Eberhard Heinrich Daniel Stosch

Eberhard Heinrich Daniel Stosch

Eberhard Heinrich Daniel Stosch (* 16. März 1716 in Liebenberg; † 27. März 1781 in Frankfurt (Oder)) war ein deutscher reformierter Theologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Stosch war der Sohn des Pfarrers Ferdinand Stosch, der später in Potsdam Hofprediger wurde.

Schulzeit und Studium

Zunächst war Stosch durch Hauslehrer unterrichtet worden; 1729 wurde er Zögling des Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin und trat im Jahr darauf in dessen theologisches Seminar ein. Dort erwarb er ein umfangreiches Wissen in den einzelnen Zweigen der Theologie und Philosophie. 1733 begann er, gefördert durch ein kurmärkisches Stipendium, ein Studium der philosophischen und theologischen Wissenschaften an der Universität Frankfurt an der Oder. Paul Ernst Jablonski und Tilemann Heinrich Siegel waren dort seine Hauptlehrer auf dem Gebiet der Theologie. Bei Nikolaus Westermann hörte er Rhetorik, bei Johann Friedrich Polack Philosophie, bei Johann Lorenz Fleischer Naturrecht und bei Johann David Grillo Sprach- und Altertumskunde.

Berufstätigkeit

1736 arbeitete Stosch in Berlin als Hauslehrer. 1737 wurde er Königlicher Kandidat des Predigtamtes, im Jahr darauf wurde er in Jerichow Pfarrgehilfe des dortigen hochbejahrten Predigers. Günstig auf seine Weltsicht wirkte eine Reise, welche ihn 1741 durch einen Teil von Deutschland, die Schweiz und Holland führte. Er berührte auf dieser Reise Wittenberg, Halle, Leipzig, Jena, Weimar, Gotha, Kassel, Marburg, Frankfurt am Main, Heidelberg und Tübingen, auf der Rückreise unter anderem Hamburg und Bremen. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Schweiz, wo er Schaffhausen, Zürich und Basel besuchte, ging er über Straßburg, Duisburg und andere Orte nach Holland. Dort verweilte er ein ganzes Jahr in Leiden, Utrecht, Franecker und Gröningen und lernte die dortigen Professoren aus ihren Vorlesungen und zugleich persönlich kennen. Mit mehreren Gelehrten, deren Bekanntschaft er in Holland angeknüpft hatte, blieb er auch noch späterhin in Briefwechsel. Als Stosch 1743 nach Berlin zurückgekehrt war, vertauschte er im nächsten Jahr seine in mehrfacher Hinsicht nicht vorteilhafte Stelle in Jerichow mit dem Amt eines Pfarrers der reformieren Gemeinde in Soldin in der Neumark.

Diese Periode gehörte zu einer der glücklichsten seines Lebens, besonders durch das freundschaftliche Verhältnis mit seinem lutherischen Amtskollegen. Er lehnte daher 1747 einen Ruf zum Prediger der reformierten Gemeine in Celle ab. Als ihm eine Professur der Theologie auf der Universität Duisburg angetragen wurde, folgte er 1748 diesem Ruf und wurde noch im gleichen Jahr Doktor der Theologie. 1749 ging er als Professor der Theologie an die Universität Frankfurt an der Oder. Man übertrug ihm auch das Ephorat der Ungarischen Stipendiaten und er wurde Aufseher der reformierten Schule. Sein Wirkungskreis erweiterte sich, als er neben seiner Professur 1755 Inspektor und erster Prediger bei der reformierten Gemeine in Frankfurt an der Oder wurde. Zwei Jahre später vermählte er sich mit Marianne Esther Causse († 19. September 1809 in Frankfurt an der Oder), der Tochter eines französischen Predigers und der Schwester eines seiner Amtskollegen. Stosch hatte sich auch an den organisatorischen Aufgaben der Frankfurter Hochschule beteiligt und war 1757, 1767 sowie 1775 Rektor der Alma Mater.

Wirken

Die wenigen Schriften, die er verfasste, sprachen unverkennbar für seinen gründlichen Forschungsgeist, besonders seine Untersuchungen über den Kanon des Neuen Testaments, die er in den I. 1750–1751 in drei lateinischen Dissertationen, und 1755, mit seinem Programm „de cura Veteris Ecclesiae circa libros Novi Testamenti" vermehrt, drucken ließ. In jenen Abhandlungen wies Stosch mit hinreichenden Gründen nach, dass der Ursprung des neutestamentlichen Kanons der Sorge und der Bemühungen einzelner Kirchen beizumessen sei, denen die Schriften der Apostel durch eine gewisse und unfehlbare Tradition zugekommen wären. Auf diese Weise trat er der Ansicht entgegen, nach welcher der neutestamentliche Kanon durch einen öffentlichen Beschluss der apostolischen Kirche oder eines Konziliums verfertigt worden sei.

