Damenstift Buchau

Damenstift Buchau
In Anwesenheit ihres Vaters, Kaiser Ludwigs der Frommen, legt die Klostergründerin Adelindis die Gründungsurkunde auf einen Altar (aus dem Hauptdeckengemälde der barocken Stiftskirche Buchau von Andreas Brugger, 1775–1776)

Das Reichsstift Buchau wurde nach einer Legende um 770 auf der Insel Buchau im Federsee im heutigen Oberschwaben gegründet. Das Kloster war eine fränkisch-karolingische Gründung und diente der Durchdringung und strategischen Sicherung der neu gewonnenen Herrschaft des fränkischen Kaisertums in Alemannien. 1347 wird die Äbtissin des Stiftes erstmals als Reichsfürstin bezeichnet, seit dem 16. Jahrhundert war sie Reichsstand mit Blutgerichtsbarkeit. Das Stift nahm vorwiegend die Töchter der verschiedenen oberschwäbischen Adelslinien der Fugger, Waldburg, Montfort, Gundelfingen und einer Reihe nichtschwäbischer Familien aus Tirol, Elsaß und weiter der östlich gelegenen österreichischen Erbländer Kärnten und Böhmen auf.[1] In der Krypta der Stiftskirche St. Cornelius und Cyprianus wird der Sarkophag mit dem Leichnam der selig gesprochenen Klostergründerin Adelindis aufgebahrt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Nach der Gründungslegende ließ Adelindis, eine Tochter Herzog Hildebrands von Schwaben und der Herzogin von Bayern, der Schwester Hildegards, Gemahlin Karls des Großen, nach dem Tod ihres Mannes Atto, Sohn des Grafen Russo von Tragant, an der Stelle, an der dieser im Kampf gegen die Hunnen im Planckental verstorben war, um 770 eine Kapelle und ein Kloster errichten, in dem sie als erste Äbtissin um 809 gestorben sei. Verbürgt ist, dass das Kloster von Kaiser Ludwig dem Frommen im Jahr 819 Besitzungen im Saulgau und in Mengen erhielt. 857 wird es als Eigenkloster Ludwigs des Deutschen genannt. Zu der Zeit war Irmengard, die Tochter des Königs, Äbtissin in Buchau. Im 13. Jahrhundert wird das Stift dem Augustinerorden zugerechnet, war danach aber ein Kanonissenstift für adlige Damen aus Schwaben. 1347 wurde das Damenstift gefürstet und damit reichsunmittelbar. 1415 wurde das Kloster in ein Säkularstift umgewandelt. Es konnte sein Stiftsgut ausdehnen und so ein kleines Territorium schaffen. Im Jahre 1625 fiel die Lehnsherrschaft Straßberg wieder an das Stift.

Am Hl. Dreikönigstag, dem 6. Januar 1713, finden wir als Äbtissin, die Fürstin Clotilde, Gräfin von Montfort, zu ihrer Rechten die Stiftspriorin Ehrgutta Freifrau von Gundelfingen, zu ihrer Linken die Stiftshofmeisterin Sibylle Freifrau von Korporell, dann weiter die jüngeren Stiftsdamen Baronesse Veronika von Besserer, die Gräfin Olympia von Werdenau, die Gräfin Romana von Ilgen und die Baronesse Sidonie von Imhof. Der siebente und der achte Capitelsitz des reichen und unmittelbaren Stifts waren damals unbesetzt.

1803 kam das Stift an das Haus Thurn und Taxis, das es als Teil des Reichsfürstentums Buchau verwaltete. Zum Zeitpunkt der Säkularisation bestand das Stift aus der Fürstäbtissin Maria Maximiliana Esther von Stadion zu Tannhausen und Warthausen sowie acht bemäntelten Damen. Zwei Angehörige der Familie Fugger, drei Damen aus dem Hause Waldburg (Wolfegg-Wolfegg und Wolfegg-Waldsee), einer Maria Anna Schenk von Castell, Gräfin Anna von Stadion sowie Gräfin Theresia aus der österreichischen Familie Dietrichstein. 1806 kam es staatsrechtlich an das Königreich Württemberg, die ehemalige Stiftsherrschaft Straßberg fiel allerdings an das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen. Verwaltungstechnisch erfolgte die Aufteilung des Klosters in zwei Ämter. Die finanzielle Verwaltung ging in die Hände des Rentamt Buchau. Das Oberamt war für Publica, Jurisdictionalia, Criminalia und Polizeysachen zuständig

Status und Besitz

Seit dem Beginn der Neuzeit war der kirchenrechtliche Status des Stiftes immer mehr umstritten. Bei der Versammlung des Schwäbischen Reichskreises hatte er auf der weltlichen Fürstenbank die 6. Stimme und führte den Titel eines fürstlich freyweltlichen Damenstiftes. Am Beginn der Säkularisation wurde die Frage gestellt, ob das Stift überhaupt noch zu säkularisieren wäre. Die schwäbischen Reichsgrafen sahen in dem Stift eine Versorgungsanstalt für ihre Töchter. Der Fürstbischof von Konstanz bestand jedoch bis zuletzt, dass das Stift ein Corpus ecclesiasticum sei und als Kollegiatskirche errichtet worden sei, dessen Mitglieder Residenz- und Gebetsverpflichtungen haben. In seiner Beschreibung des Oberamts Riedlingen von 1827 stellt Memminger die Geschichte des Stifts dar und übt in diesem Zusammenhang deutliche Kritik an dieser Institution, die dabei eher als eine Luxus-Versorgungsanstalt für Grafentöchter denn als Kloster erscheint. Wörtlich heißt es z.B. darin:

