Carl Cohn

Carl Cohn

Carl (Johann) Cohn (* 19. November 1857 in Neustrelitz; † 7. Mai 1931 in Hamburg) war ein Hamburger Überseekaufmann, Politiker der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) [1] und Senator.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Beruf

Carl Cohn, der jüdischen Glaubens war, stammte aus Neustrelitz, besuchte dort wie sein Bruder Emil Cohn das Gymnasium Carolinum, bis er 1877 als Lehrling in die Hamburger Firma David Lippert & Co eintrat. David Lippert war ein Hamburger Wollhändler, der eine Cousine von Cohns Mutter geheiratet hatte. Die Firma D. Lippert & Co handelte vor allem mit Südafrika und war zeitweise auch im Diamantenhandel involviert. Im Auftrag von D. Lippert & Co ging auch Carl Cohn nach Stationen in England und Schottland nach Südafrika. Nach dem Zusammenbruch von Lippert & Co 1882, gründete Cohn 1883 die Firma Arndt & Cohn, die vor allem mit dem südlichen Afrika handelten. Arndt & Cohn hatten Niederlassungen in Durban, Port Elizabeth, Johannesburg und Kapstadt. Carl Cohns Firma Arndt & Cohn gehörte zu den größten und angesehensten hamburgischen Im- und Exportgeschäften [2], die Firma wurden 1938 „arisiert“.[3] Neben seiner kaufmännischen Tätigkeit war er auch als ehrenamtlicher Handelsrichter tätig. Zudem gehörte er den Aufsichtsräten der Hamburger Wasserwerke und der Hamburgischen Electrizitätswerke an.

Abgeordneter und Partei

Cohn war von 1913 bis 1929 durchgehend Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft. Erst in der Fraktion der Vereinigten Liberalen und ab 1919 in der Weimarer Republik in der 1918 von Ihm mitbegründeten linksliberalen DDP.

Ein Vorbild, Mentor und Wegbegleiter Carl Cohns war der ehemalige Bürgermeister Hamburgs Carl Wilhelm Petersen. So schreibt Cohn in einem Brief an Petersen am 27. September 1918: „(...) Sie haben meinem Leben einen neuen Inhalt gegeben, als Sie mich veranlassten, mich um Politik zu kümmern. Ich folgte Ihnen, weil ich nicht andere konnte; der Zauber Ihrer Persönlichkeit hatte es mir angethan (…)“.[4]

Öffentliche Ämter

Vom 23. März 1921 bis zum 20. Juni 1929 übte Cohn das Amt eines Hamburger Senators aus. [5]

Nach dem Tod von Arnold Diestel 1924 übte Cohn bis 1929, das nach dem ersten Bürgermeister einflussreichste Amt des Hamburger Senats, das des Finanzsenator aus. Die Wirtschaft Hamburgs und der Hafen wurden durch die Folgen des Ersten Weltkrieges und des Versailler Vertrages stark beeinträchtigt. Dennoch gelang es Cohn 1926 dank seiner guten Verbindungen eine billige langfristige Internationale Anleihe zu bekommen, die die Finanzsituation der Stadt nachhaltig besserte. Auch billige kurzfristige Anleihen wurden zum Schulbau benutzt. Cohns Warnungen vor den Problemen dieser Finanzierungsproblem blieben ungehört.[6] Die allgemein solide Finanzpolitik von Cohn und seine „rechte Hand“ dem Staatsrat Leo Lippmann wurden in der Hamburger Politik von den Fraktion aller nicht extremen Parteien sehr geschätzt.[7]

