CAR-Algebra

CAR-Algebra

Die CAR-Algebra ist eine im mathematischen Gebiet der Funktionalanalysis betrachtete Algebra. Es handelt sich um eine C*-Algebra, die eng mit den in der Quantenmechanik untersuchten kanonischen Antivertauschungsrelationen (engl. canonical anticommutation relation, daher der Name CAR) verbunden ist und die daher auch Fermionenalgebra genannt wird.

Inhaltsverzeichnis

Konstruktion

Bezeichnet Mn die C*-Algebra der komplexen n\times n-Matrizen, so kann man M_{2^n} vermöge des isometrischen *-Homomorphismus

M_{2^n}\rightarrow M_{2^{n+1}}, \quad X \mapsto \begin{pmatrix} X & 0 \\ 0 & X \end{pmatrix}

als Unteralgebra von M_{2^{n+1}} auffassen. Auf der Vereinigung aller so ineinander liegenden Matrizenalgebren hat man dann eine Norm, die jede der C*-Normen auf M_{2^n} fortsetzt und daher bis auf die Vollständigkeit alle Eigenschaften einer C*-Norm hat. Die Vervollständigung ist dann eine C*-Algebra, die man die CAR-Algebra nennt.

Kanonische Antivertauschungsrelationen

Es seien H ein separabler Hilbertraum und \alpha:H\rightarrow L(H) eine lineare Abbildung in die C*-Algebra L(H) der stetigen, linearen Operatoren auf H mit folgenden Eigenschaften:

\alpha(x)\alpha(y) + \alpha(y)\alpha(x) \,=\, 0

\alpha(x)\alpha(y)^* + \alpha(y)\alpha(x)^* \,=\, \langle x,y\rangle \mathrm{id}_H

für alle Vektoren x,y\in H.

Man sagt, α erfülle die kanonischen Antivertauschungsrelationen; diese werden von den in der Quantenmechanik betrachteten Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für Fermionen erfüllt. Solche Abbildungen α lassen sich beispielsweise auf dem Fockraum realisieren. Die Isomorphieklasse der von den Operatoren α(x) erzeugten C*-Algebra erweist sich als unabhängig von der speziellen Auswahl der Abbildung α, denn es gilt: [1]

  • Die von allen Operatoren \alpha(x),\, x\in H erzeugte C*-Algebra ist isomorph zur CAR-Algebra.

Ist (x_n)_{n\in \N} eine Orthonormalbasis von H, so kann die Einbettung C^*(\alpha(x_1),\ldots,\alpha(x_n)) \subset C^*(\alpha(x_1),\ldots,\alpha(x_{n+1})) mit obiger Einbettung M_{2^n} \rightarrow M_{2^{n+1}} identifiziert werden (C^*(\ldots) steht hier für die von in den Klammern aufgelisteten Operatoren erzeugte C*-Algebra).

Als UHF-Algebra und AF-Algebra

Ihrer Konstruktion nach ist die CAR-Algebra eine UHF-Algebra, und zwar diejenige zur übernatürlichen Zahl 2^\infty (siehe dazu den Artikel UHF-Algebra). Als UHF-Algebra ist sie auch eine AF-C*-Algebra und daher unter allen AF-C*-Algebren durch ihre geordnete skalierte K0-Gruppe ausgezeichnet. Diese ist \Z[\frac{1}{2}] mit der durch [0,1] gegebenen Skala[2]. \Z[\frac{1}{2}] steht dabei für die Menge aller rationalen Zahlen, deren Nenner eine Zweierpotenz ist.

Produktzustände und Typ III-Faktoren

Zu jedem \lambda\in [0,1] kann man rekursiv Zustände \varphi_\lambda^{(n)}:M_{2^n}\rightarrow \C definieren, wobei

  • \varphi_\lambda^{(0)}:M_{2^0}\cong \C \rightarrow \C die identische Abbildung sei und
  • \varphi_\lambda^{(n)}(x) = \lambda \varphi_\lambda^{(n-1)}(x_{1,1})+(1-\lambda) \varphi_\lambda^{(n-1)}(x_{2,2}) für jedes n > 0, wobei x = (xi,j) als 2\times 2-Matrix mit Elementen aus M_{2^{n-1}} geschrieben ist.

