Carolus Marcellus

Carolus Marcellus
Grab von Karl Martell in St. Denis

Karl Martell (* ca. 688 / 689; † 22. Oktober 741 in Quierzy) war ein fränkischer Hausmeier aus dem Geschlecht der Arnulfinger, großmütterlicherseits aus dem der Pippiniden. Seine Eltern waren der Hausmeier Pippin der Mittlere und dessen Friedelfrau Chalpaida. Kaiser Karl der Große war sein Enkel.

Der Beiname Martell bedeutet übersetzt „Hammer“. In deutschsprachigen Publikationen findet sich daher auch die Bezeichnung „Karl, der Hammer“. Auch findet sich in der Schedelschen Weltchronik die Bezeichnung Carolus Marcellus. Heute ist sie allerdings nicht mehr üblich.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Karl beherrschte von 714 bis 741 als Hausmeier die fränkischen Teilreiche. Im Teilreich Austrien war er von 715 bis 717, 718 bis 720 und 737 bis 741 sogar – in Ermangelung eines Königs – Staatsoberhaupt. Das gleiche gilt für das Teilreich Neustrien von 737 bis 741.

Weil Karl Martell aus einer nicht vollgültigen Friedelehe stammte, wurde er von seinem Vater Pippin von der Thronfolge ausgeschlossen. Doch Pippins Söhne Drogo und Grimoald der Jüngere aus dessen Ehe mit Plektrud starben vor dem Vater. Als Pippin Ende 714 im Sterben lag, überredete ihn seine Frau Plektrud dennoch, nicht Karl oder seinen Bruder Childebrand, sondern Grimoalds Sohn Theudoald zu seinem Nachfolger zu machen, obwohl dieser noch ein Kind und ebenfalls von illegitimer Geburt war. Pippin der Mittlere akzeptierte, von der Krankheit geschwächt, so dass Theudoald kurzfristig 714/715 das Hausmeieramt bekleidete. Während dieser Zeit versuchte Plektrud, Martell gefangenzunehmen. Der konnte jedoch entkommen. 715 wurde die Partei von Theudoald und Plektrud dann durch einen Aufstand der neustrischen Adligen vernichtend geschlagen, die mit Raganfrid einen der Ihren als Hausmeiers einsetzten. Außerdem nutzten sie die Schwäche der Austrier, um – zusammen mit den Friesen – in den austrischen Kernlanden auf ausgedehnte Raubzüge zu gehen.

Karl Martell konnte diese Bedrohung für sich nutzen, indem er sich im Kampf der Austrier gegen die Neustrier als rechtmäßiger Anführer und Erbe Pippins darstellte. 717 errang er die Oberhand und hatte nun genug Macht, um seine Stiefmutter Plektrud zur Anerkennung seiner Rechte zu zwingen. Er setzte mit Chlothar IV. einen Gegenkönig zum inzwischen von Raganfrid bestimmten Chilperich II. ein und führte den Kampf gegen seinen – durch eine Allianz mit dem aquitanischen Herzog Eudo wiedererstarkenden – Gegenspieler fort.

Die Entscheidung fiel im Sommer 718 nach der Schlacht von Soissons, als Eudo die Seiten wechselte und Chilperich II. von ihm an Karl Martell ausgeliefert wurde. Raganfrids Einfluss war damit gebrochen, und ihm verblieb nur noch sein Herrschaftskern um Anjou.

Mit seinen militärischen Erfolgen und – nach Chlothars Tod 719 – der Anerkennung von Chilperichs Herrschaft festigte Karl Martell dauerhaft die Einheit des fränkischen Reiches.

Sein berühmtester Sieg, die Schlacht von Tours und Poitiers gegen die aus Spanien einfallenden Mauren im Jahre 732, bei der der maurische Anführer Abd ar-Rahman fiel, wird oft als Rettung Europas vor den Muslimen angesehen, obwohl die Schlacht als Einzelereignis weniger bedeutend war (in den Quellen wurde sie auch nicht zu einem welthistorischen Ereignis stilisiert) und im Zusammenhang mit weiteren Kämpfen der Franken gegen die Mauren gesehen werden muss. Die nach dieser Schlacht eingeführte Heeresreform sollte jedoch von großer Bedeutung sein: Karl ließ eine schwere gepanzerte Reiterei aufstellen (im Gegensatz zu den bis dahin vorherrschenden freibäuerlichen Fußtruppen) und stattete die Ritter mit Lehen aus, womit er einen entscheidenden Impuls für die Herausbildung des Lehnswesens im Frankenreich gab. Zwar wurden dafür auch Kirchengüter herangezogen, aber Karl Martell betrachtete dies nicht zuletzt als eine Maßnahme, um das Christentum militärisch verteidigen zu können.

Neben den innerfränkischen Auseinandersetzungen und der Abwehr der Mauren führte Karl Martell Krieg gegen Sachsen, Friesen, Thüringer, Alemannen und Bajuwaren. Diese Feldzüge dienten der Grenzsicherung und der Ausdehnung des Reiches. Karl trieb auch die nachfolgende christliche Missionierung dieser Gebiete voran, teilweise in Zusammenarbeit mit Bonifatius. Letztere brachte ihn aber in Konflikt mit dem neustrischen Episkopat, das sich durch die Bistumsgründungen des Bonifatius bedroht sah. In Karls Regierungszeit fiel auch das erste Hilfsgesuch eines Papstes an einen Frankenherrscher, als die Langobarden 739 Rom belagerten. Karl kam dieser Bitte, mit der ein Bündnisangebot einherging, nicht nach. Unter seinen Nachfolgern sollte das Bündnis mit dem Papst zu einer entscheidenden politischen Konstante werden.

