Carl-Hans Hauptmeyer

Carl-Hans Hauptmeyer

Carl-Hans Hauptmeyer (* 21. Oktober 1948 in Hannover) ist ein deutscher Historiker mit dem Schwerpunkt Regionalgeschichte.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Hauptmeyer besuchte das Gymnasium Bismarckschule in Hannover und legte dort 1967 das Abitur ab. Anschließend studierte er an der Technischen Hochschule Hannover Geschichte und Geographie sowie die Begleitfächer Politische Wissenschaft, Pädagogik und Philosophie und legte im Dezember 1972 das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien ab. Nach einer Graduiertenförderung wurde er im November 1973 Wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl von Prof. Dr. Joachim Leuschner, Historisches Seminar der Technischen Universität Hannover. Im Februar 1975 wurde er promoviert und im Mai 1978 habilitierte er sich an der hannoverschen Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften für das Lehrgebiet Mittlere und Neuere Geschichte. Er erhielt 1979 ein Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft und vertrat 1980 und 1981 eine Professur für spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte an der Universität Hamburg. 1981 wurde er an die Universität Hannover berufen und versieht dort - seit 1983 dauerhaft - das Lehrgebiet Geschichte des Späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit unter Einschluss der Regional- und Lokalgeschichte. Im Herbst 1993 nahm er eine Gastprofessur an der University of Nebraska in Lincoln (USA) wahr. Seine Themengebiete in Forschung und Lehre sind: Theorie und Anwendung der Regionalgeschichte, Stadtgeschichte, Geschichte ländlicher Räume, Wirtschafts- und Sozialgeschichte Niedersachsens, Geschichte des Späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Schon frühzeitig nahm er zahlreiche Ämter in der akademischen Selbstverwaltung wahr, vertrat z.B. von 1995 bis 2002 die Universität Hannover beim Philosophischen Fakultätentag oder war 1995-1998 Dekan des Fachbereichs Geschichte, Philosophie und Sozialwissenschaften der Universität Hannover. Seit 1990 konnte Hauptmeyer immer wieder Drittmittel für regionalgeschichtliche Forschungsprojekte akquirieren, 2009 z.B. aus der Förderlinie der VolkswagenStiftung „Forschung in Museen“ ein Vorhaben zur innerdeutschen Grenze in Bild und Film.

Wissenschaftliche Tätigkeit

Seine wissenschaftliche Arbeit begann Hauptmeyer mit sozial- und verfassungshistorischen Studien zur spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadtgeschichte Oberdeutschlands. Im Mittelpunkt stand seine Dissertation zur Herrschaft in der ehemaligen Reichsstadt Isny im Allgäu. Auch in der Folgezeit widmete er sich immer wieder der Stadtgeschichte, u.a. am Beispiel von Quakenbrück oder Goslar, vor allem aber von Hannover. Anlässlich der Vorbereitung seiner Habilitationsschrift stieß er im Staatsarchiv Bückeburg auf eine umfangreiche Überlieferung zu einer Bauernrevolte am Ende des 18. Jahrhunderts. Daran anschließend publizierte er diverse Beiträge zu frühneuzeitlichen bäuerlichen Oppositionen in Nordwestdeutschland und zur Rolle der ländlichen Gemeinden. Seine Habilitationsschrift widmete sich dem Absolutismus und dem Souveränitätsproblem am Beispiel der Grafschaft Schaumburg bzw. Schaumburg-Lippe. Seine niedersächsischen Studien vertiefte er u.a. mit einer Wirtschafts- und Sozialgeschichte Niedersachsens im Mittelalter, der Frage, wie Niedersachsen im Weltsystem insbesondere der Frühen Neuzeit zu verorten sei und mit monographischen Übersichten zur niedersächsischen Geschichte. Fußend auf dem Studium der Geographie und seinen Arbeiten zur Agrargeschichte beschäftigt sich Hauptmeyer bereits seit Mitte der 1970er Jahre mit der Entwicklung ländlicher Räume und der Dorferneuerung. Gemeinsam mit Prof. Dr. Gerhard Henkel, von der Universität Duisburg-Essen, begründete er den Bleiwäscher Kreis, den er dreißig Jahre lang gemeinsam mit Henkel bis 2007 leitete. Die vielfältigen Anregungen aus den Tagungen mit Geographen, Planern, Politikern und Verwaltungsfachleuten setzte er in diversen Einzelstudien um. So wirkte er 1988 u.a. am Studiengang Dorfentwicklung des Deutschen Instituts für Fernstudien in Tübingen mit. Die praktische Anwendung regionalgeschichtlicher Erkenntnisse führte zu diversen Beiträgen zur Theorie der kleinräumig orientierten Geschichte und zur angewandten Regionalgeschichte.

