Evangelische Kirche Wüsten

Evangelische Kirche Wüsten
Die Wüstener Kirche um 1936

Die Evangelische Kirche Wüsten ist eine evangelisch-reformierte Kirche im Bad Salzufler Ortsteil Wüsten.

Sie gehört über die reformierte Klasse Bad Salzuflens zur Lippischen Landeskirche, einer von 22 Gliedkirchen (Landeskirchen) der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In der Zeit vor der Reformation gehörten die Höfe um die Wüste allesamt zum Pfarrbezirk Schötmar. Doch der beschwerliche und weite Weg über den Vierenberg – im Volksmund "Bum-Bam-Weg", weil die Kirchgänger von hier aus die Glocken der Kilianskirche in Schötmar läuten hörten – hielt viele Bewohner vom kirchlichen Gemeindeleben ab. So entschloss sich 1618 die kirchliche Behörde mit finanzieller Unterstützung des Grafen Simon VII. zum Bau eines Gotteshauses für die beiden Bauerschaften Ober- und Unterwüsten.

Noch während des Dreißigjährigen Krieges, im Jahre 1620, wurde mit dem Bau der Kirche begonnen; Bruchstücke einer kleinen Kirche oder Kapelle zu Bexten bildeten den Grundstock. Am 17. Mai 1621 konnte ein erster, provisorischer Gottesdienst gehalten werden. Ab 1623 erfolgte auch die Verwahrung der Sakramente. 1625 wurde der Friedhof eingerichtet. Erst am 15. Januar des Jahres 1628 erhielt die Wüstener Kirche ihre völlige Selbständigkeit. Infolge der Kriegswirren zogen sich die abschließenden Bauarbeiten aber über zwanzig Jahre hin. Nach der Fertigstellung blieb die Kirche, so, wie es die reformierte Tradition vorschrieb, namenlos. 1751 wird erstmals ein Turm bei der Kirche erwähnt. In ihm hing eine 374 Pfund schwere, 1671 gegossene Glocke.

Entwurf zur Vergrößerung der Kirche von 1839

1841 begannen die Umbauarbeiten nach Plänen des Detmolder Architekten Ferdinand Ludwig August Merckel. Kirchenschiff und Turm erreichten nun eine Länge von knapp 26 Metern (zuvor 19,75 m) und eine zweite, 725 Pfund schwere Glocke wurde im Turm aufgehängt. Es sollte sich aber zeigen, dass die Kosten von 2625 Talern für den Umbau nicht gut investiert waren: Eine extrem schlechte Akustik ließ weitere Baumaßnahmen notwendig werden, die am 11. Dezember 1845 ihren Abschluss fanden.

Baumeister Petri aus Detmold ersetzte 1863/64 den einsturzgefährdeten Kirchturm durch einen neuen, schlanken Turm. Die Kosten von 4061 Reichstalern wurden allein von der Bevölkerung aufgebracht. Gleichzeitig ließ die Kirchengemeinde drei neue, 2415, 1212 und 686 Pfund schwere Glocken gießen, die am 2. Februar 1864 geweiht wurden.

1877 wurde die völlig unbrauchbar gewordene Orgel von 1716 durch eine neue des Orgelbaumeisters Klaßmeyer aus Kirchheide ersetzt, aber nach über neunzig Jahren musste auch diese weichen. Die Orgelbaufirma Steinmann aus Wehrendorf installierte 1969 das vierte Werk: 18 Register und 1304 Pfeifen erklingen seitdem in der Kirche.

Nachdem im Jahr 1954 der Kircheninnenraum renoviert wurde, folgten 1968/69 eine Dachsanierung und 1984 die Drainierung der Fundamente. Die betont schlicht gehaltene Kirche ist im Kreis Lippe einmalig; sie weist nach dem sogenannten Eisenacher Modell aus: Altar, Kanzel und Orgel befinden sich in einer Fluchtlinie.

