Griechischer Staatsbankrott von 1893

Griechischer Staatsbankrott von 1893

Der Griechische Staatsbankrott von 1893 wurde von der griechischen Regierung erklärt, nachdem diese wegen Preisverfalls ihres Hauptexportprodukts und durch Förderprogramme für die davon betroffene Wirtschaft im Dezember nicht mehr in der Lage war, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Während der Griechischen Revolution hatte bereits die provisorische Regierung 1824/25 erste Anleihen aufgelegt. Nach der Unabhängigkeit Griechenlands wurde Otto zum König ernannt und im Londoner Protokoll von 1830 gewährten die europäischen Großmächte dem vom Bürgerkrieg ausgezehrten neuen Staat ihre Garantie für eine Anleihe über 60 Millionen Francs. Für diese Anleihe konnte jedoch bereits 1833 nicht mal mehr der Zins bezahlt werden. Damit hatte Griechenland für viele Jahrzehnte seine Kreditwürdigkeit im Ausland eingebüßt. Auch die Gründung der National Bank of Greece 1841 trug wenig zur Verbesserung der Kapitalversorgung bei.

Kreditaufnahmen ab 1879

1879 öffnete Ministerpräsident Charilaos Trikoupis den Weg für eine neue Kapitalaufnahme. Griechenland einigte sich mit den Altgläubigern auf eine Umschuldung und beschloss überfällige Reformen der Verwaltung und des Heeres in Angriff zu nehmen. Die Bedienung der Schulden erschien gesichert. Lediglich 15 % der Staatseinnahmen wurden für den Schuldendienst benötigt. In den folgenden 12 Jahren wurden 6 Staatsanleihen mit einem Volumen von 630 Millionen Francs aufgelegt und in London, Paris und Berlin erfolgreich platziert. Die Schuldenlast stieg damit auf ein Drittel des Staatshaushaltes. Die Staatsanleihen waren mit den Einnahmen der Staatsmonopole auf Salz, Zündhölzer und Petroleum sowie den Zolleinnahmen der Häfen Piräus und Patras abgesichert. Die Mittel aus den Anleihen wurden jedoch weitgehend für Rüstung und den Staatsapparat verwendet. Die Modernisierung der Wirtschaft blieb aus und der Versuch, sich in der Landwirtschaft zu diversifizieren und nicht nur auf Korinthen als einziges Ausfuhrprodukt zu beschränken, schlugen fehl.

Staatsbankrott von 1893

Ende der 1870er Jahre wurden die französischen Weinberge von Mehltau befallen und der Weltmarktpreis für Korinthen erreichte ein ungewöhnlich hohes Niveau, so dass die hohen Einnahmen eine problemlose Bedienung der Kredite erlaubten. Doch führte Frankreich 1893 während einer weltweiten Wirtschaftsflaute hohe Schutzzölle auf die Einfuhr von Korinthen ein. Die französischen Weinstöcke hatten sich erholt und die französischen Regierung wollte durch Protektionismus die verlorenen französischen Marktanteile zurückgewinnen. Der Weltmarktpreis für Korinthen fiel auf ein Sechstel.

Der Versuch der griechischen Regierung, neue Kredite zur Stützung der Landwirtschaft einzuwerben, scheiterte. Aufgrund der wegbrechenden Einnahmen konnten die bestehenden Kredite ohne eine Aufnahme neuer Kredite nicht mehr bedient werden. Im Dezember 1893 erklärte der griechische Ministerpräsident Charilaos Trikoupis im griechischen Parlament mit den historischen Worten "Leider sind wir pleite." (griechisch "δυστυχώς επτωχεύσαμεν") den Staatsbankrott. Auch die eigentlich als Pfand vereinbarten Einnahmen aus Monopolen und Zöllen wurden nicht mehr gezahlt.

Einigung von 1897

Nach dem verlorenen türkisch-griechischen Krieg 1896/97 wurde dringend Kredit benötigt, um Reparationen an die siegreiche Türkei zu zahlen. Zu weiterer Kreditvergabe erklärten sich die Gläubiger jedoch erst bereit, nachdem die griechische Regierung die Tilgung auch für Altschulden zugesichert und der Einrichtung internationaler Finanzkontrolle über Griechenland zugestimmt hatte. Dem Osmanischen Reich, das bereits seit 1881 ebenfalls unter internationaler (multinationaler) Finanzkontrolle stand, nutzten die griechischen Zahlungen wenig, da die Kreditmächte diese mit den Schulden des Reiches verrechneten.

Griechenland leistete bis zum deutschen Einmarsch 1941 alle vereinbarten Zins- und Tilgungsraten.[1] Nach anderen Quellen kam es 1932 im Rahmen der Weltwirtschaftskrise zu einem teilweisen Staatsbankrott nach den Parlamentswahlen in Griechenland 1932.[2]

Quellen

  • Korinna Schönhärl: Geschichte eines Staatsbankrotts. In: FAZ. 19. Februar 2010, S. 21. (online)

Einzelnachweise

  1. Korinna Schönhärl: Geschichte eines Staatsbankrotts. In: FAZ. 19. Februar 2010, S. 21.
  2. Heinz Richter, Komnēnos Sarante Pyromaglou: Griechenland zwischen Revolution und Konterrevolution (1936-1946). Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt a. M. 1973, ISBN 3-434-00193-X, S. 40.

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