sie sich selbsttätig in einen hölzernen Abflusskanal und bewegten sich anschließend wieder Richtung Schachtsumpf. Dieser Vorgang wiederholte sich, solange die Bulgenkunst angetrieben wurde.[6]

Antriebsleistung

Die Antriebsleistung war abhängig von der verwendeten Antriebsart. Der Antrieb mittels menschlicher Muskelkraft lag unter einem PS. Mit der Rosskunst konnte eine maximale Leistung von 8 PS erreicht werden. Die größte Leistung wurde mit Bulgenkünsten erreicht, die mittels Wasserkraft angetrieben wurden. Die eingesetzten Wasserräder (Kunsträder) hatten einen Durchmesser von mehreren Metern und eine Breite von bis einem Meter. Diese Antriebe erreichten eine Leistung, die deutlich höher lag. Die maximale Förderhöhe lag bei etwa 20 Metern. Die Fördermenge betrug 4 m³/h.[7]

Literatur

  • Georg Agricola: Zwölf Bücher vom Berg- und Hüttenwesen. In Kommission VDI-Verlag GmbH, Berlin

Einzelnachweise

  1. Swen Rinmann: Allgemeines Bergwerkslexikon. Zweyter Theil, Fr. Chr. W. Vogel, Leipzig 1808
  2. Moritz Ferdinand Gaetzschmann: Vollständige Anleitung zur Bergbaukunst. Erster Theil, Zweite Auflage, Verlag von Arthur Felix, Leipzig 1866
  3. Moritz Ferdinand Gaetzschmann: Sammlung bergmännischer Ausdrücke. Verlag Craz & Gerlach, Freiberg 1859
  4. Bergknappe 112
  5. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871
  6. Marcus Dehler: Wassermanagement im historischen Bergbau
  7. Rolf Meurer: Wasserbau und Wasserwirtschaft in Deutschland. Parey Buchverlag, Berlin 2000, ISBN 3-8263-3303-9

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