Anlass für den Rücktritt von Cohn war ein Streit, um die Senatsverkleinerung. Um ihre Sparbereitschaft zu demonstrieren vereinbarte die Koalition den Senat zu verkleinern und wie vor dem ersten Weltkrieg halbamtliche Senatoren einzuführen, dazu sollten zwei SPD-Senatoren und je ein Senator von der DDP und der DVP Ihr Amt nur noch unbezahlt, also ehrenamtlich ausfüllen. Dazu sollten sie zurücktreten, um dann als halbamtliche Senatoren wieder gewählt zu werden. Im Falle Cohns wären aber die dadurch fälligen Einsparungen durch die sofort fällig gewordenen Pensionszahlung zunichte gemacht worden. Daher wollte Cohn nicht zurücktreten. Zwar waren auch die Koalitionspartner bereit im Falle Cohns eine Ausnahme zu machen. Doch drängte vor allem seine eigene Fraktion auf seinen Rücktritt.[6] Cohn hatte schon vorher in wichtigen Fragen, wie der Höhe des Hafengeldes, im Senat eine andere Meinung als Carl Wilhelm Petersen und Walter Matthaei gehabt. [8] Carl Wilhelm Petersen und Walter Matthaei, der ihn dann auch als Finanzsenator beerben sollte, betrieben dann auch die Absetzung Cohns. An Stelle Cohns wurde Curt Platen vom linken Parteiflügel der DDP in den Senat gewählt.

1929 schied neben Cohn auch der einzige andere jüdische Senator und SPD-Politiker Max Mendel fast gleichzeitig aus; für dessen Rücktritt wurden zwar gesundheitliche Gründe angegeben, es wird aber vereinzelt davon ausgegangen, dass die Motivation für diesen Schritt zum Teil der immer offenere Antisemitismus war. [9]

Die Schilderungen von Erich Lüth, wie Es wurde ihnen nicht zugetraut die wirtschaftlichen Probleme der Stadt in den Griff zu bekommen [10] sind von jemand der die Absetzung Cohns mitbetrieben hat, mit Vorsicht zu behandeln. Erich Lüth, damals selber Mitglied der DDP und der Bürgerschaft, rechtfertigte die Ablehnung Cohns außerdem damit, dass dieser in der „alten Zeit“ verwurzelt gewesen wäre und nicht offen für neue Ideen war. Zudem warf er ihm vor auf eine Besserung der finanziellen Lage zu hoffen, aber nichts wirkliches dafür getan zu haben.[11]

Ehrungen

Einzelnachweise

Genaue Literaturangaben siehe unter Literatur.

  1. Lebensdaten siehe unter Lüth: Bürgermeister, S. 139.
  2. Leo Lippmann: Mein Leben... S. 298
  3. Frank Bajohr: Arisierung in Hamburg, 1998 S. 348
  4. Lüth: Bürgermeister, S. 49.
  5. Fuhrmann, Rainer: Ämterverteilung im Senat 1860-1945, Typoskript, Staatsarchiv Hamburg.
  6. a b Büttner: Hamburg in der Staats- und Wirtschaftskrise, S. 177
  7. Büttner: Hamburg in der Staats- und Wirtschaftskrise, S. 176
  8. Büttner: Hamburg in der Staats- und Wirtschaftskrise, S. 178
  9. Ulrich Bauche ein Vortrag Institut für Volkskunde
  10. Lüth: Viel Steine, S.76.
  11. Lüth: Hamburgs Schicksal, S. 125-126.
  12. Liste der Bürgermeister-Stolten-Medaillen Träger

Literatur

  • Ursula Büttner: Hamburg in der Staats- und Wirtschaftskrise: 1928–1931. Hamburg 1982, ISBN 3767207745
  • Erich Lüth: Viel Steine lagen am Weg. Ein Querkopf berichtet. Hamburg 1966.
  • Erich Lüth: Hamburgs Schicksal lag in ihrer Hand. Geschichte der Bürgerschaft. Hamburg 1966.
  • Erich Lüth: Bürgermeister Carl Petersen. 1968–1933. Hamburg 1971.
  • Institut für die Geschichte der Deutschen Juden (Hrsg.): Das jüdische Hamburg, ein historisches Nachschlagewerk. Göttingen 2006, ISBN 3835300040

Weblinks


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