Georg Scheder

Georg Scheder

Georg Scheder (ab 1906 Georg Scheder-Bieschin) (* 19. April 1853 in Schweidnitz, Schlesien; † 10. Juni 1938 in Kiel) war ein deutscher Marineoffizier. Als Kapitän zur See war er während der internationalen Venezuela-Blockade 1902/03 Chef der Ostamerikanischen Kreuzerdivision. 1904 wurde er zum Konteradmiral befördert. Am 6. Januar 1906 wurde er zur Disposition gestellt und nahm noch im selben Jahr den Doppelnamen Scheder-Bieschin an.

Inhaltsverzeichnis

Dienstliche Tätigkeit bis 1902

Scheder trat am 2. Mai 1870 als Kadett der Crew 70 in die Marine des Norddeutschen Bundes ein. Nach der Ausbildung auf SMS Niobe, SMS Preußischer Adler und dem Artillerieschulschiff SMS Renown wurde er am 17. November 1874 zum Unterleutnant (Leutnant zur See) zur See befördert.

Bis zu seinem ersten eigenen Kommando 1894 war er in verschiedenen Funktionen tätig, unter anderem als Lehrer für Schiffsjungen auf der Renown sowie in der II. Matrosen-Division. Die Beförderungen zum Leutnant zur See und zum Kapitänleutnant erfolgten 1877 und 1885. Er war Wachoffizier auf verschiedenen kleineren Einheiten; seine erste Stellung als Erster Offizier übte er 1879 auf dem Kanonenboot Comet aus. 1883/84 und 1885/86 war er als 1. bzw. 2. Coetus an der Marine-Akademie tätig. Seine längste durchgehende dienstliche Tätigkeit versah er vom 1. Oktober 1890 bis zum Februar 1894 als Dezernent in der Militärischen Abteilung des Reichsmarineamts. In diese Zeit fiel auch seine Beförderung zum Korvettenkapitän 1891.

Von April 1894 bis zum Oktober 1895 war Scheder Kommandant des Kleinen Kreuzers Bussard, der als Stationär auf der Südsee-Station der Kaiserlichen Marine diente. Gleichzeitig war er dienstältester Offizier der Station. Im Juni 1894 war Scheder an der Niederschlagung von Unruhen auf der Insel Upolu bei Samoa beteiligt. Im August nahm er an der Niederschlagung eines Aufstands auf Samoa selbst teil, wobei SMS Bussard, SMS Falke und die britische Korvette HMS Curaçao gemeinsam ein Landungskorps aussetzten und mit Artillerie befestigte Stellungen der Aufständischen unter Feuer nahmen.

Nach der Rückkehr aus Australien versah Scheder vom Dezember 1895 bis zum April 1898 Dienst beim Oberkommando der Marine. Hier erfolgte am 30. Juni 1897 die Beförderung zum Kapitän zur See. Im Mai 1898 übernahm er das Kommando über die Panzerkorvette Bayern, das er bis Februar 1900 innehatte. In dieser Zeit war die Bayern zeitweise Flaggschiff des I. Geschwaders unter Vizeadmiral August von Thomsen. Bei den Frühjahrsmanövern 1899, die bis Lissabon führten, havarierte die Bayern in der Nordsee; die Schäden wurden in Wilhelmshaven beseitigt. Scheder war ihr letzter Kommandant; sie wurde offenbar am 12. Februar 1900 außer Dienst gestellt.

Am 13. Februar 1900 übernahm Scheder das Kommando für die Probefahrten des Linienschiffs SMS Kaiser Wilhelm II., das als erste Einheit der Kaiserlichen Marine speziell als Flottenflaggschiff entworfen worden war. Im September 1900 wurde er Chef des Stabes beim Stab der Marinestation der Nordsee bis Juli 1902.

Venezuela-Blockade 1902/03

Am 25. August 1902 übernahm Scheder in Newport News das Kommando über den Großen Kreuzer Vineta auf der Ostamerikanischen Station der Kaiserlichen Marine, die den amerikanischen Ostküstenbereich von Kanada bis zum Kap Hoorn umfasste. Gleichzeitig war er dienstältester Offizier der Station.

Aufgrund dieser Funktion wurde Scheder zu einer militärischen Schlüsselfigur während der Venezuela-Blockade 1902/03. Am 16. Dezember 1902 wurde durch Allerhöchste Kabinettsorder die Ostamerikanische Kreuzerdivision gegründet, die Kaiser Wilhelm II. direkt unterstand und deren Kommodore Scheder wurde. Am 20. Dezember wurde der so genannte mobile Zustand befohlen, wodurch sich das Deutsche Reich und Venezuela de facto im Kriegszustand befanden.