Während seiner Amtszeit verloren die merowingischen Könige des Frankenreichs weiter an Bedeutung und Einfluss. Nach dem Tod Theuderichs IV. 737 verzichtete Karl endgültig auf die Legitimierung seiner Macht als Hausmeier durch einen merowingischen Schattenkönig; allerdings vermied er ebenso den sofortigen Griff nach der Krone, möglicherweise aufgrund der negativen Erfahrungen, die sein Großonkel Grimoald der Ältere bei einem solchen Staatsstreich gemacht hatte und die für die Dynastie fast das Ende bedeutet hätten.

Kurz vor seinem Tod teilte Karl Martell sein Reich zwischen seinen Söhnen aus erster Ehe, Karlmann und Pippin, auf. Karlmann bekam Austrien, Alemannien und Thüringen, Pippin Neustrien, Burgund und die Provence. Allerdings sind die wenigen Quellen (Reichsannalen, Bericht des Fredegar, Metzer Annalen, Einhardsannalen), auch hinsichtlich der rechtlichen Behandlung von Karls jüngerem Sohn Grifo, hierzu nicht eindeutig und übereinstimmend, teilweise stammen sie auch erst aus dem 8. bzw. 9. Jahrhundert. Als Grabstätte wählte Karl Martell die Abtei Saint-Denis, wo mehrere fränkische Könige beigesetzt waren. Damit unterstrich er den Anspruch seiner Familie auf die Königswürde.

Der Name Karl bedeutet so viel wie „Kerl” oder „Mann”. Er ist der erste Träger dieses Namens in seiner Familie. Sein Beiname „Martell” bedeutet „der Hammer”, ist jedoch nicht zeitgenössisch.

Eine Gedenktafel an ihn fand Aufnahme in die Walhalla bei Regensburg.

Feldzüge Karl Martells

717 Karl Martell besiegt die aufständischen Friesen und Sieg über seinen Konkurrenten Raganfrid bei Amblève und Vincy
718 Sieg bei Soissons über den von Raganfrid zu Hilfe gerufenen Eudo, Herzog von Aquitanien
724 Niederschlagung von aufständischen Sachsen
725 Feldzug gegen die Alamannen und Sweben, Karl Martell fällt in Bayern ein und besiegt Grimoald
732 Sieg über die arabischen Heere unter Führung von Abd ar-Rahman bei der Schlacht von Tours und Poitiers, mit der die Ausbreitung des Islams in Europa gestoppt werden konnte.
733 Erneuter Feldzug gegen die Friesen unter Friesen-Häuptling Bobo
737 Zurückschlagung der arabischen Heere bei der Schlacht bei Avignon und in der Schlacht beim Fluss Berre
738 Karl Martell richtet ein Blutbad unter aufständischen Sachsen bei Wesel an.

Nachkommen

Erste Ehe: Karl heiratete Chrotrud († vor 725), Tochter von Liutwin.

Zweite Ehe: Karl heiratete Swanahilde illustris matrona, 725-741 bezeugt, Nichte Herzog Odilos von Bayern.

  • Grifo (* wohl 726, † 753 bei St-Jean-de-Maurienne)

Dritte Verbindung: N.N. (möglicherweise Ruadheid)

  • Bernhard (* vor 732, † 787), der 1. eine Fränkin, 2. eine Sächsin heiratet
  • Hieronymus, 754 bezeugt
  • Remigius (oder Remedius) († 771), 755 Bischof von Rouen

Enkel: Karl (der Große) (* 747, † 814)

Literatur

  • Theodor Breysig: Jahrbücher des fränkischen Reiches 714-741. Die Zeit Karl Martells. 2. Auflage, Berlin 1975, ISBN 3-428-03364-7 (ND von 1869).
  • Paul Fouracre: The Age of Charles Martel. Harlow 2000.
  • Jörg Jarnut (Hrsg.): Karl Martell in seiner Zeit. Sigmaringen 1994, ISBN 3-7995-7337-2.
  • Waltraud Joch: Legitimität und Integration. Untersuchungen zu den Anfängen Karl Martells. Husum 1999 (Historische Studien 456).
  • Marco Kamradt: Die frühfränkische Historiographie und die Schlacht von Vinchy am 21. März 717. In: Concilium medii aevi 10, 2007, S. 153-166 (online).
  • Ulrich Nonn: Das Bild Karl Martells in den lateinischen Quellen vornehmlich des 8. und 9. Jahrhunderts. In: Frühmittelalterliche Studien. Band 4, 1970, S. 70–137.
  • Ulrich Nonn: Die Schlacht bei Poitiers 732. Probleme historischer Urteilsbildung. In: Rudolf Schieffer (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte des Regnum Francorum. Sigmaringen 1990, ISBN 3-7995-7322-4, S. 37ff.

Weblinks




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