Carl Arthur Scheunert

Carl Arthur Scheunert
Carl Arthur Scheunert auf einer anlässlich seines 100. Geburtstags erschienenen DDR-Briefmarke

Carl Arthur Scheunert (* 7. Juni 1879 in Dresden; † 12. Januar 1957 in Basel) war ein deutscher Veterinär. Er wirkte als Professor an der Tierärztlichen Hochschule Dresden, an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin und an der Universität Leipzig. Darüber hinaus war er erster Präsident der Reichsanstalt für Vitaminprüfung und Vitaminforschung und ab 1951 Direktor des Instituts für Ernährung und Verpflegungswissenschaft in Potsdam-Rehbrücke. Er gilt als Begründer der Vitaminforschung in Deutschland und neben Kurt Täufel als Nestor der ernährungswissenschaftlichen Forschung in der DDR.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Arthur Scheunert wurde 1879 in Dresden geboren und studierte dort auch Chemie. Er trat während seines Studiums dem Corps Gothia bei und wurde später Alter Herr im Corps Altsachsen Dresden. Darüber hinaus studierte er in Leipzig sowie Basel, und promovierte 1902 an der Universität Göttingen, an der er anschließend auch als wissenschaftlicher Assistent tätig war. Später wechselte er an die Tierärztliche Hochschule Dresden, an der er 1910 zum ordentlichen Professor berufen wurde. Scheunert gelang es 1913, zusammen mit Adolf Schattke, als erstem Wissenschaftler die Magenmechanik von Tieren darzustellen. 1920 erhielt er eine Professur für Tierphysiologie an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin, von 1923 bis 1945 dann an der Universität Leipzig, wo er als Ordinarius für Veterinärphysiologie tätig war.

Ab 1923 gehörte er dem Reichsausschuss für Ernährungsforschung an. Von Beginn an konzentrierte er sich in seinem neuen Amt hauptsächlich auf die Vitamin- und Ernährungsforschung. Arthur Scheunert war Herausgeber der Zeitschrift „Die Tierernährung“, gemeinsam mit Wilhelm Stepp redigierte er mit dem Periodikum „Vitamine und Hormone“ die führende deutsche Zeitschrift auf diesem Forschungsgebiet. Eine erste zusammenfassende Arbeit über seine Ernährungsforschung erschien 1930 in der Schriftenreihe „Die Volksernährung“ unter dem Titel „Vitamingehalt der deutschen Nahrungsmittel“ in zwei Teilen. 1938 verfasste er eine Vitaminbilanz für Deutschland und setzte sich für die Vitaminisierung von Nahrungsmitteln in Deutschland ein. Zudem untersuchte er den Vitamin- und Nahrungsbedarf eines Menschen. Von 1942 bis 1945 war er erster Präsident der Reichsanstalt für Vitaminprüfung und Vitaminforschung in Leipzig, die auf sein Betreiben hin gegründet wurde – zunächst in Leipzig als provisorische Barackenanlage, für später war ihre Einbindung in eine geplantes Institut für Gesundheitsverwaltung geplant.