„Die Stiftsfräulein, deren in der lezten Zeit 9 waren, bekannten sich zwar zur Regel des h. Augustins, hießen deswegen auch Chorfrauen und lebten in dem Stifte, konnten aber ungehindert austreten und heirathen, und das Jahr über auch längere Zeit abwesend seyn. Sie wohnten in einem Gebäude beysammen, die Fürstin Aebtissin in seinem daran stoßenden Flügel. Jedes Stiftsfräulein hatte 3 Zimmer und ihre eigene Bedienung.“

Das Stiftsgebiet war sehr zerstreut und von mannigfaltiger Natur. Es gehörten dazu:

  1. die umliegenden Orte Betzenweiler, Brackenhofen, Dürnau, Kanzach mit Ober- und Unter-Volloch, Kappel mit dem Hennauhof, Ottobeurerhof und Bruckhof, Moosburg;
  2. die Herrschaft Straßberg, mit Straßberg, Fronstetten und Kaiseringen, worin die Äbtissin die Landeshoheit hatte;
  3. als österreichisches Lehen der Äbtissin die Vogteien Oggelsbeuren, Renhartsweiler und das Amt Bierstetten, wozu Bierstetten, Bondorf, Steinbrunn gehörten, nebst dem Zehnten zu Moosheim;
  4. Zwölf Abtei-Maierhöfe und so genannte Corneliergüter in vielen Ortschaften;
  5. Zehnten in 35 Orten;
  6. Patronate an 18 Orten.

Die Einkünfte wurden zu 66000 fl. angeschlagen, die der Äbtissin allein betrugen, nach einer Abteirechnung von 1792, an Geld 12802 fl., an Früchten 12841 Viertel, ungefähr ebenso viel W. Simri. Trotz dieser schönen Einkünfte war die Stiftsherrschaft in einem sehr zerrütteten Zustande. „Buchau war wenigstens schon fünf Jahre vor der Mediatisirung gantmäßig [=konkursreif] und hatte die Zinszahlung sistirt.“

Heutige Nutzung

Nach völliger Restaurierung, Anbauten und Modernisierungen in den Jahren 1991 und 1992 dient das von den Buchauern „Schloss“ genannte Gebäude nun als Reha-Klinik für Neurologie und Psychosomatik.

Äbtissinnen

Die letzte Fürstäbtissin Maximiliane von Stadion mit Stiftsdamen, Wappen und Ansicht der Stiftsanlage
  • 850-866 Irmengard
  • ca. 900-914 Adelinde von Kesselsberg
  • bis 1021 Irmentraud
  • 1021-1027 Abarhild
  • 1027-ca. 1043 Hildegard
  • 1043-1051 Uta (Tutta)
  • Ca. 1045 Egila
  • 1051-? Gertrud von Bindhaldt
  • 1212-1213 Gertrud von Tegelfelden
  • 1212-1216 Lukarda
  • 1223-1247 Mathilde von Bienburg
  • 1247-? Bechthildis
  • 1267-1303 Adelheid I. von Markdorf
  • 1303-1329 Katharina I. von Söffeln
  • 1329-1353 Anna I. von Winberg
  • 1353-1371 Adelheid II. von Lupfen
  • 1371-1402 Anna II. von Ruseck
  • 1402-1410 Anna III. von Gundelfingen
  • 1410-1426 Agnes von Thengen
  • 1426-1449 Klara de Montfort
  • 1449-1496 Margarethe I. von Werdenberg
  • 1496-1497 Anna IV. von Werdenberg
  • 1497-1523 Barbara von Gundelfingen
  • 1523-1540 Elisabeth von Hohengeroldseck
  • 1540-1556 Margarethe II. von Montfort
  • 1556-1596 Maria Jacoba von Schwarzenberg
  • 1596-1610 Eleonore von Montfort
  • 1610-1650 Katharina II. von Spaur, Pflaum und Vallier
  • 1650-1666 Maria Franziska I. von Montfort
  • 1666-1692 Maria Theresia I. von Sultz
  • 1692-1693 Maria Franziska II. von Waldburg-Zeil
  • 1693-1742 Maria Theresia II. von Montfort
  • 1742-1774 Maria Karolina von Königseck-Rothenfels
  • 1775-1803 Maria Maximiliana Esther von Stadion zu Tannhausen und Warthausen

Literatur

  • Johann Daniel Georg v. Memminger: Stift Buchau, aus Beschreibung des Oberamts Riedlingen. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1827 (Volltext bei Wikisource)
  • Rudolf Seigel (Bearb.): Die Urkunden des Stifts Buchau. Regesten 819 - 1500. (= Inventare der nichtstaatlichen Archive in Baden-Württemberg; Bd. 36). Kohlhammer, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-17-020783-7
  • Bernhard Theil: Das Bistum Konstanz. Teil 4. Das (freiweltliche) Damenstift Buchau am Federsee. (= Germania sacra, N. F.; Bd. 32). De Gruyter, Berlin 1994, ISBN 3-11-014214-7
  • Volker Himmelein (Hrsg.): Alte Klöster, neue Herren. Die Säkularisation im deutschen Südwesten 1803. Große Landesausstellung Baden-Württemberg 2003; Ostfildern: Thorbecke, 2003; ISBN 3-7995-0212-2 (Ausstellungskatalog und Aufsatzband)

Einzelnachweise

  1. Adeliges Chorfrauenstift Buchau - Geschichte

Weblinks

 Commons: Ehemalige Stiftskirche Bad Buchau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


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