Nationaloper Estonia

Nationaloper Estonia
Blick auf das Gebäude von Süden
59.43472224.750833
Nationaloper Estonia (Estland)
Nationaloper Estonia
Nationaloper Estonia

Die Nationaloper Estonia (estnisch Rahvusooper Estonia) ist eine der wichtigstens Kulturinstitutionen Estlands. Ihr Stammsitz, das Opern- und Konzerthaus Estonia, liegt im Zentrum der Hauptstadt Tallinn.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Musik- und Theaterverein Estonia wurde 1865 in Tallinn ins Leben gerufen. Er führte ab 1871 Schauspiele auf. Allerdings blieben Bühnenaufführungen des Vereins bis 1895 nur sporadisch. Erst Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu regelmäßigen Darbietungen von beliebten Volksstücken, meist mit Musik und Tanz.

1906 gründeten die Schauspieler und Regisseure Paul Pinna und Theodor Altermann aus dem Verein heraus das professionelle Theaterensemble Estonia. 1912 kam zum Theater ein festes Musikensemble hinzu. 1926 wurde eine Balletttruppe ins Leben gerufen. Ab 1918, dem Jahr der estnischen Selbständigkeit, prägte der Schauspieler und Regisseur Ants Lauter das Theater- und Opernleben im Estonia. 1949, nach der Besetzung Estlands durch die Sowjetunion, wurde die Theatertruppe aufgelöst. Das Estonia wurde in der Zeit der Estnischen Sozialistischen Sowjetrepublik zur reinen Musikbühne. Seit 1998 trägt die Nationaloper Estonia ihren heutigen Namen.

Gebäude

Sowjetische Briefmarke von 1950

Die finnischen Architekten Armas Lindgren und Wivi Lönn planten das repräsentative Gebäude im Jugendstil, das heute noch Stammsitz des Nationaloper ist. Am 24. August 1913 fand die feierliche Einweihung statt. Es war damals, noch unter russischer Herrschaft Estlands, der größte Neubau in ganz Tallinn. Ein Flügel war als Theater vorgesehen, der andere als Konzerthaus. Beide Gebäudeteile wurden durch ein Restaurant verbunden, das heute als kleiner Veranstaltungssaal genutzt wird, der sogenannte „Wintergarten“ (estnisch talveaed).

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde das Konzerthaus allerdings zu einem Kriegslazarett umfunktioniert. Im Theatersaal gingen auch während der Kriegsjahre die Aufführungen weiter. Nach Ausrufung der estnischen Unabhängig trat am 23. April 1919 in dem Haus die Verfassungsgebende Versammlung (Asutav Kogu) der jungen Republik Estland zusammen.

1934 wurde das Gebäude wesentlich umgestaltet und erweitert. Der Zweite Weltkrieg zog es stark in Mitleidenschaft. Bei dem verheerenden Luftangriff der Roten Armee auf Tallinn am 9. März 1944 wurde das Haus fast vollständig zerstört.

In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre wurde es nach Plänen der estnischen Architekten Alar Kotli und Edgar Johan Kuusik auch mit Hilfe deutscher Kriegsgefangener wieder aufgebaut. Dabei wurde die ursprüngliche Form der Fassade weitgehend beibehalten. Die Südfassade ist mit stilisierten dorischen Halbsäulen zwischen den Fenstern geschmückt.[1] Im Inneren orientierten sich die Architekten am sozialistischen Klassizismus. 1946 konnte der Konzertsaal wiedereröffnet werden, im Oktober 1947 der Theatersaal. Erst 1991 wurde der Mittelteil fertiggestellt, der heute als sogenannter Wintergarten für kleinere Veranstaltungen genutzt wird. Ein Kammermusiksaal wurde 2006 eingeweiht.

Heute beherbergt das Gebäude drei unabhängige Institutionen: im linken Flügel befindet sich die Nationaloper Estonia und im rechten Gebäudeteil der Konzertsaal von Eesti Konsert. Darüber hinaus hat in dem Haus das Staatliche Symphonieorchester Estlands (Eesti Riiklik Sümfooniaorkester) seinen Sitz.

Das Gebäude war auf den 50 Kronen Banknoten abgebildet, die bis zur Einführung des Euro 2011 in Estland in Umlauf waren.[2]

Nationaloper Estonia heute

Von 1994 bis 2009 stand der Nationaloper Estonia der Violinist Paul Himma vor. Seit September 2009 ist der Dirigent Aivar Mäe ihr Generaldirektor.

