Felix Jud

Felix Jud

Felix Jud (* 7. März 1899 in Wilhelmsthal[1], Landkreis Habelschwerdt in Niederschlesien; † 27. August 1985 in Hamburg) war ein deutscher Buchhändler, Eigentümer der Hamburger Bücherstube Felix Jud & Co. und erklärter Gegner des NS-Staates.

Jud absolvierte nach seiner Schullaufbahn eine kaufmännische Ausbildung bei einem Eisenwarenhändler und war danach als Buchhändler tätig. Ab 1919 war er in Hamburg beschäftigt, im November 1923 eröffnete er seinen Buchladen an den Colonnaden 104 im Stadtteil Hamburg-Neustadt.[2]

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten opponierte Jud gegen das NS-Regime. Eine Änderung seines jüdisch klingenden Nachnamens lehnte er ab, obwohl ihm dies durch die NS-Behörden empfohlen wurde. Jud provozierte unter anderem durch seine kreativen Schaufensterauslagen. So wird in einer Jubiläumsschrift der Hamburger Bücherstube dargestellt:

„Er hängte einen großen Barockrahmen in sein Schaufenster,oben unter der Bilderleiste war die Judenkarikatur aus dem Stürmer ‚Jud bleibt Jud‘ - der krummbeinige, krummnasige, spitzbäuchige wöchentliche Jude. Darunter Felix Jud, ein Foto als Säugling auf dem Lammfell, dann ein Foto als Konfirmand, ein weiteres aus der Gegenwart, darunter ‚Jud bleibt Jud‘. Das war nicht zu bezweifeln. Aber quer zu dem Ganzen ein Wäschebrett für ‚Persil bleibt Persil‘.“

Und wer besorgt das Spielzeug? 75 Jahre Hamburger Bücherstube Felix Jud & Co.[3]

Jud verkaufte an vertrauenswürdige Kunden unter der Hand Literatur, die während der NS-Zeit verboten war und machte diejenigen, die diese Bücher kauften, miteinander bekannt. So wurde seine Buchhandlung ein beliebter Treffpunkt verschiedener Regimegegner, wie Anne-Marie Vogler und Eduard Bargheer, und Widerstandskreise, so der Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe, der Robinsohn-Strassmann-Gruppe und der Weißen Rose Hamburg. Insbesondere mit Mitgliedern aus diesem Kreis pflegte er enge Beziehungen und traf diese auf Sitzungen und Veranstaltungen des sogenannten Musenkabinetts. Berichten zufolge organisierte Jud in seiner Bücherstube regelmäßig Leseabende.[4]

Am 18. Dezember 1943 wurde er verhaftet und in das Polizeigefängnis Fuhlsbüttel gebracht, am 6. Juni 1944 erfolgte die Verlegung in das KZ Neuengamme. Jud wurde zusammen mit Albert Suhr, Hannelore Willbrandt, Ursula de Boor und Wilhelm Stoldt in einem Teil-Verfahren der Prozesse gegen die Weiße Rose Hamburg angeklagt. Die Hauptverhandlung gegen ihn fand am 19. April 1945 vor dem in Hamburg tagenden Volksgerichtshof statt, während die alliierten Kräfte schon die anderen Angeklagten aus den Gefängnissen in Stendal und Bayreuth befreit hatten. Er wurde zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt und im Mai 1945 nach Eintreffen der englischen Streitkräfte in Hamburg befreit.[5]

Hamburger Bücherstube Felix Jud & Co

Nach dem Krieg war Jud kulturpolitischer Berater der Alliierten, Mitglied des am 2. Januar 1946 gegründeten Kulturrats zu Entnazifizierung[6] und Gründungsmitglied des FDP-Landesverbandes, Mitglied im Verwaltungsrat der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen sowie Mitbegründer des Norddeutschen Verleger- und Buchhändlerverbandes.

Jud verlegte 1948 die Bücherstube an den Neuen Wall, in die Mellin-Passage der Alsterarkaden. Dort besteht sie noch heute unter dem Namen Hamburger Bücherstube Felix Jud & Co.

Im Stadtteil Hamburg-Allermöhe ist der Felix-Jud-Ring nach ihm benannt.

Literatur

  • Angela Bottin: Enge Zeit. Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Audimax der Universität Hamburg vom 22. Februar bis 17. Mai 1991. Hamburger Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte Band 11, Hamburg 1992, ISBN 3-496-00419-3
  • Christoph Brauers: Die FDP in Hamburg 1945 – 1953. Start als bürgerliche Linkspartei; Dissertation an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg 2004, Martin Meidenbauer Verlagsbuchhandlung, München 2007, ISBN 978-3-89975-569-5, Seiten 106 - 109, auch als google-book: [1] abgerufen am 21. Oktober 2010
  • Ursel Hochmuth, Gertrud Meyer: Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand. 1933–1945, Zweite Auflage, Frankfurt 1980, ISBN 3-87682-036-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Geburtsort nach Ursel Hochmuth: Candidates of Humanity. Dokumentation zur Hamburger Weißen Rose anläßlich des 50. Geburtstages von Hans Leipelt. Hrsg.: Vereinigung der Antifaschisten und Verfolgten des Naziregimes Hamburg e.V., Hamburg 1971, S. 12
  2. Buchhandlung Felix Jud & Co., Hamburg - Historie
  3. Wilfried Weber und Marina Krauth: Und wer besorgt das Spielzeug. 75 Jahre Hamburger Bücherstube Felix Jud & Co., Hamburg 1998 Auszug, abgerufen am 4. Februar 2011
  4. Christoph Brauers: Die FDP in Hamburg 1945 – 1953. Start als bürgerliche Linkspartei, München 2007, S. 106f
  5. Ursel Hochmuth, Gertrud Meyer: Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand. 1933 - 1945, Seiten 392 ff.; Maike Bruhns, Kunst in der Krise. Band 1: Hamburger Kunst im „Dritten Reich“, S. 222, 324, 472
  6. Maike Bruhns: Kunst in der Krise. Band 1: Hamburger Kunst im „Dritten Reich“, Hamburg 2001, ISBN 3-933374-93-6, S. 472

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