Erwin Stein (Politiker)

Erwin Stein (Politiker)

Erwin Stein (* 7. März 1903 in Grünberg (Hessen); † 15. August 1992 in Annerod, heute zu Fernwald) war ein hessischer Politiker der Nachkriegszeit und Richter am Bundesverfassungsgericht Karlsruhe. Der Jurist gilt als einer der Väter der hessischen Landesverfassung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Heidelberg, Frankfurt am Main und Gießen und der Promotion wirkte Stein zunächst bis 1933 als Staatsanwalt und Richter an verschiedenen hessischen Gerichten. Im Juli 1933 zwang ihn die jüdische Herkunft seiner Frau Hedwig, die sich am 23. März 1943 durch Freitod der bevorstehenden Deportation in ein Vernichtungslager entzog, dazu, um Entlassung aus dem Staatsdienst nachzusuchen und Rechtsanwalt in Offenbach am Main zu werden.

Nach dem Krieg engagierte er sich in der CDU. Stein war Mitglied der Verfassungsberatenden Landesversammlung für Groß-Hessen und ihres Verfassungausschusses. Im September 1946 legte er dort mit Karl Kanka den „Vollradser Entwurf“, einen Verfassungsentwurf für Hessen, vor, der als Gegenentwurf zu dem von SPD und KPD geprägten offiziellen Verfassungsentwurf des Verfassungsausschusses der Landesversammlung gedacht war. Der Vollradser Entwurf war indes kein wirklicher materieller Gegenentwurf. Es handelte sich vielmehr im Wesentlichen um den Text des offiziellen Entwurfs, aus dem im Sinne eines Organisationsstatuts oder Staatsgrundgesetzes die wesentlichen umstrittenen Bereiche z.B. zu den sozialen Grundrechten und zur Religionsverfassung schlicht ausgeklammert waren. Nach Vorlage des Vollradser Gegenentwurfs kam es am 30. September 1946 zu Kompromissverhandlungen zwischen je drei Abgeordneten von SPD und CDU (zu denen Stein indes nicht zählte), die dann die Basis für eine für beide großen Volksparteien akzeptable hessische Landesverfassung schufen. Von 1946 bis 1951 war Stein Abgeordneter des Hessischen Landtags, von 1947 bis 1951 hessischer Kultusminister und, ab 1949, zugleich hessischer Justizminister.

1951 sollte Stein mit Ausnahmegenehmigung des Bundespersonalausschusses Bundesrichter beim Bundesgerichtshof werden [1].

Aufgrund seiner Wahl durch den Bundesrat war Stein vom 7. September 1951 bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden am 31. Dezember 1971 Richter am Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts. Sein Nachfolger wurde der Richter Hans Joachim Faller.

Stein, Autor zahlreicher juristischer Schriften, war Mitherausgeber der Zeitschrift Neue Politische Literatur. Sein gemeinsam mit Georg August Zinn herausgegebener Kommentar zur hessischen Verfassung (erstmals 1954, bis heute fortgeschrieben), kurz als Zinn/Stein bekannt, gilt als Standardwerk.

Steins Forderung nach einem „christlichen Sozialismus“ wurde von späteren CDU-Politikern als zeitbedingte Verwirrung verurteilt.

Unter seiner Ägide wurde 1949 die Archivschule Marburg gegründet.

Steins Namen trägt nicht nur eine von ihm gegründete Stiftung sondern (seit 1983) auch die Glasfachschule in Hadamar und (seit 2002) das Frankfurter Erwin-Stein-Haus, Sitz staatlicher Einrichtungen im Bildungsbereich.

Auszeichnungen

Literatur

  • Erwin Stein (1903-1992). Politisches Wirken und Ideale eines hessischen Nachkriegspolitikers, hrsg. von Andreas Hedwig/Gerhard Menk, Marburg 2004
  • Das BVerfG, 2. Aufl. 1971, S. 246.
  • Ley, ZParl 1982, 528.
  • Nachruf von Ley, NJW 1992, S. 3217.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bundesarchiv Protokolle der Bundesregierung 138. Kabinettssitzung am 30. März 1951

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