George Niemann

George Niemann
Niemann und Otto Benndorf während der Ausgrabungen in Eohesos, 1896; darunter Signatur Niemanns
Querschnitt und Grundriss der Winterreitschule, aus: Palast-Bauten des Barockstils in Wien, 1883ff.

George Niemann (auch in der Schreibweise Georg Niemann, * 12. Juli 1841 in Hannover; † 19. Februar 1912 in Wien) war ein deutsch-österreichischer Architekt, Bauforscher, Archäologe und Künstler. Er gilt als eine der Schlüsselfiguren der ersten großen Phase der österreichischen Archäologie.

George Niemann, Bruder des Schriftstellers August Wilhelm Otto Niemann, absolvierte in seinem Geburtsort Hannover das Polytechnikum. Danach wurde er in Wien Schüler und später auch Mitarbeiter von Theophil Hansen, 1870 schließlich Künstlerhaus-Mitglied. 1873 wurde er an der Akademie der Bildenden Künste in Wien Professor für Perspektive und architektonische Stillehre. Von 1903 bis 1905 war er dort Rektor.

Seine besondere Bedeutung gewann Niemann als Bauforscher während der ersten großen Unternehmungen Österreichs im Mittelmeerraum. 1873 und 1875 begleitete er Alexander Conze auf dessen Expeditionen nach Samothrake, an denen auch Otto Benndorf und Alois Hauser teilnahmen. Studienreisen führten ihn mit Benndorf danach nach Olympia und London. 1881 und 1882 folgten weitere Expeditionen, nun unter Benndorf, nach Kleinasien, insbesondere nach Karien und Lykien. 1884 und 1885 folgten weitere von Karl Graf Lanckoroński geleitete Expeditionen nach Pisidien und Pamphylien, an der Eugen Petersen als Archäologe teilnahm. 1889/90 begleitete er erneut Benndorf, nun nach Rumänien. Im Tropaeum Trajani bei Adamclissi führte er Bauaufnahmen durch, ebenso 1892 auf Betreiben von Lanckoroński am Dom von Aquileia. Seit 1893 gehörte er zu den ständigen Mitarbeitern der großen österreichischen Ephesos-Grabung. 1904 wurde er zudem von Wilhelm von Hartel mit der Bauaufnahme des Diokletianspalast in Spalato beauftragt. Noch 1910 folgte er dem Ruf Theodor Wiegands, um in Didyma den Apollon-Tempel zu bearbeiten. Letzte Arbeit vor seinem Tod 1912 war am Nereiden-Monument in Xanthos, die er noch beenden konnte.

Niemann erlangte nicht nur als Architekt und Bauforscher Bekanntheit, sondern auch weit über die Altertumswissenschaften hinaus als Zeichner und Radierer. Er vermochte es, die wissenschaftlich-exakten Zeichenarbeiten der Bauaufnahmen mit künstlerischen Fähigkeiten zu verbinden. In vielen perspektivischen Ansichten und Rekonstruktionen der Grund- und Aufrisse schaffte er es, die Antike lebendig werden zu lassen. Besonders wertvoll waren seine Zeichnungen des Heroons von Trysa. Für dieses Bauwerk entwarf er auch ein Gebäude, das dieses ähnlich dem späteren Pergamonmuseum in Berlin als Architekturmuseum aufnehmen sollte. Es wurde jedoch nicht realisiert. Camillo Praschniker organisierte 1941 im Künstlerhaus Wien eine Ausstellung, die Originalzeichnungen Niemanns aus verschiedenen Archiven – Spalato, Parthenon, Didyma, Erechtheion und Ephesos – zeigten.

Schriften

  • Der Palast Diokletians in Spalato. Im Auftrag des K.K. Ministeriums für Kultus und Unterricht aufgenommen und beschrieben von George Niemann. Hölder, Wien 1910.
    • Neuausgabe: Dioklecijanova palača u Splitu. Književni Krug, Split 2005, ISBN 953-163-260-X (Knjiga mediterana 39).
  • Das Nereiden-Monument in Xanthos. Hölzel, Wien 1921.
  • Karl Graf Lanckoroński (Herausgeber), unter Mitwirkung von Eugen Petersen und George Niemann: Städte Pamphyliens und Pisidiens. 2 Bände. Tempsky-Freytag, Wien und Prag-Leipzig 1890-1892.
    • Neuauflage: Codex, Gundholzen 1975.

Literatur

Weblinks


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