Friedrich Adolph von Heintze

Friedrich Adolph von Heintze

Friedrich Adolph von Heintze (* 28. Mai 1768 in Lüneburg; † 19. Mai 1832 auf Gut Niendorf) war ein deutscher Mediziner und Maire von Lübeck.

Leben

Friedrich Carl Gröger: Ehefrau Henriette von Heintze mit den Kindern (1803)
Herrenhaus in Niendorf

Heintze (er selbst schrieb sich Heinze) war der Sohn des Rektors Johann Michael und Bruder von Valentin August, einem Professor der Philosophie in Kiel. Heintze erwarb 1790 den Doktor der Medizin in Jena und war ab 1791 Privatdozent der Geburtshilfe in Kiel. 1795 heiratete er Henriette von Blome-Hagen (1775–1845). Das Paar lebte zunächst auf ihrem Gut Schwartenbeck bei Kiel, wo Heintze nebenberuflich eine kleine Arztpraxis betrieb. Dort verlor das Paar noch 1801 ein Kind durch die Pocken. 1802 befragte Heintze im Auftrag der Universität Kiel u.a. den Lehrer Peter Plett zu dessen Impfungen mit der Kuhpockenlymphe aus dem Jahre 1791. Sein Bericht wurde umgehend von der Universität und von ihm selbst veröffentlicht. Dadurch angeregt impfte Heintze im Frühjahr 1802 zusammen mit Pastor Dr. Johann Georg Schmidt in der Probstei kostenlos fast 1000 Kinder mit der Kuhpockenlymphe.

1802 erwarb Heintze Gut Niendorf mit einem heute noch bestehenden klassizistischen Herrenhaus von Johann Adam Soherr aus den Jahren 1761/63 und Umbauten aus dem Jahr 1771 im heutigen Lübecker Stadtteil Moisling. 1805 erhielt er in Lübeck das Bürgerrecht und wurde das letzte Mitglied der Zirkelgesellschaft. Nach der Wiederbesetzung Lübecks durch französische Truppen am 3. Juli 1813 musste er am 7. Juli auf Befehl Louis-Nicolas Davouts das Amt des provisorischen Maires übernehmen, da der bisherige Amtsinhaber, Anton Diedrich Gütschow, sich nicht mehr in der Stadt befand. In seine Amtszeit fällt die Hinrichtung des einfachen Knochenhauers Jürgen Paul Prahl durch die Franzosen wegen „Anstiftung zum Aufruhr“. Ein Gnadengesuch Heintzes an den französischen Militärgouverneur hatte keinen Erfolg. Am 12. Oktober 1813 wurde Heintze verhaftet und zusammen mit einer Anzahl Angehöriger des Munizipalrats und weiterer Bürger als Geisel nach Hamburg verschleppt, wo man ihn bis zum 30. Mai 1814 festhielt. Die Amtsgeschäfte führte in dieser Zeit sein zweiter Stellvertreter Friedrich Wilhelm Grabau, der ihn so weit wie möglich schriftlich über die Vorgänge in Lübeck informierte.

Bei Heintzes Rückkehr nach Lübeck bestand die Verwaltung nach französischem Muster nicht mehr, so dass er das Amt des Stadtoberhauptes nicht erneut antreten musste. Heintze zog sich in die Probstei nach Hagen zurück. 1814–1816 begleitete er als königlich-dänischer Etatrat den dänischen König zum Wiener Kongress. Sein adliges Gut Niendorf blieb bis zum Verkauf an die Hansestadt Lübeck 1907 im Besitz der Familie, seit 1844 unter Josias v. Heintze als Fideikommiss Weißenrode. Heintze selbst wurde im weitläufigen Park des Gutes begraben. Die Gruft Christinental wird heute nur noch durch einen Grabhügel markiert, der 1865 vom übrigen Park des Herrenhauses durch die Bahnstrecke Lübeck–Hamburg der Lübeck-Büchener Eisenbahn getrennt wurde.

Eines der Hauptwerke des mittelalterlichen Bildhauers Johannes Junge ist die um 1420 datierte sogenannte Niendorfer Madonna im St.-Annen-Kloster Lübeck, benannt nach Heintzes Gut Niendorf, wo sie in den 1920ern in einer Scheune lagernd wieder aufgefunden wurde. Sie soll dort mit drei weiteren Skulpturen seit Anfang des 19. Jahrhunderts gelegen haben.[1] Es wird vermutet, dass sie ursprünglich zur Ausstattung der Petrikirche gehört haben könnten.

Literatur

  • Karl Klug: Geschichte Lübecks während der Vereinigung mit dem französischen Kaiserreiche 1811–1813. Verlag H. G. Nahtgens, Lübeck 1856
  • Emil Ferdinand Fehling: Zur Lübeckischen Ratslinie 1814–1914. Verlag Max Schmidt, Lübeck 1915
  • Henning von Rumohr, Hubertus Neuschäffer: Schlösser und Herrenhäuser in Schleswig-Holstein. Frankfurt 1983, S. 346–349. ISBN 3-8035-1216-6
  • Hubertus Neuschäffer: Gutshäuser und Herrenhäuser in und um Lübeck. Karl Wachholtz Verlag, Neumünster 1988, S. 231–245. ISBN 3529026913

Belege

  1. Hildegard Vogler: Madonnen in Lübeck. Lübeck 1993, Nr. 40, S.82.

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