Ehrenamtliche Tätigkeit

Seine interdisziplinär angelegte regionalgeschichtliche Arbeit setzte er in diversen ehrenamtlichen Tätigkeiten um. Seit 1975 ist er Mitglied des „Arbeitskreises für genetische Siedlungsforschung in Mitteleuropa“ (jetzt ARKUM), seit 1979 Mitglied der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Dort leitet er seit 2003 den von Ernst Hinrichs und Karl Heinrich Kaufhold begründeten „Arbeitskreis Wirtschafts- und Sozialgeschichte“. Anfang der 1980er Jahre baute er beim Niedersächsischen Heimatbund (NHB) die bis 1991 bestehende Kontaktstelle Regionalforschung zur Heimatforscherfortbildung auf. Mit kurzzeitigen Unterbrechungen leitet Hauptmeyer seit 1983 die Fachgruppe Geschichte im NHB. 1998 gründete Hauptmeyer das Niedersächsische Institut für Historische Regionalforschung, dem er bis 1998 vorstand. An der Universität Hannover war er Mitbegründer der interdisziplinären „Arbeitsgruppe Regionalgeschichte“ (1982) sowie „Dorf und ländlicher Raum“ (1986). Als Vorsitzender schließlich vereinte er diese und weitere Arbeitsgruppen 2010 zur „Forschungsinitiative Raum und Region“, die anwendungsorientierte Forschungs- und Lehrprojekte durchführt. In Kooperation mit der „Akademie für Raumforschung und Landesplanung“ wirkte er 2000 an der Gründung des Kompetenzzentrums für Raumforschung und Regionalentwicklung in der Region Hannover mit und leitete dieses von 2007 bis 2009.

Schriften (Auswahl)

Schriften im Umfang von Monographien

  • Verfassung und Herrschaft in Isny. Untersuchungen zur reichsstädtischen Rechts-, Verfassungs- und Sozialgeschichte, vornehmlich in der frühen Neuzeit. Göppingen 1976 =Göppinger akademische Beiträge 97 (Dissertation)
  • Souveränität, Partizipation und absolutistischer Kleinstaat. Die Grafschaft Schaumburg (-Lippe) als Beispiel. Hildesheim 1980 =Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens 91 (Habilitationsschrift)
  • Calenberg. Geschichte und Gesellschaft einer niedersächsischen Landschaft. Hannover 1983 (populärwissenschaftlich)
  • Die Residenzstadt Hannover. Von der Residenznahme 1636 bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. In: Geschichte der Stadt Hannover (hg. v. Klaus Mlynek u. Waldemar R. Röhrbein), Hannover 1991, S. 137-264
  • Niedersächsische Wirtschafts- und Sozialgeschichte im hohen und späten Mittelalter (1000-1500). In: Geschichte Niedersachsens (hg. v. Ernst Schubert) 2,1, Hannover 1997, S. 1039-1378
  • Niedersachsen. Landesgeschichte und historische Regionalentwicklung im Überblick. Oldenburg 2004
  • Geschichte Niedersachsens. München 2009 =C.H. Beck-Wissen

