Mercedes-Benz OM 470/OM 471/OM 472/OM 473

Mercedes-Benz OM 470/OM 471/OM 472/OM 473

Die von Mercedes-Benz komplett neu entwickelte Motorenfamilie OM 47x setzt sich aus insgesamt vier unterschiedlichen Triebwerken zusammen und stellt die aktuellste Ausbaustufe im Line-up der Mercedes-Benz-Nutzfahrzeug-Motoren dar. Allesamt als langhubige Reihensechszylinder ausgeführt, weisen die einzelnen Motoren untereinander lediglich Unterschiede in Bohrung und Hub auf. Jeweils zwei Motorentypen greifen auf einen einheitlichen Baukasten hinsichtlich wichtiger Komponenten (Kolben, Pleuel, Kraftstoffaufbereitung etc.) zurück. Besonderes Merkmal der neuen Motoren ist der weiche und leise Motorlauf, der in erster Linie durch die Common-Rail-Einspritzung erreicht wird. Neben akustischen Vorzügen bietet die Reihenbauweise durch den sehr guten Massenausgleich den Vorteil einer hohen mechanischen Laufruhe (weitgehend vibrationsfrei).

Wie ihre Vorgänger folgt auch die Baureihe OM 47x der üblichen Nomenklatur der Mercedes-Benz Motoren, wobei die Buchstabenfolge OM für Ölmotor (also Dieselmotor) steht. Die neue Triebwerksgeneration ersetzt die bisherigen V-Motoren im Mercedes-Benz Actros (OM 501 V6 und OM 502 V8) sowie die Reihensechszylinder OM 457 (h)LA[1] der Mercedes-Benz (Citaro, Tourismo und Travego) und Setra (Baureihe 400) Omnibusse und OM 460 LA, der z.B. in einigen Modellen des deutschen Landmaschinenherstellers Claas (Modell Jaguar) eingesetzt wird.

Inhaltsverzeichnis

Generation Weltmotor

Seit Dezember 2007 wurden drei der vier maßgeblich unter Federführung Stuttgarts entwickelten Motorbaureihen[2] durch das US-amerikanische Tochterunternehmen Detroit Diesel eingeführt und laufen dort seither als DD13 (OM 471; vorgestellt 01/2009), DD15 (OM 472; 12/2007) und DD16 (OM 473) vom Band. Im März 2010 begann Daimlers japanische Tochter Mitsubishi Fuso Truck and Bus (MFTB) mit der Umstellung auf den 6R10 (OM 471). Verschiedene Bauteile — auch für die Detroit Diesel-Varianten — werden im neuen Mercedes-Benz-Werk in Mannheim gefertigt. Die Motoren für Mitsubishi Fuso werden komplett in Mannheim hergestellt.[3] Parallel dazu werden etwa Zylinderköpfe, die nach Mannheimer Vorgaben im Werk Atlantis Foundries in Kapstadt/Südafrika gegossen werden, zur Nachbearbeitung nach Mannheim geliefert.[2]

Geschuldet ist der frühere Einsatz in den USA und Japan den dort geltenden, schärferen Abgasnormen (US EPA 10 und JP09, wobei letztere die weltweit derzeit strengste Abgasnorm darstellt). Bis dato wurden in den USA und Japan etwa 70000 Motoren der Baureihe OM 47x verkauft.[4] Insgesamt haben die Motoren mehrere Millionen Testkilometer auf der Straße und dem Motorenprüfstand hinter sich. Die Verwendung in japanischen und US-amerikanischen Fahrzeug ermöglichte zudem, Erfahrungen der Fahrer im Hinblick auf die Auslegung der deutschen Pendants zu berücksichtigen. Im Vergleich zur bisherigen Baureihe 500 stieg die Standfestigkeit um 20 % auf nun 1,2 Millionen Kilometer (ohne grundlegende Überholung). Die Wartungsintervalle wurden auf nunmehr 150.000 Kilometer verlängert.