Trotz der Aufhebung der Blockade am 15. Februar 1903 blieb die Kreuzer-Division weiter bestehen. Im November 1903 wurde Scheder als Kommandant der Vineta durch Kapitän zur See Ludwig von Schröder abgelöst und kehrte nach Deutschland zurück.

Dienstliche Tätigkeit bis 1918

Nach der Rückkehr aus der Karibik wurde Scheder im Dezember 1903 Inspekteur der II. Marine-Inspektion bis zum Juni 1904. Am 27. Januar 1904 (Kaisergeburtstag) wurde er zum Konteradmiral befördert. Vom Juni 1904 bis zum Januar 1906 war er Oberwerftdirektor der Kaiserlichen Werft Kiel.

Am 6. Januar 1906 erfolgte die Stellung zum Dienst. 1907/08 erstellte er offenbar im Auftrag des Marinekabinetts eine umfangreiche militärwissenschaftliche Studie zur Venezuelablockade unter dem Titel Ausarbeitung zur Venezuela-Blockade durch den ehemaligen Kommodore der der Kreuzerdivision, Scheder.[1] Die Ausarbeitung umfasst mehrere hundert Seiten und beinhaltet auch Skizzen, Zeichnungen und Fotos. Für seine Studie standen ihm nach eigenen Angaben die relevanten Akten des Admiralstabs, die nahezu sämtlich noch handschriftlich verfasst waren, zur Verfügung, sowie private Tagebücher, Zeitungen und allgemeine Literatur über Venezuela. Bis heute ist der Zweck der Studie unklar. Möglicherweise plante das Marinekabinett eine Publikation analog zu den Werken des Generalstabs über den Aufstand der Herero und Nama in Deutsch-Südwestafrika, möglicherweise war das Werk aber auch als Matrix für zukünftige Interventionen der Kaiserlichen Marine in Übersee gedacht. Bis heute ist Scheders Ausarbeitung die detaillierteste Darstellung der militärischen Abläufe der Blockade.

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde Scheder-Bieschin reaktiviert und war vom August 1914 bis zum Juni 1916 Mitglied, vom Juli 1916 bis zum 9. November 1918 Reichskommissar beim Prisengericht Kiel. Vermutlich ist er unmittelbar nach dem Waffenstillstand von Compiègne in den Ruhestand getreten. Über sein weiteres Leben ist nichts bekannt. Offensichtlich hat er sich jedoch weder politisch noch publizistisch betätigt. 1927 veröffentlichte er einen Aufsatz über die Venezuelablockade in der Marine-Rundschau, der auf seiner Ausarbeitung für das Marinekabinett basiert.

Familiäre Verhältnisse

Scheder hatte zwei Söhne, Max und Felix Scheder-Bieschin, die beide im Ersten Weltkrieg als Fähnriche in der Kaiserlichen Marine dienten. Felix Scheder-Bieschin (1929) ist sein Enkel.

Literatur

  • Stichwort: Konteradmiral Georg Scheder (-Bieschin), in: Hans H. Hildebrand/Albert Röhr/Hans-Otto Steinmetz: Die deutschen Kriegsschiffe. Biographien – ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart, Ratingen o. J. [1984] (Einbändiger Nachdruck der siebenbändigen Originalausgabe, Herford 1979ff.,) Bd. VI, S. 33.
  • Eintrag Großer Kreuzer Vineta, in: ebd., Bd. 6, S. 32–35.
  • Eintrag Georg Scheder, in: Hans H. Hildebrand/Ernest Henriot: Deutsche Admirale 1849–1945. Die militärischen Werdegänge der See-, Ingenieurs-, Sanitäts-, Waffen- und Verwaltungsoffiziere im Admiralsrang, Bd. 3: P–Z, Osnabrück 1990, S. 192–194.
  • Ragnhild Fiebig-von Hase: Lateinamerika als Konfliktherd der deutsch-amerikanischen Beziehungen 1890–1903. Vom Beginn der Panamerikapolitik bis zur Venezuelakrise von 1902/03, 2 Bde., Göttingen 1986.
  • Kontreadmiral z. D. Scheder-Bieschin: Die Blockade von Venezuela 1902/03. Ein Gedenkblatt nach 25 Jahren (Mit 6 Bildern und 1 Karte), in: Marine-Rundschau, Bd. 32, 1927, S. 542–558.
  • Ausarbeitung zur Venezuela-Blockade durch den ehemaligen Kommodore der Kreuzerdivision, Scheder; Bundesarchiv-Militärarchiv, Signatur BA-MA RM 2/1866.

Einzelnachweise

  1. Maschinengeschriebenes Rohmanuskript im Bundesarchiv-Militärarchiv im Bestand RM 2/1866

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