Carabinieri

Carabinieri
Wappen der Carabinieri
Carabinieri zu Pferde mit traditioneller Uniform
Alfa Romeo 159 der Carabinieri in Rom

Die Carabinieri (it.: Arma dei Carabinieri, dt.: „Karabinier-Truppe“) sind die Gendarmerie Italiens mit fast 200-jähriger Geschichte. Seit dem Jahr 2000 bilden sie in den italienischen Streitkräften eine eigenständige Teilstreitkraft neben Heer, Marine und Luftwaffe. Sie gehören organisatorisch dem Verteidigungsministerium an, das auch den Haushalt der Carabinieri finanziert. Abseits militärischer und administrativer Belange unterstehen sie jedoch dem Innenministerium, das allen italienischen Polizeieinheiten gegenüber weisungsbefugt ist. Die Carabinieri sind wie die Guardia di Finanza militärisch gegliedert. Ihre Personalstärke liegt bei etwa 110.000 Männern und Frauen. Die Notrufnummer ist 112.

Inhaltsverzeichnis

Auftrag

Die Carabinieri entstanden als eine Truppengattung des italienischen Heeres, dem sie bis zum Jahr 2000 angehörten. Heute sind sie eine eigenständige Teilstreitkraft, doch ihre Aufgaben haben sich in den letzten zwei Jahrhunderten kaum verändert. Die Carabinieri stellen die Militärpolizei der italienischen Streitkräfte und unterscheiden sich diesbezüglich nur unwesentlich von anderen Militärpolizeien wie z.B. den Feldjägern der Bundeswehr. Darüber hinaus haben sie im Verteidigungsfall die Aufgabe, mit eigenen, vorwiegend infanteristischen Verbänden und sonstigen Einheiten an der Grenzsicherung und Landesverteidigung mitzuwirken. In diesem Zusammenhang stellen sie im weitesten Sinn ein Territorialheer dar.

Der Großteil der Carabinieri versieht nach Weisung des Innenministeriums allgemeinen Polizeidienst, einige spezialisierte Einheiten sind in Bereichen wie Verbraucherschutz, Gesundheitswesen, Umweltschutz oder Kulturgüterschutz auch im Auftrag anderer Ministerien tätig. Hierbei unterscheiden sich die Carabinieri kaum von der Polizia di Stato Italiens und sonstigen Staats- und Landespolizeien anderer Staaten. Der Grund für das Bestehen zweier nationaler Polizeiorganisationen mit allgemeinen Aufgaben liegt in dem Bestreben, eine übermäßige Machtkonzentration in einer Hand bzw. in einem Ministerium zu verhindern. In Italien, aber auch in Frankreich (Gendarmerie Nationale), Spanien (Guardia Civil) und anderen Staaten „passen“ Militär- und Zivilpolizei nicht nur auf die Bevölkerung, sondern auch aufeinander „auf“. Der dadurch manchmal entstehende Effizienzverlust durch Redundanzen wird nach vorherrschender Ansicht dadurch aufgewogen, dass eventuellem Macht- und Amtsmissbrauch einer einzigen nationalen Polizei durch die Aufteilung in zwei verschiedene Polizeikörper vorgebeugt werden kann. Darüber hinaus verbessere das in Italien relativ ausgeprägte Konkurrenzverhältnis zwischen den Polizeien die Motivation ihrer jeweiligen Angehörigen. Die Dualität von militärischer Gendarmerie und ziviler Polizei entstand (auch in Deutschland, vgl. Landjäger) wegen der früher ausgeprägten Unterschiede zwischen Stadt und Land. Für die Städte waren die bürgerlichen Zivilpolizeien zuständig, das bäuerlich geprägte Land überließ man dem Militär bzw. den zu diesem Zweck aufgestellten paramilitärischen Polizeitruppen wie den Carabinieri. Diese historisch gewachsene Polizeiorganisation ist heute noch an dem engmaschigen Netz von Carabinieri-Stationen auf dem Land zu erkennen.