Die Auslegung als Weltmotor hat den breitgefächerten Einsatz der modernen Baureihen zur Folge. Während die beiden größten Triebwerke dem neuen Fernlastwagen Actros (und in den spezifischen Auslegungen für die USA und Japan den entsprechenden Freightliner, Western Star und Mitsubishi Fuso Trucks) vorbehalten sind, werden die beiden kleineren Reihensechszylinder auch in verschiedenen anderen Mercedes-Benz Nutzfahrzeugen, etwa dem Nachfolger der Baureihe Axor, zum Einsatz kommen. Die Aussage vonseiten der Daimler AG, der im Mai 2011 vorgestellte neue Linienbus Citaro[5] sei bereits auf die ab 2012 verpflichtende Euro 6-Norm vorbereitet,[6] legen den Einsatz des OM 470 (10,7 L) nahe. Ebensolches gilt für den Travego (den Reisebus von MB), sowie die kommende Setra 500 Baureihe, zu der Linien-, Überland- und Reisebusse gehören. In diesen Typen wird zukünftig (wohl) der 12,8 L OM 471 zum Einsatz kommen. Aktuell wird in den genannten Omnibussen die Baureihe OM 457 LA (11,97 L Reihensechszylinder mit Pumpe-Leitung-Düse-Einspritzung) eingesetzt.

Grundkonstruktion

Allen Ausführungen gleich ist die Grundkonstruktion des Kurbelwellengehäuses, die Kurbelwelle, der Zylinderkopf mit jeweils vier (4) senkrecht hängenden Ventilen pro Zylinder (24 Ventiler) und der Ventiltrieb mit zwei (2) obenliegenden Nockenwellen (DOHC). Für den steifen einteiligen Zylinderkopf setzt Mercedes-Benz auf den speziell für die langhubigen Reihensechszylinder entwickelten Grauguss-Werkstoff mit Vermiculargraphit (MB Patent). Dieser neue Werkstoff ermöglicht eine besonders hohe Stabilität und Steifigkeit. Notwendig ist die höhere Festigkeit auch aufgrund der im Vergleich zum Vorgänger erhöhten Zünddrücke. Zugunsten einer höheren Effizienz sind diese von 180 auf nun über 200 bar gestiegen.

Turbolader, Kurbelgehäuseentlüftung und Starter sind auf der heißen Seite des Motors angebracht, während der Luftpresser, die Motorsteuerung sowie die Kraftstoffpumpen für Hoch- und Niederdrucksystem und Öl-Kühlmittelmodul mit Filter und Kühlmittelpumpe auf der kalten Seite platziert wurden. Auf der Vorderseite des Motors finden sich drei Poly-V-Riemen in verschiedenen Ebenen, die dem Antrieb der Lichtmaschine, der Kühlwasserpumpe, des Hydrolüfters und des Kompressors der Klimaanlage dienen. Die Auslegung der Ebenen erfolgt konfigurationsspezifisch, wobei die dritte Ebene für den Antrieb optionaler Nebenaggregate zur Verfügung steht. Auf der Abtriebseite des Motors findet sich der Rädertrieb, der die Ölpumpe, die Common-Rail-Hochdruckpumpe, den optimierten Zweizylinder-Luftpresser, die Servopumpe der Lenkung sowie die beiden oben liegenden Nockenwellen antreibt.