Dann ist die Einschränkung von \varphi_\lambda^{(n)} auf M_{2^{n-1}} gleich \varphi_\lambda^{(n-1)}, denn gemäß der hier betrachteten Einbettung von M_{2^{n-1}} nach M_{2^n} ist

(\varphi_\lambda^{(n)}|_{M_{2^{n-1}}})(x) = \varphi_\lambda^{(n)}(\begin{pmatrix} x & 0 \\ 0 & x \end{pmatrix}) = \lambda \varphi_\lambda^{(n-1)}(x)+(1-\lambda) \varphi_\lambda^{(n-1)}(x) = \varphi_\lambda^{(n-1)}(x)  .

Daher gibt es auf der CAR-Algebra einen eindeutigen Zustand φλ, der auf allen M_{2^n} mit \varphi_\lambda^{(n)} übereinstimmt. Dieser heißt der zu λ gehörige Produktzustand. Die Bezeichnung Produktzustand rührt daher, dass man ihn auch über Tensorprodukt-Konstruktionen gewinnen kann, was hier aber nicht ausgeführt wird. Nach J. Glimm lassen sich mittels dieser Zustände wie folgt Faktoren vom Typ III konstruieren.

Zum Zustand ϕλ gehört mittels GNS-Konstruktion eine Hilbertraum-Darstellung \pi_\lambda:A \rightarrow L(H_\lambda) auf einem Hilbertraum Hλ. Für 0 < \lambda < \frac{1}{2} ist das Bild \pi_\lambda(A)\subset L(H_\lambda) eine C*-Algebra, deren Abschluss in der schwachen Operatortopologie ein Faktor vom Typ III ist.[3]. Je zwei solche Faktoren zu verschiedenen Zahlen aus dem offenen Intervall (0,\frac{1}{2}) sind nicht isomorph.[4]

GICAR-Algebra

Sei \alpha:H\rightarrow L(H) eine Abbildung, die den oben definierten kanonischen Antivertauschungsrelationen genügt. Ist \mu \in \C mit | μ | = 1, so erfüllt auch \beta:H\rightarrow L(H),\,x\mapsto \alpha(\mu x) die kanonischen Antivertauschungsrelationen, wie man leicht nachrechnen kann. Da die von den α(x) bzw. von den β(x) erzeugte C*-Algebra, wobei x den Hilbertraum durchläuft, in beiden Fällen die CAR-Algebra A ist, kann man zeigen, dass man einen Automorphismus \sigma_\mu:A\rightarrow A erhält, den man Eichautomorphismus nennt.

Die C*-Unteralgebra derjenigen Elemente von A, die unter allen Eichautomorphismen σμ, | μ | = 1 invariant sind, heißt GICAR-Algebra. Dabei steht GI für gauge-invariant (deutsch: eich-invariant). Man kann zeigen, dass die GICAR-Algebra eine AF-C*-Algebra ist. Während die CAR-Algebra einfach ist, das heißt sie hat keine nicht-trivialen zweiseitigen Ideale, hat die GICAR-Algebra eine reiche Idealstruktur, die man an ihrem Bratteli-Diagramm ablesen kann. Dieses hat die Form des Pascalschen Dreiecks [5]:

\begin{matrix}
& & & & & & 1 & \\
& & & & & \nearrow & &\\
& & & & 1 & & & \ldots \\
& & & \nearrow & & \searrow & & \\
& & 1 & & & & 3 & \\
& \nearrow & & \searrow & & \nearrow & & \\
1 & & & & 2 & & & \ldots \\
& \searrow & & \nearrow & & \searrow & & \\
& & 1 & & & & 3 & \\
& & & \searrow & & \nearrow & & \\
& & & & 1 & & & \ldots \\
& & & & & \searrow & &\\
& & & & & & 1 & 
\end{matrix}

Einzelnachweise

  1. K. R. Davidson: C*-Algebras by Example. American Mathematical Society, 1996, ISBN 0-821-80599-1, Example III.5.4.
  2. K. R. Davidson: C*-Algebras by Example. American Mathematical Society, 1996, ISBN 0-821-80599-1, Example IV.3.4.
  3. Gert K. Pedersen: C*-Algebras and Their Automorphism Groups. Academic Press Inc., 1979, ISBN 0-12-549450-5, Theorem 6.5.15.
  4. Gert K. Pedersen: C*-Algebras and Their Automorphism Groups. Academic Press Inc., 1979, ISBN 0-12-549450-5, Theorem 8.15.13.
  5. K. R. Davidson: C*-Algebras by Example. American Mathematical Society, 1996, ISBN 0-821-80599-1: Example III.5.5.

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