Die jährliche Saison der Nationaloper läuft heute von September bis Juni. Jährlich werden ca. 250 Aufführungen mit derzeit 26 Produktionen veranstaltet. Das Repertoir umfasst die Bereiche Oper, Operette und Ballett, gelegentlich auch Musicals.

Der Nationaloper gehören 25 Solisten, 57 Balletttänzer, 56 Sänger und ein 93-köpfiges Sinfonieorchester an. Im Großen Saal finden 690 Besucher Platz.

Meilensteine

1907 wurde die erste Operette aufgeführt: Mamzelle Nitouche von Hervé.
1908 folgte die erste Oper: Das Nachtlager in Granada von Conradin Kreutzer.
1911 die erste estnische Operette: Jaaniöö von Adalbert Wirkhaus.
1922 wurde das erste Ballett aufgeführt: Coppélia von Léo Delibes.
1928 folgte die erste estnische Oper: Vikerlased von Evald Aav.
1944 wurde das erste estnische Ballett aufgeführt: Kratt von Eduard Tubin.

Chefdirigenten

Opernbühne der Nationaloper Estonia

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Thea Karin: Estland. Kulturelle und landschaftliche Vielfalt in einem historischen Grenzland zwischen Ost und West. Köln 1994, ISBN 3-7701-2614-9, S. 79. (= DuMont Kunst- und Landschaftsführer)
  2. EZB: Estland.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Tallinn — Wappen …   Deutsch Wikipedia

  • Staatsoper — Staatsoper, auch Nationaloper, nennt man ein bedeutsames Opernhaus, das von der öffentlichen Hand betrieben wird. In Europa hat Italien die ältesten und bekanntesten Opernhäuser, doch in künstlerischer Bedeutung sind Paris, Wien und einige… …   Deutsch Wikipedia

  • Paul Mägi — (* 13. Oktober 1953 in Tallinn) ist ein estnischer Dirigent. Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Musik 2 Auszeichnungen 3 Privatleben 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Aivo Välja — (* 1968) ist ein estnischer Dirigent. Leben und Musik Aivo Välja schloss 1994 sein Studium im Fach Chorleitung bei Olev Oja und 1998 das Fach Orchesterleitung bei Roman Matsov und Paul Mägi an der Estnischen Musikakademie in Tallinn ab.… …   Deutsch Wikipedia

  • Nicola Raab — (* 1972 in Regensburg, Bayern) ist eine deutsche Opernregisseurin, die seit dem Jahr 2000 an mehreren großen europäischen Bühnen, vorwiegend in Österreich, Regie und Ko Regie führte. Nach einem Studium der Theater und Musikwissenschaften sowie… …   Deutsch Wikipedia

  • Vello Pähn — (* 30. Mai 1958 in Tallinn) ist ein estnischer Dirigent. Leben und Musik Vello Pähn schloss 1981 sein Studium im Fach Chorleitung bei Olev Oja am Staatlichen Tallinner Konservatorium (Tallinna Riiklik Konservatoorium) ab. Dort studierte er auch… …   Deutsch Wikipedia

  • Alperten — Jüri Alperten (* 16. Juni 1957 in Tallinn) ist ein estnischer Dirigent. Leben und Musik Jüri Alperten wurde in eine bekannte estnische Musikerfamilie geboren. Er schloss 1979 sein Klavierstudium am Staatlichen Tallinner Konservatorium (heute… …   Deutsch Wikipedia

  • Jüri Alperten — (* 16. Juni 1957 in Tallinn) ist ein estnischer Dirigent. Leben und Musik Jüri Alperten wurde in eine bekannte estnische Musikerfamilie geboren. Er schloss 1979 sein Klavierstudium am Staatlichen Tallinner Konservatorium (heute Estnische Musik… …   Deutsch Wikipedia

  • Arvo Volmer — (* 4. November 1962 in Tallinn) ist ein estnischer Dirigent. Nach seinem Abitur studierte Arvo Volmer von 1980 bis 1985 das Fach Orchesterleitung (Opern und Symphonieorchester) an der Estnischen Musikakademie in Tallinn und von 1985 bis 1990 am… …   Deutsch Wikipedia

  • Kaljuste — Tõnu Kaljuste (* 28. August 1953 in Tallinn) ist ein estnischer Dirigent. Inhaltsverzeichnis 1 Frühe Jahre 2 Dirigent 3 Internationale Karriere 4 Weblinks …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”