Organisation

Carabinieri-Offiziere. Von links: Oberst, Generalmajor, zwei Brigadegeneräle
Struktur Carabinieri Kommando Mobile & Spezielle Verbände

Dem Comando Generale (Oberkommando) sind fünf Fachbereiche unterstellt:

Straftaten im militärischen Bereich werden ausschließlich durch die Carabinieri aufgeklärt, ebenso schwere Disziplinarverfahren.
Die NATO kann für Ermittlungs- und Schutzaufgaben Carabinieri anfordern.

Zu den Carabinieri gehört das Regiment der Corazzieri, das dem Präsidenten der Republik als Ehrengarde und Sicherheitsdienst zugeteilt ist. Bei offiziellen Anlässen tritt das Regiment hoch zu Ross in einer repräsentativen Kürassier-Uniform mit glänzenden Harnischen in Erscheinung.

Uniform

Ein Carabiniere
Granatemblem der Carabinieri

Die Carabinieri tragen seit ihrer Gründung eine dunkelblaue Uniform mit eigenen Kragenspiegeln und Rangabzeichen. Die Uniformhosen hatten bei den Infanterie-Einheiten einfache, bei den Kavallerie-Einheiten doppelte rote Längsstreifen. Dieses Uniform-Design hat sich bis heute erhalten. Bei besonderen Anlässen wird es durch einen Dreispitz ergänzt. In den 1960er und 1970er Jahren trugen die Carabinieri einen khakifarbenen Dienstanzug, der sich von denen anderer Heerestruppen nur unwesentlich unterschied.

Wie etliche andere Gendarmerietruppen tragen die Carabinieri auf ihren Kopfbedeckungen eine stilisierte Granate als Emblem. Dieses Emblem stammt von den Grenadieren, die früher im Rahmen der Infanterie eine Elite bildeten. Ihr Emblem wurde später zum Erkennungszeichen für Elitetruppen. Da die Carabinieri wie die piemontesischen Grenadiere in ihrem Bereich ebenfalls eine besondere Stellung hatten, übernahmen sie (später auch andere Truppen, jedoch mit Modifikationen) dieses Emblem. Napoleon bezeichnete seine Carabiniers auch gern als „Grenadiere zu Pferde“, weil sie wie die Grenadiere u.a. auch mit Handgranaten ausgerüstet waren.

Siehe auch: Dienstgradabzeichen der Carabinieri

Geschichte

Carabinieri in Venedig (1924)
Carabinieri-Fallschirmjäger des 1. Regiments „Tuscania“ (Militärparade in Rom, 2. Juni 2007)
Boot der Carabinieri in Venedig

Durch Erlass König Viktor Emmanuels I. von Piemont-Sardinien vom 13. Juli 1814 wurden die Carabinieri als Truppengattung des Heeres mit militärischen und polizeilichen Aufgaben ins Leben gerufen. Die Bezeichnung Carabinieri wurde gewählt, weil man im Zuge der Restauration wie in den Niederlanden bei der Koninklijke Marechaussee bewusst nicht auf die napoleonische Gendarmerie Bezug nehmen wollte. Karabiniers hatte es zwar zuvor bereits in Piemont-Sardinien gegeben, auch in verschiedenen anderen Staaten waren sie üblich, jedoch ohne spezifisch polizeiliche Aufgaben. Das Carabinieri-Corps bestand aus Truppen zu Fuß und zu Pferd, seine Ausstattung sowie sein militärischer Auftrag ähnelten den Jägern zu Fuß und zu Pferde bzw. leichten Dragonern. Organisatorisch wurden sie trotz ihrer infanteristischen Komponente zur Kavallerie gezählt, zumal Piemont bereits vor 1808 mit den Dragoni di Sardegna ein Kavallerie-Regiment für Sicherheitsaufgaben im Inneren aufgestellt hatte. Das Personal rekrutierte sich vorwiegend aus der Linieninfanterie und hatte besondere Einstellungs- bzw. Übertrittsbedingungen zu erfüllen, weswegen die Carabinieri auch als Elitetruppe angesehen werden und bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Heer im Jahr 2000 dort Vorrang gegenüber dessen anderen Truppengattungen hatten.