Gewichtsproblematik und Kraftstoffverbrauch

Auffällig indessen ist das im direkten Vergleich zu den Vorgängerbaureihen OM 501 LA (11,95 L V6) und OM 502 LA (15,93 L V8) deutlich höhere Gewicht der neuen OM 47x Reihe. Während der alte V6 lediglich 885 kg Trockengewicht auf die Waage bringt, wiegt der 471er nun 1.156 kg. Der größere OM472 ist 1.306 kg schwer, der in etwa entsprechende OM 502 V8 wiegt ca. 1.125 kg.[7]

Angesprochen auf die Gewichtproblematik, erklärte Hubertus Troska, Leiter Mercedes-Benz Lkw (Europa/Lateinamerika), dass "der OM 471 […] Riesenvorteile bei Kraftstoffverbrauch und Zuverlässigkeit [hat]". Man habe sich daher die Frage nach dem Nutzen eines wesentlich schwergewichtigeren Motors als dem bisherigen OM 501 V6 nie gestellt. Elementar seien für Troska Zuverlässigkeit und Verbrauch.[8] Ein Vergleich mit Wettbewerbermotoren zeigt, dass der neue OM 471 durchaus in der üblichen Gewichtsklasse liegt.

Der Reihensechszylinder OM 471 im Wettbewerbsvergleich[9]

Hersteller Mercedes-Benz Scania MAN DAF Volvo / Renault Iveco
Motorbezeichnung OM 471 DC 13 DC 12 D2676 Paccar MX D13C / DXi 13[10] Cursor 13
Zylinder/Ventile Reihe 6/24
Hubraum 12.809 cm³ 12.742 cm³ 11.705 cm³ 12.419 cm³ 12.902 cm³ 12.777 cm³ 12.882 cm³
Bohrung x Hub 132 x 156 mm 130 x 160 mm 127 x 154 mm 126 x 166 mm 130 x 162 mm 131 x 158 mm 135 x 150 mm
Verdichtungs-
verhältnis
(ε)
17,0 : 1 17,3 : 1 18,1 : 1 19,0 : 1 16,4 : 1 17,8 : 1 17,0 : 1
Kraftstoff-
aufbereitung
X-Pulse
Common-Rail
Scania XPI
Common-Rail
Common-Rail Pumpe-Düse Pumpe-Leitung-Düse Pumpe-Düse[11]
Leistungsspektrum 310–375 kW
(421–510 PS)
265–353 kW
(360–480 PS)
280–309 kW
(380–420 PS)
338–397 kW
(460–540 PS)
265–375 kW
(360–510 PS)
279–397 kW
(380–540 PS)
301–412 kW
(410–560 PS)
Drehmoment 2.100–2.500 Nm 1.850–2.500 Nm 2.200–2.500 Nm 2.300–2.500 Nm 1.775–2.500 Nm 1.900–2.600 Nm 2.300–2.500 Nm
Trockengewicht,
DIN 70020-A
1156 kg 1000 kg 980 kg 1015 kg 1055 kg ca. 1050 kg[12] 1006 kg

Den von Troska angesprochenen geringeren Kraftstoffverbrauch konnte der OM 47x bereits unter Beweis stellen. Auf einer 10.000 km langen Verbrauchsfahrt im Pendelverkehr (Record Run) zwischen Rotterdam und Stettin verbrauchte der Actros 1845 (OM 471 mit 330 kW / 449 PS) mit StreamSpace-Fahrerkabine (2.500mm Breite) durchschnittlich 7,6% (Euro 5-Version; 25,1 l Diesel) bzw. 4,5% (Euro 6; 25,9 l) weniger Dieselkraftstoff als sein direkter Vorgänger, der Actros 1844 MP 3 LS (L-Fahrerhaus) mit dem V6-Zylinder OM 501 LA III (320 kW / 435 PS, Verbrauch: 27,1 l).[13]

Kompensiert wird das höhere Gewicht der neuen Baureihe zum Teil durch die Neustrukturierung des Motorenprogramms. So wird zukünftig die größte Ausbaustufe des OM 471 (375 kW / 510 PS) den kleinsten Achtzylinder ersetzen. Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss über die erhältlichen Ausführungen.