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung erklärte Arthur Scheunert 1933 vorzeitig seinen Austritt aus der Fachschaft der Universität Leipzig, da er zu diesem Zeitpunkt bereits dem Nationalsozialistischen Lehrerbund beigetreten war. Im Laufe der Jahre wurde er außerdem Mitglied im NS-Bund Deutscher Technik und im NS-Altherrenbund, in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) wurde er am 1. April 1941 aufgenommen. Arthur Scheunert zählte während der Zeit des Nationalsozialismus zu den führenden Ernährungswissenschaftlern, seine vornehmlich auf umfassenden Rattenversuchen gründenden Untersuchungen wurden vom Forschungsdienst und von der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft finanziert. Sie gewannen insbesondere mit dem Vierjahresplan 1936 strategische Bedeutung. Er regte zudem groß angelegte Menschenversuche an, so erhielten beispielsweise Häftlinge Zuchthaus Waldheim mehr als ein halbes Jahr lang eine Vitamin A-freie Kost, bis Gesundheitsschädigungen eintraten. Arthur Scheunert war treibende Kraft der 1941 einsetzenden Vitaminisierung der Margarine, die von seinem Leipziger Mitarbeiter Karl Heinz Wagner mit Hilfe nach der Besetzung Norwegens verfügbaren Vitamin-Konzentraten aus Fisch- und Wallebern in Gang gesetzt wurde. Außerdem war er zentraler Berater der seit 1940 einsetzenden Vitaminaktionen, förderte den Reichsvollkornbrotausschuss und unterhielt beste Kontakte zu Partei und dem Oberkommando des Heeres, namentlich Wilhelm Ziegelmayer.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er durch die zunächst Leipzig besetzt haltende amerikanische Besatzungsmacht in Weilburg an der Lahn interniert. Im Zuge der Entnazifizierung schied er am 7. Mai 1945 aus der Universität Leipzig offiziell aus. Daraufhin hielt er zwischen 1946 und 1948 eine Professur für Tierernährung und die kommissarische Leitung des Instituts für Veterinärphysiologie an der Veterinärmedizinischen Fakultät in Gießen. 1948 folgte er dem Ruf an das gerade entstehende Institut für Ernährung und Verpflegungswissenschaft in Potsdam-Rehbrücke, dessen Leitung er 1951 übernahm. Neben seiner Forschertätigkeit war Scheunert auch als Lehrer erfolgreich, da er „dank seiner glänzenden Rednergabe und seines ausgezeichneten Lehrtalentes“ den Stoff gut vermitteln konnte. Er unterrichtete Physiologie für Veterinärmediziner, und war gutachterlich tätig. Scheunert veröffentlichte eine Anzahl von Büchern, von denen das bekannteste das Lehrbuch der Veterinär-Physiologie sein dürfte. Er starb 1957 in Basel.

Auszeichnungen

Arthur Scheunert wurde 1926 zum Mitglied der Deutsche Akademien der Naturforscher Leopoldina, 1934 zum ordentlichen Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, 1942 zum auswärtigen Mitglied der Königlichen Schwedischen Akademie der Landwirtschaften und 1953 zum ordentlichen Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin ernannt. Mehrere Universitäten verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. 1936 wurde er in die Biochemische Gesellschaft in London aufgenommen, als deren Mitglied er an der Entwicklung der Nomenklatur der „Internationalen Einheiten“ für Vitamine beteiligt war. Am 7. Juni 1944 wurde ihm aus Anlass seines 65. Geburtstags für sein Lebenswerk die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen. 1951 erhielt er den Nationalpreis der DDR.

Werke (Auswahl)

  • Lehrbuch der vergleichenden Physiologie der Haussäugetiere. Berlin 1910, 1920, 1925 (als Mitherausgeber)
  • Anleitung zur Mikroskopischen und Chemischen Diagnostik der Krankheiten der Hausthiere. Hannover 1918 (als Mitautor)
  • Lehrbuch der Veterinär-Physiologie. Berlin 1939, 1951, 1957, 1965, 1976, 1987
  • Grundzüge der Fütterungslehre. Berlin und Hamburg 1952, 1959 (als Mitherausgeber der 11. und 12. Auflage)

Literatur

  • Arthur Scheunert, Ernst Mangold: Festschrift zum 75. Geburtstag von Professor Dr. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Dr. h.c. Arthur Scheunert. Reihe: Archiv für Tierernährung. Band 5. Akademie Verlag, Berlin 1954
  • Heinrich-Karl Gräfe: Carl-Arthur Scheunert - Forscher, Werk, Mensch. Deutsche Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin, Berlin 1954 (hagiographisch und mit vielen bewussten Unterlassungen zur NS-Zeit)
  • Kurzbiographie zu: Scheuner, Arthur. In: Werner Hartkopf: Die Berliner Akademie der Wissenschaften: Ihre Mitglieder und Preisträger 1700–1990. Akademie-Verlag, Berlin 1992, ISBN 3-05-002153-5, S. 316.

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