Abhängen (Zubereitungsart)

Abhängen (Zubereitungsart)

Als Abhängen oder Fleischreifung bezeichnet man das kontrollierte Lagern von rohem Fleisch, auch von ganzen, ausgenommenen Schlachttieren (insbesondere Wildbret), um die Fleischqualität zu verbessern.

Inhaltsverzeichnis

Zielsetzung

Abgehangenes Fleisch ist mürber, aromatischer und bekömmlicher als schlachtfrisches. Es hat eine größere Wasserbindungsfähigkeit, gart schneller und bleibt saftig.

Dauer

Die Dauer der Fleischreifung hängt von der Tierart, der Fleischqualität und der Größe der Stücke ab. Bei Geflügel und Schweinefleisch beträgt sie üblicherweise bis zu drei Tage, bei Kalbfleisch bis zu einer Woche, bei Wild und Rindfleisch eineinhalb bis zweieinhalb Wochen. In Deutschland ist aber durchaus auch fünf Wochen trocken gereiftes Rindfleisch erhältlich. Der Reifungsprozess wird auch Dry-Aging genannt.

Biochemische Prozesse

Nach dem Tod des Tieres tritt zunächst die Leichenstarre ein, eine biochemisch verursachte Muskelkontraktion, ausgelöst durch Milchsäuregärung, damit verbundene Milchsäurebildung sowie den Abbau von Adenosintriphosphat. Dabei sinkt der pH-Wert des Fleisches (das Milieu wird saurer). In diesem Zustand ist das Fleisch zäh und hat nur eine geringe Wasserbindungsfähigkeit. Mit der Zeit verändert sich das Fleisch weiter. Durch enzymatische Prozesse steigt der pH-Wert wieder an, Bakterien, insbesondere Milchsäurebakterien tragen zur weiteren Reifung bei, während der das Bindegewebe der Muskulatur quillt und gelockert sowie das Eiweiß teilweise zu freien Aminosäuren abgebaut wird (Autolyse).

Die genannten Prozesse kommen auch zu Beginn der Verwesung vor. [1] Um jedoch den Verderb durch unerwünschte Bakterien (Fäulnis), die das Fleisch ungenießbar machen würden, zu verhindern, muss die Fleischreifung unter optimalen hygienischen Bedingungen bei gleichbleibenden Temperaturen von etwa 1–3 °C erfolgen. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt findet keine oder eine nur unvollständige Fleischreifung statt.

Hautgout

Das traditionelle Abhängen von Wildbret, bei dem sich der Hautgout (oːˈguː, von frz. haut goût, wörtl. „Hoher Geschmack“), ein beginnender Verwesungsgeschmack und -geruch bildet, erfolgt ungekühlt im Fell oder Federkleid. Dabei hängen die Tiere meistens mit dem Kopf nach unten (zwei Wochen und länger), Wildgeflügel, bis das Federkleid leicht zu rupfen ist (nach drei bis zehn Tagen). Schalenwild, sowie Hase und Kaninchen wird nach jagdlichem Brauchtum mit dem Kopf nach oben aufgehängt. Nach neueren Erkenntnissen und Verfahren wird alles erlegte Wild zunehmend mehr mit dem Kopf nach unten aufgehängt. So soll das schwerkraftbedingte Abfließen von Restblut und Körperflüssigkeiten das wertvolle Fleisch von Rücken und Keulen nicht durchtränken oder kontaminieren. Das geltende Fleischhygienegesetz verbietet das Abhängen von Wild bis zur Hautgoutreife für den Weiterverkauf und schreibt verbindlich exakte Kerntemperaturen für das reifende Fleisch vor.

„Sämtliche Fleischarten, die es vertragen, liebe ich schwach gebraten, und ich liebe sie gut abgehangen, bei manchen sogar, bis sie schon stark riechen.“

Michel de Montaigne Essais III, 13 Über die Erfahrung. Übersetzung: Hans Stilett

Einzelnachweise

  1. Carne vale oder die Lust am Fleisch, Skript zur WDR-Sendereihe Quarks & Co.

Quellen


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