Die einzelnen Motoren im Überblick

Motorkenncode:
Mercedes-Benz ...
Zylinder Hubraum Bohrung x Hub Leistungsspektrum Einspritzsystem Bauähnliche Varianten
OM 470 Reihe 6 10.677 cm³ 125 x 145 mm 235 kW (320 PS)–320 kW (435 PS) bei 1.800 min-1[14] Common-Rail, X-Pulse Druckverstärkung MTU 6R 1100 C
OM 471 12.809 cm³ 132 x 156 mm 310 kW (421 PS)–375 kW (510 PS) bei 1.800 min-1 Detroit Diesel DD13, Mitsubishi Fuso 6R10, MTU 6R 1300 C
OM 472 14.841 cm³ 139 x 163 mm 400 kW (544 PS)–448 kW (615 PS) bei 1.800 min-1[14] Detroit Diesel DD15
OM 473 15.569 cm³ 139 x 171 mm 467 kW (635 PS)–500 kW (680 PS) bei 1.800 min-1[14] Detroit Diesel DD16, MTU 6R 1500 C
Zum Vergleich: Die bisherigen Baureihen
OM 501 V6 11.946 cm³ 130 x 150 mm 235 kW (320 PS)–350 kW (476 PS) bei 1.800 min-1 Pumpe-Leitung-Düse MTU 6V 501
OM 502 V8 15.928 cm³ 130 x 150 mm 370 kW (510 PS)–420 kW (598 PS) bei 1.800 min-1 MTU 8V 502
OM 457(h) Reihe 6 11.967 cm³ 128 x 155 mm 220 kW (299 PS)–315 kW (428 PS) bei 1.800 min-1 HAF 6 R 12[15], MAN D2866
OM 460 12.816 cm³ 128 x 166 mm 295 kW (394 PS)–390 kW (490 PS) bei 1.800 min-1 Detroit Diesel MBE 4000, MTU 6R 460

Als kleinstes Treibwerk der neuen Baureihe fungiert der OM 470, der bei knapp 10,7 Litern Hubraum den Leistungsbereich zwischen 235 kW (320 PS) und 320 kW (435 PS) abdeckt. Darüber rangiert der OM 471 mit 12,8 L Hubraum. Das im März 2011 der Öffentlichkeit vorgestellte Triebwerk ist in Leistungsklassen von 310 kW (421 PS) bis 375 kW (510 PS) erhältlich. Der 14,8 L große OM 472 deckt das Leistungsspektrum ab, für das bisher der 15,9 L-V8 der Baureihe OM 502 zuständig war: 400 kW (544 PS) bis 448 kW (615 PS). Größtes Mitglied der neuen Motorenfamilie ist der OM 473, ein 15,6-Liter-Motor, der sich mit Leistungen bis zu 500 kW (680 PS) für schwere Einsätze offeriert. Sämtliche Motoren sind in Euro 6-Konfiguration erhältlich, mit Ausnahme weniger Varianten auch mit Euro 5-Norm oder in EEV Zertifizierung, einer gesetzlich bislang nicht festgesetzten Homologation.[6]

Neuerungen

Insgesamt feiern beim OM 47x drei Neuerungen Premiere, die zumeist von Grund auf neu entwickelt wurden.

Erstere ist die nun gebaute Nockenwelle, die anders als bei den Wettbewerbern und der Vorgangerbaureihe OM 500 nicht aus dem vollen Material gefräst wird. Stattdessen werden die Wellen hohl gefertigt und die Nocken anschließend aufgeschrumpft. Diese Bauweise spart einige Kilogramm Gewicht, dennoch besitzen die neuen Reihensechszylinder über 200kg mehr Trockengewicht als die bisherigen V-Sechszylinder.

Zweite Neuerung ist ein Turbolader mit fester Turbinengeometrie, aber asymmetrischer Luftzufuhr. Hierzu wird der Abgasstrom in zwei gleich große Fluten geteilt. Während der Abgasstrom der Zylinder 1 bis 3 ohne Umweg über die Abgasrückführung (AGR) direkt an den Turbolader geleitet wird, gehen die Abgase der restlichen drei Zylinder zu etwa einem Drittel an die AGR.