Die Feuertaufe erhielt die noch sehr kleine Carabinieri-Truppe kurz nach ihrer Aufstellung. Als Napoleon im März 1815 aus seiner Verbannung auf Elba nach Frankreich zurückkehrte, erklärten ihm fast alle europäischen Mächte den Krieg. An der Eroberung der französischen Festung Grenoble war eine kleine Carabinieri-Einheit zu Pferde beteiligt, die am 6. Juli 1815 eine entscheidende Attacke gegen die Franzosen ritt. Auch bei späteren Kriegen waren immer Carabinieri als Militärpolizisten im Einsatz und nicht selten direkt in Kampfhandlungen verwickelt. Von 1848 bis 1870 waren die Carabinieri an den italienischen Einigungskriegen beteiligt. Besonders zeichneten sie sich hier bei Pastrengo aus. 1855 waren unter den fast 19.000 piemontesischen Soldaten, die am Krimkrieg teilnahmen, 70 Carabinieri. Auch sie waren in die schweren Kämpfe bei Sewastopol verwickelt.

Kurz nach der Einigung Italiens gab es rund 18.000 Carabinieri, die in 13 territoriale Legionen organisiert waren, denen über Unterkommandos insgesamt 1.800 Stationen im ganzen Land unterstanden. Hinzu kam eine Ausbildungslegion in Turin.

Von 1897 bis 1906 beteiligten sich die Carabinieri an einem internationalen Einsatz auf Kreta, wo es zu einem Volksaufstand gegen die Osmanen gekommen war. Hier trugen die Carabinieri wesentlich zum Aufbau der „kretischen Gendarmerie“ bei. Auch in anderen Ländern leisteten sie in der Folge Hilfe beim Aufbau von Polizeiorganisationen. Einen Großeinsatz im Inland löste 1908 das schwere Erdbeben von Messina aus. Für die Rettung zahlreicher Menschenleben erhielten sie eine hohe Auszeichnung.

Im Ersten Weltkrieg beliefen sich die Verluste der Carabinieri auf 1.423 Gefallene und 5.245 Verwundete, im Zweiten Weltkrieg (1940–1945) auf 4.618 Gefallene und 15.124 Verwundete. Carabinieri-Bataillone wurden z. T. wie Infanterie eingesetzt, so im Juli 1915 auf dem Podgora (Görz) oder 1941 in Culquaber (Ostafrika) und Eluet el Asel (Nordafrika). Während des Faschismus beteiligten sich Carabinieri-Einheiten an Kriegsverbrechen in Nord- und Ostafrika. Ab 1943 arbeiteten zahlreiche Carabinieri mit dem italienischen Widerstand (Resistenza) zusammen. Besonders bekannt ist in Italien der Fall des Unteroffiziers Salvo D’Acquisto, der sein Leben für Zivilisten gab, die von der SS erschossen werden sollten.

An den internationalen Friedensmissionen, die verstärkt seit 1991 von der UNO ins Leben gerufen wurden, beteiligten sich immer auch Carabinieri. In letzter Zeit gibt es in den italienischen Streitkräften die Tendenz, friedenserhaltende Einsätze (peacekeeping) immer mehr den Carabinieri zu überlassen, während friedensschaffende Maßnahmen (peace enforcing) eher in den Aufgabenbereich der anderen Teilstreitkräfte fallen. Die oft zitierte „Zwitterstellung“ der Carabinieri, also eine militärische Truppe die vorwiegend zivile Aufgaben hat, scheint in den Szenarien friedenserhaltender Missionen eine Renaissance zu erfahren. Eher militärische Komponenten werden mit erfahrenen Ermittlungskräften der territorialen Einheiten verbunden und arbeiten auch in relativ gefährlichen Gebieten auf recht fruchtbare Weise in einem einheitlichen Organisationsrahmen zusammen.

Angesichts der langen Tradition der direkten Beteiligung an militärischen Operationen unterhalten die Carabinieri auch heute noch eigene Kampfverbände. Während des Kalten Krieges hatten die Carabinieri eine eigene mechanisierte Brigade (11.). Heute hat die 2. mobile Brigade in Livorno entsprechende Aufgaben. Ihr unterstehen ein Fallschirmjägerregiment (1. „Tuscania“) und zwei Infanterieregimenter (7. und 13.). Diese Kräfte haben sich in den letzten Jahren immer mehr auf humanitäre und polizeiliche Aufgaben im Ausland spezialisiert.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Carabinieri – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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