Quellenedition

  • Quellen zur Dorf- und Landwirtschaftsgeschichte. Der Raum Hannover im Mittelalter und in der Neuzeit. Bielefeld 1992 =Hannoversche Schriften zur Regional- und Lokalgeschichte 3 (gemeinsam mit Jürgen Rund u.a., eigener Beitrag: Mittelalter, S. 32-109)

Aufsatzsammlungen

  • Annäherungen an das Dorf. Geschichte, Veränderung, Zukunft. Hannover 1983 (gemeinsam mit Heinar Henckel u.a.)
  • Landesgeschichte heute. Göttingen 1987 =Kleine Vandenhoeck-Reihe 1522
  • Goslar und die Stadtgeschichte. Forschungen und Perspektiven 1399-1999. Bielefeld 2001 =Beiträge zur Geschichte der Stadt Goslar 48 (gemeinsam mit Jürgen Rund)
  • EXPO 2000. Die Firma - Eine Unternehmensgeschichte. Hameln 2002 (gemeinsam mit Jürgen Rund)

Wissenschaftliche Aufsätze allgemein

  • Die Bauernunruhen in Schaumburg-Lippe 1784-1793. Landesherr und Bauern am Ende des 18. Jahrhunderts. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 49, 1977, S. 149-207
  • Zur Wirtschaftsgeschichte Quakenbrücks im 13. bis 16. Jahrhundert. In: Quakenbrück - von der Grenzfestung zum Gewerbezentrum (hg. v. Horst R. Jarck), Osnabrück 1985, S. 176-187
  • Die Residenzstadt Hannover im Rahmen der frühneuzeitlichen Stadtentwicklung. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 61, 1989, S. 61-85
  • Die Landgemeinde in Norddeutschland. In: Landgemeinde und Stadtgemeinde in Mitteleuropa. Ein struktureller Vergleich (hg. v. Peter Blickle), München 1991, S. 359-381
  • Zu Theorien und Anwendungen der Regionalgeschichte. In: Jahrbuch für Regionalgeschichte und Landeskunde 21, 1997/98, S. 121-130
  • Nouveaux groupes marginaux et classes inférieures. In: Les Européens (hg. v. Hélène Ahrweiler u. Maurice Aymard), Paris 2000, S. 313-320
  • Wozu heute Regionalgeschichte? In: Herrschaftspraxis und soziale Ordnung. Ernst Schubert zum Gedenken, Hannover 2006, S. 555-568
  • Die europäische Stadt. Von den Anfängen bis ins 21. Jahrhundert. In: Gestaltungsraum europäische StadtRegion (hg. v. Renate Bornberg u.a.), Frankfurt a.M. 2009, S. 29-41

Anwendungsorientierte Aufsätze speziell

  • Geschichte und Geographie. Beziehungen und Gemeinsamkeiten in Forschung, Hochschullehre und Abiturprüfung. In: Internationales Jahrbuch für den Geschichts- und Geographieunterricht 17, 1976, S. 132-144
  • Geschichtswissenschaft und erhaltende Dorferneuerung. In: Berichte zur deutschen Landeskunde 53, 1979, S. 61-79
  • Zukunft in der Vergangenheit. Dorfgeschichte als Grundlage der Dorfentwicklung. In: Grundlagen der Dorfentwicklung, Tübingen 1988, S. 11-57 (Studienmaterialien des Deutschen Instituts für Fernstudien)
  • Kulturlandschaftsforschung und Kulturlandschaftspflege aus regionalhistorischer Sicht. In: Siedlungsforschung 14, 1996, S. 301-313
  • Planung aus historischer Perspektive. Was trägt die Geschichtswissenschaft zur räumlichen Planung bei? In: Planungen für den Raum zwischen Integration und Fragmentierung (hg. v. Dietmar Scholich u. Peter Müller) Frankfurt a.M. usw. 2010, S. 57-68

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