Drittens umfasst das Konzept des OM 47x eine dreistufige aufgeladene Dekompressionsbremse. In der ersten Stufe arbeiten lediglich drei Zylinder, während in der zweiten Stufe alle sechs Zylinder als Dekompressionsbremse fungieren. In der höchsten Stufe erfolgt zusätzlich eine Aufladung durch den Turbolader, so dass die maximale Bremsleistung bis zu 400 kW (544 PS) beträgt. Innerhalb von 150 Millisekunden steht die volle Bremsleistung zur Verfügung.

Technische Ausführung

Wie bei LKW-Motoren seit längerem üblich, ist der OM 47x ein Turbodiesel-Direkteinspritzer mit Vierventiltechnik. Die Kraftstoffaufbereitung erfolgt über eine Hochdruckeinspritzanlage mit Mehrlochdüsen und Common-Rail-Technik, die einen maximalen Druck zwischen 900 und 2100 bar (etwa 13.000 bis 30.500 psi) liefert. Eine der Motorauslastung angespasste Steuerung der Kraftstoffmenge sorgt für eine effiziente Nutzung der im Dieselkraftstoff enthaltenen Energie (Brennwert 45,4 MJ/kg bei 25°C).

Der Verbrennungsvorgang teilt sich in Pilot-, Haupt- und Nacheinspritzung. Dabei dienen maximal zwei Piloteinspritzungen einem sanften Druckanstieg und senken somit das Geräuschnivau. In der Haupteinspritzung können mit Hilfe zweier Magnetventile sowohl Druckniveau als auch Druckaufbau individuell angepasst werden. Eine Nacheinspritzung ermöglicht notwendigenfalls die weitgehende Verbrennung der Partikel bzw. die Regeneration des Partikelfilters (durch Anstieg der Abgastemperatur). Die aktive Regeneration des Partikelfilters erfolgt über ein separates Einspritzventil im Abgasstutzen, dem so genannten HC Doser.

Der Einspritzdruck des Systems ist frei modulierbar und kann an die aktuellen Gegebenheiten flexibel angepasst werden. Dieses bei Mercedes-Benz als X-Pulse (Detroit Diesel: Amplified Common Rail System) bezeichnete System ermöglicht die effektive Steuerung von Einspritzmenge und -zeitpunkt in Abhängigkeit vom Betriebszustand des Motors. Dafür stehen dem rein elektronischen Motor Control Management (MCM)[16] drei verschiedene Profile zur Verfügung: Boot (spät einsetzende Druckverstärkung), Square (früh einsetzende Druckverstärkung) und Ramp (eine Mischung aus beidem). Das Profil Boot zeichnet sich durch zwei aufeinander folgende Plateaus aus, wobei ersteres niedriger angesiedelt ist als letzteres. Beim Profil Ramp erfolgt der Druckanstieg in zwei Phasen, um ein spezifisches Plateau zu erreichen. Das letzte Profil, Square, kennzeichnet ein rechteckiger Druckverlauf, bei dem das Plateau-Niveau länger aufrechterhalten bleibt.[17] Die Motorsteuerung MCM entscheidet dabei in Abhängigkeit von Motorlast und Betriebszustand, ob die Druckverstärkung früh, spät oder gar nicht erfolgt. In letzterem Fall bleibt es bei 900 bar Vordruck. Zusammen mit der frei formbaren Haupteinspritzung wird die vollständige Kontrolle von Einspritzmenge und -zeitpunkt gewährleistet.