Die vielfach verbreitete Meinung von einer bloß mündlichen Fortpflanzung der göttlichen Offenbarungen unter den Patriarchen suchte Stosch 1752 in seiner Abhandlung „de revelatione ante Mosen scripto consignata“ durch Zeugnisse zu widerlegen, die er aus einzelnen Stellen des Pentateuchs und besonders aus der Weissagung Henochs entnahm. Mit viel Scharfsinn prüfte er auch 1753 in drei lateinischen Dissertationen die verschiedenen Ansichten von dem Wert des Beweises für die Göttlichkeit des Christentums, den man von den Märtyrern herzuleiten pflegte. In kirchenhistorischer Hinsicht waren einige 1755 geschriebene Abhandlungen, in welchen er die Ursachen der Christenverfolgung durch die Römer genauer untersuchte.

Werke

  • Progr. de cura veteris ecclesiae circa libros Novi Testamenti. Frankfurt (Oder) 1749
  • Disputatio periodica historico - theologica prima de canona Novi Testamenti. Frankfurt (Oder) 1750, Disputatio II. Frankfurt (Oder) 1751; Disputatio III. et ultima. Frankfurt (Oder) 1751 (zusammen gedruckt wurde diese Abhandlung unter dem Titel: Comraentatio historico-critica de librorutn Novi Testamenti canone. Praeraissa est Dissertatio de cura veteris ecclesiae circa libros Novi Testamenti. Frankfurt (Oder) 1756)
  • Diss. theologica de Ecclesia divinam bibliorum inspirationem testante. Frankfurt (Oder) 1751
  • Diss. de septem Domini oculis perlustrantibus totam terram, ex Zachar. 4, 10. Frankfurt (Oder) 1751
  • Diss. de revelatione divina ante Mosen scripto consignata. Frankfurt (Oder) 1752
  • Diss. I-III., quibus argumentum pro divina religionis christianae origine a martyribus desumtum examinator. Frankfurt (Oder) 1753 -1754
  • Diss. I-III. de causis persecutionum a Romanis - contra Christianos excitatarum. Frankfurt (Oder) 1755
  • Diss. de supplicio crucis in persona sponsoris nostri secundum rationes sapientiae divinae couvenientissimo. Frankfurt (Oder) 1759
  • Diss. I-III. Argumentum pro divina chriatianae religionis origine et propagatione ejus desumtum. Frankfurt (Oder) 1767-1769
  • E. Jablonski Institutiones historioe chriatianae. Volumea tartium. Frankfurt (Oder) 1767
  • Diss. de actibus gratiae naturam emendantibus. Frankfurt (Oder) 1768
  • Introductio in Theologiam dogmaticam. Frankfurt (Oder) 1778
  • Institutionis Theologiae dogmaticae. Frankfurt (Oder) 1779

Literatur

  • Johann Georg Meusel: Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller. Gerhard Fleischer d. J., Leipzig 1813, Bd. 13, S. 436, (Online)
  • Heinrich Doering: Die gelehrten Theologen Deutschlands im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert. Verlag Johann Karl Gottfried Wagner, 1835, Neustadt an der Orla, Bd. 4, S. 405, (Online)
  • Johann Christoph Strodtmann: Das neue gelehrte Europa. Verlag Johann Christoph Meißner, Wolfenbüttel, 1756, Bd. 9, S. 30
  • Friedrich Karl Gottlob Hirsching, Johann Heinrich Martin Ernesti: Historischliterarisches Handbuch berühmter und denkwürdiger Personen, welche in dem achtzehnten Jahrhundert gelebt haben. Verlag Schwickert, Leipzig 1809, Bd. 13, S. 1, (Online)
  • J. Spee: Aus dem Reisejournal des Eberhard Heinrich Daniel Stosch. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. Bd. 82, 1971, S. 66 ff. auch In: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins. Bd. 15, 1879, S. 191-226.
  • Erich Wenneker: Stosch, Eberhard Heinrich Daniel. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 15, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-077-8, Sp. 1353–1355.
  • Paul TschackertStosch, Eberhard Heinrich Daniel. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 36, Duncker & Humblot, Leipzig 1893, S. 462.

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