Pastoren der Wüstener Kirchengemeinde

xx.xx.1621–xx.xx.1657 Bernhard Schomerus († 1659)
xx.10.1657–xx.xx.1670 Johann Nisäus Kszkowsky († 1690 in Bösingfeld)
xx.xx.1670–xx.xx.1674 Johann Hermann Dahlhausen
xx.xx.1674–xx.xx.1680 Johann Reußius
xx.xx.1680–xx.xx.1686 Johannes Albert Reußius (* in Bösingfeld; † 1696 in Detmold)
xx.xx.1686–xx.xx.1713 Johann Henrich Stöcker († 1713 in Wüsten)
25.05.1713–xx.xx.1728 Johann Otto Stöcker (* um 1682; † 11. Februar 1769 in Horn)
xx.xx.1728–18.05.1757 Johann Dietrich Voigt (* um 1698; † 18. Mai 1757)
07.06.1757–24.04.1770 Johann Ernst Wöhlberg (* 1730)
25.05.1770–24.03.1791 Dietrich Henrich Clüver (* um 1731; † 24. März 1791)
xx.04.1792–xx.04.1805 Johann Dietrich Gerhard Siegmund Köhler (* um 1753; † 15. Juli 1822 in Wüsten)
xx.11.1805–xx.04.1807 Verwaltung der Pfarrei durch Kandidat Johann Anton Steneberg, der, weil er dem Trunke ergeben, seines Dienstes entlassen wurde
xx.04.1807–xx.04.1826 Friedrich Konrad Krüger (* 16. Oktober 1772 in Detmold; † 27. Januar 1834 in Langenholzhausen)
xx.05.1826–xx.xx.1843 Ludwig Volkhausen
xx.xx.1843–xx.07.1851 Heinrich August Knoll (* 11. Juli 1812 in Uflen; † 24. Juli 1890 in Gütersloh)
05.08.1851–xx.xx.1860 Gustav Meyer
xx.10.1860–xx.04.1865 Johann Ludwig Credé (* 10. September 1827 in Bettenhausen)
xx.04.1865–xx.04.1877 Theodor Krücke
15.04.1877–xx.04.1884 Adolf Schmidt (* 30. September 1851 in Lipperode)
xx.05.1884–xx.09.1884 Verwaltung der Pfarrei durch Vikar Kligge
xx.09.1884–16.05.1910 Otto Heinrich Thelemann (* 23. Juli 1858 in Iggelheim; † 16. April 1928 in Silixen)
xx.02.1911–31.05.1919 Konrad Bleibtreu
xx.06.1919–xx.10.1919 Pastor Lammertsmeier
01.11.1919–30.11.1935 Philipp Heinrich Wilhelm Böke (* 3. Oktober 1885 in Detmold)
01.05.1936–30.09.1951 Prof. Dr. Dr. Paul Jacobs (* 24. Oktober 1908 in Elberfeld; † 27. August 1968)
01.04.1952–30.09.1966 Hermann Middendorf (* um 1905; † 9. September 1983)
01.12.1966–31.07.1982 Herbert Rosenhäger (* 23. Oktober 1931 in Bad Salzuflen)

Pfarrstellen

Ab dem 1. August 1982 wurden zwei Pfarrstellen besetzt:

  • I) Oberwüsten und das Zentrum von Wüsten
  • II) Das Evangelische Stift und zeitweise das untere Unterwüsten. Die Pfarrstelle II wurde zum 1. Januar 2007 wieder aufgehoben.

Pfarrstelle I

01.08.1982–30.09.1997 Hans-Gerhard Schmidt
01.11.1997–31.03.2009 Petra Siekmann-Heide
01.04.2009-30.06.2009 Annette Schulz
01.08.2009–......... Thomas Weßler

Pfarrstelle II

01.08.1982–31.12.1994 Herbert Rosenhäger (* 23. Oktober 1931 in Bad Salzuflen)
01.01.1995–31.10.1997 Frank-Günther Hochgreff
01.02.1998–31.01.2002 Andreas Gronemeier
01.03.2002–31.10.2003 Herbert Grote
01.11.2003–30.11.2005 Jutta Schlitzberger
01.12.2005–31.12.2006 Cornelia Wentz

Kirchenbücher

Seit dem Jahr 1671 wurden von den Pastoren in Wüsten Kirchenbücher, Verzeichnisse über „Geborene“, „Konfirmierte“, „Copulierte“ und „Gestorbene“ in chronologischer Reihenfolge geführt.

Das erste Kirchenbuch (1671–1741) gibt zum Beispiel für das Jahr 1685 17 Konfirmanden (zehn Mädchen und sieben Jungen) sowie sechs Trauungen an. Das zweite Buch wurde von 1742 bis 1795 geführt; Pastor Johann Ernst Wöhlberg beginnt 1767 damit in den Wüstener Kirchenbüchern die Todesursachen der Verstorbenen aufzuschreiben. Das dritte Buch datiert von 1796 bis 1839. Es folgten das vierte (Konfirmationen und Bestattungen) und das fünfte (Trauungen und Taufen) Buch (beide 1840 bis 1878), das sechste (Taufen), siebte (Konfirmationen und Trauungen) und achte (Gestorbene) Kirchenbuch (alle drei 1879 bis 1922).

Diese acht Wüstener Kirchenbücher befinden sich heute im Archiv der Lippischen Landeskirche in Detmold.