Maßnahmen zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs

Da im neuen Actros die standardmäßige Achsübersetzung zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs länger ausfällt als bislang (2,611 : 1, zuvor 2,846 : 1), verfügen die drei kleineren Varianten des OM 471 über die Top Torque Elektronik, die im größten Gang zusätzliche 200 Nm Drehmoment zur Verfügung stellt. Somit besitzt der Motor im Drehzahlband zwischen 800/min und 1400/min mehr Durchzugsvermögen und der Fahrer kann länger im höchsten Gang fahren. Daneben sorgen der asymmetrisch gestaltete Turbolader und lastgesteuerte Nebenaggregate (Wasser- und Lenkhilfepumpe) für größtmögliche Effizienz.

Unterstützt wird die Motorbremse von einem Wasserretarder der Firma Voith, der hinten am Getriebe angebracht ist. Dieser läuft mit etwa doppelter Gelenkwellendrehzahl und erreicht bis zu 600 kW Bremsleistung bzw. 3500 Nm Bremsmoment. Der Sekundärretarder (SWR) nutzt die Kühlflüssigkeit (auch zur Schmierung) anstatt einer Ölfüllung, welche die Wämeenergie aufnimmt und über einen Wärmetauscher an die Motorkühlung abgibt. Der neue Retarder wiegt dabei etwa 30 Kilogramm weniger als der bisherige Ölretarder (65kg statt rund 100kg).

Abgasreinigung

Zur Erreichung der Euro 6-Abgasnorm sind verschiedene Emissionsminderungseinrichtungen zur Abgasnachbehandlung notwendig. Zur Reinigung der Abgase wird daher eine Kombination aus gekühlter Abgasrückführung (AGR), Partikelfilter und SCR-Technik (Selective Catalytic Reduction). Zur Reduzierung der Stickoxide (NO, NO2) setzt Daimler auf die seit 2005 verwendete 32,5-prozentige Harnstofflösung AdBlue. Durch diesen Zusatz (chemischer Katalysator) kann die chemische Reaktion bei niedrigeren Temperaturen erfolgen. Bei Euro 5 hingegen verzichtet Mercedes-Benz auf den Partikelfilter und setzt auf eine niedrigere Abgasrückführmenge. Hierdurch benötigen die Euro 5-Varianten weniger Kühlluft zur Senkung der Temperatur des AGR-Systems.

Abwandlungen der Baureihe

Zukünftig wird die neue Motorenfamilie auch von der Tognum AG (vormals MTU Friedrichshafen)[18] unter eigener Nomenklatur angeboten werden: MTU 6R 1100 C (OM 470), MTU 6R 1300 C (OM 471) und MTU 6R 1500 C (OM472). Diese Triebwerke sind nach EU-Stufe IV und US EPA Tier 4 final (Off Highway-Motoren) homologiert und werden ab 2014 für Agrar- und Baufahrzeuge angeboten.

Erhältlich sein wird der Euro 6-Diesel OM 471 auch für Mercedes-Benz und Setra Omnibusse in zwei Ausführungen mit 350 kW (476 PS) und 375 kW (510 PS) sowie 2300 und 2500 Nm. Um das Aggregat in die flacheren Motorraume der Omnibusse einbauen zu können, wurde eine spezielle, besonders niedrige Ölwanne konstruiert. Als ersten Omnibus mit dem neuen Euro 6-Motor OM 471 LA präsentiert EvoBus (umfasst Mercedes-Benz Buses und Setra) den Travego "Edition 1" auf der diesjährigen Fachmesse Busworld im belgischen Kortrijk (21.-26. Oktober 2011).

Unterhalb der Baureihe OM 47x wird für Atego und Vario derzeit eine neue Generation von Vier- und Sechszylinderreihenmotoren entwickelt. Sie werden die aktuellen Baureihen OM 904/924 (4,25 L bzw. 4,8 L Hubraum) und OM 906/926 (6,37 L bzw. 7,2 L Hubraum) ersetzen und wie auch der OM 47x über eine Commonrail-Einspritzung mit X-Pulse Systematik verfügen. Bei Tognum erhalten diese neuen Motoren die Bezeichnungen MTU 4R 1000 C und MTU 6R 1000 C. Die maximale Leistungsspanne der neuen Motoren wird zwischen 100 kW (136 PS) und 260 kW (353 PS) liegen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Das vorangestellte h in der Motorenbezeichnung verweist auf die horizontale Einbaulage des Triebwerks.
  2. a b Vgl. dazu auch die Ausführungen Hermann Dopplers, Folien 2-4. Doppler zeichnet als Head of Global Engine Operations Daimler Trucks seit Anlauf des Projekts im Jahr 2002 für die Entwicklung der Motorbaureihe verantwortlich.
  3. Siehe auch "Mercedes-Benz Mannheim liefert schweren Lkw-Motor nach Japan", Pressemeldung, Daimler AG, 23. April 2010.
  4. Vgl. hierzu die Präsentation Georg Weibergs, Folie 4.
  5. Siehe "Mercedes-Benz: Bühne frei für den Citaro" — EuroTransport, Online-Magazin, 9. August 2011. Daneben auch "Mercedes-Benz Citaro: Erstmals ESP bei einem Stadtbus" — T-Online News Nutzfahrzeuge, 24. Mai 2011.
  6. a b Zur gesetzlichen Regelung und Aufstellung der Schafstoffgrenzwerte siehe "Euro-5- und Euro-6-Normen: Verringerung der Schadstoffemissionen von leichten Kraftfahrzeugen" — Verordnung (EG) Nr. 715/2007, Zusammenfassung der Rechtsvorschrift.
  7. Siehe hierzu die Angaben in den entsprechenden Motordatenblättern zum OM 501 V6, OM 502 V8, OM 457 (h)LA sowie OM 460 (Detroit Diesel MBE4000), dort S. 65-66. Zudem: Verzeichnis sämtlicher OM 500er Motoren im Actros.
  8. Siehe lastauto omnibus, 8/2011, Seite 40.
  9. Zu den einzelnen Daten siehe Datenblätter der Wettbewerber: Scania DC 13, MAN D26 CR, DAF Paccar MX, Volvo D13C, Renault DXi 13 sowie Iveco Cursor 13. Als anteiliges Gesamtdokument: trucker 8/2011, Vergleichstest Kipper.
  10. Volvo und Renault verwenden für ihre Fahrzeuge baugleiche Motoren. Allerdings stehen bei Volvo Varianten zwischen 279 und 397 kW (380-540 PS) zur Wahl, während Renault nur Typen zwischen 324 und 382 kW (440-520 PS) verwendet.
  11. Die neu vorgestellte Euro 6-Version des Cursor 13 wird erstmals über eine Common-Rail-Einspritzung verfügen (vgl. dazu lastauto omnibus 8/2011, S. 6).
  12. Schätzung anhand lastauto omnibus 8/2011, S. 20: befüllt 1121 kg.
  13. Siehe den Bericht zur Verbrauchsfahrt Record Run unter http://www.record-run.com (12. August 2011).
  14. a b c Vgl. hierzu auch die Präsentation Dr. Elmar Böckenhoffs, Folie 2, sowie die entsprechenden Motordaten der MTU-Varianten.
  15. Die Firma HAF Marine Diesel in Buchholz marinisiert Dieselmotoren der Firmen MAN, Mercedes-Benz und MTU zum Einsatz in verschiedenen Schiffstypen.
  16. Die MCM stellt eine Weiterentwicklung des MR2 dar und wurde bereits für die Baureihen OM 500 und OM 457 verwendet.
  17. Vgl. Böckenhoff, Folie 10.
  18. Daimler ist zusammen mit Rolls-Royce Mehrheitsaktionär der Tognum AG (zusammen 94% der Anteile). Siehe auch "Tognum-Kauf: Daimler und Rolls-Royce sichern sich satte Mehrheit", Handelsblatt, 24. Juni 2011

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