Friedhof

1625, bis dahin wurden die Toten auf dem Friedhof in Schötmar in der „Wüstener Ecke“ begraben, bekam Wüsten einen eigenen Friedhof (ehemals „Totenhof“), rechts von der Kirche - heute zwischen der Straße nach Vlotho und der Kirche gelegen. Einige alte Grabsteine, die an frühere Zeiten und alteingesessene Familien erinnern, zeugen noch von der ehemaligen Ruhestätte an dieser Stelle. Der älteste Grabstein datiert von ANNO 1676 DE 27. NOVEB: damals IST BERENT MÖLLER VOSHAGEN SELIG ENTSCHLAFEN SEINES ALTERS 82 JAHR - PSALM 90 UNSER LEBEN WÄHRET 70 JAHR WENS HOCH KOMPT SO SIND 80 JAHR UND WENS KÖSTLICH GEWESEN IST SO ISTS MÜHE UND ARBEIT GEWESEN DENN ES FÄHRET SCHNELL DAHIN ALS FLÖGEN WIR DAHIN

Nach Vergrößerungen des kirchlichen Friedhofs in den Jahren 1770, 1784, 1872, 1913 (1259 m²) und 1940 (1918 m²) hatte er zum Ende des 20. Jahrhunderts eine Belegungsfläche von 8382 Quadratmetern. Aufgrund akuten Platzmangels wurde Mitte der 1960er Jahre ein zweiter Friedhof, heute im Besitz der Stadt Bad Salzuflen, oberhalb des „Alten Dorfes“ angelegt. Beide Friedhöfe dienen den Wüstener Bürgern als letzte Ruhestätte.

Aber auch Nicht-Wüstener fanden hier ihre letzte Ruhe: Am 25. März 1944 werden vier Australier, die Besatzung eines viermotorigen Bombers, der in der Nacht vom 23. auf den 24. März im Luftkampf von deutschen Jagdflugzeugen abgeschossen wurde und auf dem Vierenberg abgestürzt war, auf dem Wüstener Friedhof beigesetzt.

Küsterei und Schule

1639 wurde in Wüsten die erste Schule gegründet und Christian Brethauer als Küster mit dem Unterricht der Kinder betraut. Sein direkter Vorgesetzter war Pastor Schomerus. Der Unterricht erfolgte wahrscheinlich in der Kirche, erst 1662 wurde ein Küsterhaus im südöstlichen Bereich des Kirchengrundstückes errichtet. Ab 1781 wurden alle zukünftigen Küsterlehrer in dem am 27. Dezember 1774 im Schloss zu Detmold eingeweihten Lehrerseminar zentral ausgebildet: Friedrich Adolf Knöner war der erste in Wüsten tätige Pädagoge mit einem staatlich anerkannten Examen.

Küster und Lehrer der Kirchengemeinde Wüsten

1639–1705 Christian Brethauer († 1705)
1705–1724 Johann Arnold Krüger (* 1684; † 13. Oktober 1724) aus Stemmen
1724–1740 Johann Berend Krüger (* 1703; † 18. Mai 1740); Sohn des J. A. Krüger
1740–1758 Johann Hermann Bernhard Plöger (* um 1717; † 23. Juli 1759) aus Dörentrup
1758–1798 Johann Konrad Schulze (* 1720; † 14. Dezember 1800)
1798–1844 Friedrich Adolf Knöner (* 20. März 1780; † 20. April 1844) aus Lieme
1844–1887 Friedrich August Ferdinand Knöner (* 22. Dezember 1812; † 25. März 1887); Sohn des F. A. Knöner; war zuvor schon seit 1843 in Wüsten als Nebenlehrer tätig
1887–1895 Hermann Rehme (* 30. September 1855) aus Oberwüsten; zuvor seit 1880 Schulleiter in Oberwüsten, ab 1895 Kantor und Lehrer in Salzuflen
1895–1921 Heinrich Ernst Lammertsmeier (* 27. November 1863; † 25. Juli 1921) aus Oberwüsten; zuvor 1. Lehrer in Oberwüsten
1921–1936 August Köller (* 12. September 1883; † 16. April 1949)

Quellen

Literatur

  • Erwin Schubert: Kirche und Schule in der Woiste. Wüsten.
  • Erwin Schubert: 250 Jahre Evangelische Stiftungen zu Wüsten. Wüsten 1993.
  • Otto Pölert: Wüsten - Eine Höfe= und Siedlungsgeschichte. Wüsten.
  • Franz Meyer (Hrsg.): Bad Salzuflen - Epochen der Stadtgeschichte. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89534-606-4.
  • August Dreves: Geschichte der Kirchen, Pfarren, geistlichen Stiftungen und Geistlichen des Lippischen Landes. F. L. Wagener, Lemgo 1881.

Weblinks

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