Hala’ib-Dreieck

Hala’ib-Dreieck
22.4691666735.52305556
Lage des Hala’ib-Dreiecks (oben rechts) zwischen Sudan und Ägypten
Gebel Elba

Das Halaib-Dreieck (arabisch ‏مثلث حلايب‎ Muthallath Halāʾib, DMG Muṯallaṯ Ḥalāʾib) ist ein umstrittenes Gebiet, das von den Staaten Ägypten und Sudan beansprucht wird.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Das Hala’ib-Dreieck liegt im Süd-Osten von Ägypten am Roten Meer und umfasst eine Fläche von 20.580 Quadratkilometern. Das Landinnere ist gebirgige Wüste (höchste Erhebung etwa 1744 m) und von Wadis durchzogen. Die Gebirgszüge laufen in Richtung Küste in eine sandige Ebene aus. Eine Vegetation ist entweder spärlich (Akazien und niedere Gräser) oder gar nicht vorhanden. Der 260 km lange Küstenstreifen ist von tropischen Korallenriffen und einigen vorgelagerten Inseln gesäumt. Das Gebiet liegt landschaftlich betrachtet in Nubien. 30 km vor der Grenze zum Sudan liegt 20 bis 25 km landeinwärts der Berg Gebel Elba, der namensgebend für den Gebel-Elba-Nationalpark ist. Das gesamte Gebiet, mit Ausnahme des äußersten Westens, gehört zum Gebel-Elba-Nationalpark, der sich auch noch nördlich von dem Gebiet erstreckt. Die wenigen Einwohner sind größtenteils Nubier.

Der namensgebende Ort Hala'ib hat etwa 1000 Einwohner. 20 Kilometer nördlich davon lag im Mittelalter die Hafenstadt Aidhab. Hauptort des Gebietes ist Abu Ramad, das 30 km nordwestlich von Hala'ib an der Küste des Roten Meeres liegt. Abu Ramad ist die letzte Station der Buslinien, die das Gebiet mit Kairo und anderen ägyptischen Städten wie Assuan, Marsa Alam und Qena verbinden. Ein dritter Ort ist das kleine Dorf Hadarba, südöstlich von Hala'ib an der Küste.[1] Asch-Schalatin ist eine ägyptische Stadt unmittelbar an der nördlichen Verwaltungsgrenze. Die dem Gebiet nächstgelegene sudanesische Stadt ist Osief (Marsa Osief), 26 km südlich des 22. Breitenkreises Nord, der von Ägypten beanspruchten politischen Grenze.

Die Bezeichnung des Gebietes als Dreieck ist eine grobe Generalisierung. Nur die längere, 290 km lange Südgrenze, die dem 22. Breitengrad folgt, ist eine gerade Linie. Während das gesamte Gebiet nördlich des 22. Breitengrads liegt, schließt sich am westlichsten Punkt, aber südlich des 22. Breitengrades, das kleinere Gebiet Bir Tawil an, das unter ägyptische Verwaltung gestellt wurde, jedoch heute weder von Ägypten noch vom Sudan beansprucht wird.[2] Dadurch ist der westlichste Punkt des Hala’ib-Dreieck (gleichzeitig der östliche Punkt des Bir Tawil-Gebiets). Schließlich wurde auch der Wadi Halfa Salient, eine fingerartige Ausbuchtung sudanesischen Gebiets nach Norden entlang des Nils, unter sudanesische Verwaltung gestellt, sodass die Verwaltungsgrenze zwischen Ägypten und Sudan in drei Fällen vom Breitengrad 22° Nord abweicht.

Geschichte

1899 wurde die Grenze zwischen dem Anglo-Ägyptischen Sudan und Ägypten im Anglo-Ägyptischen Kondominium-Übereinkommen beim 22. Breitengrad festgelegt. Allerdings war der Zugang zum Hala’ib-Dreieck und damit die Verwaltung der dortigen Bevölkerung vom Sudan aus leichter, so dass 1902 in einem Zusatzvertrag zum ursprünglichen Abkommen vom Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland eine neue, nach Norden erweiterte, administrative Grenze festgelegt wurde, die das Hala’ib-Dreieck in das sudanesische Verwaltungsgebiet einbezog.

1956 erklärte Sudan gegen den Willen des damaligen ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser seine Unabhängigkeit und beanspruchte die Grenzziehung von 1902. Ägypten meldete aufgrund des Vertrages von 1899 Rechte auf das Gebiet an und bestritt die Rechtmäßigkeit der sudanesischen Grenzziehung. In einer Volksabstimmung wollte Ägypten 1958 die Bevölkerung des Hala’ib-Dreiecks abstimmen lassen, worauf der sudanesische Außenminister beim UNO-Sicherheitsrat klagte, welcher aber keinen Beschluss fasste. Im selben Jahr sandte Gamal Abdel Nasser Truppen in das Hala’ib-Dreieck[3][4][5][6], zog diese aber kurz darauf wieder zurück.[7]

Das Gebiet des Hala’ib-Dreieck blieb bis 1992 unter sudanesischer Kontrolle. Im Februar 1992 gab Sudan bekannt, Erkundungsrechte für die Gewässer des Hala’ib-Dreiecks an ein kanadisches Erdölunternehmen vergeben zu haben, welche Ägypten als rechtswidrig bezeichnete. Um die Lage zu klären, wurden Verhandlungen begonnen, aber das Ölunternehmen zog sich aus dem Vertrag zurück, bis die Souveränität über das Gebietes geklärt sei. Im April 1992 gab es einen Grenzzwischenfall. Zwei ägyptische Militärfahrzeuge griffen einen sudanesischen Grenzposten an, töteten zwei Polizisten und verletzten vier weitere. Präsident Hosni Mubarak bedauerte und versprach Entschädigung. Beide Seiten spielten den Zwischenfall herunter, betonten aber, keinen Quadratzentimeter Land aufgeben zu wollen.[8]

Im Januar 2000 zog Sudan seine Truppen aus dem Hala’ib-Dreieck ab und trat damit die Kontrolle über das Gebiet an Ägypten ab. Darauf folgte eine Besetzung des Gebietes durch ägyptische Truppen.[9]

Allerdings erklärte der Präsident Sudans Umar Hasan Ahmad al-Baschir im Zuge des Baus von ägyptischen Siedlungen im Norden des Territoriums im Jahr 2004, dass Sudan trotz des Rückzuges seiner Truppen und der ägyptischen Kontrolle über das Hala’ib-Dreieck immer noch rechtmäßig Anspruch auf das Gebiet habe.

Momentan (Stand: 2006) werden die Zollposten an der nördlichen Grenze zu Ägypten von den Militärs beider Staaten gemeinsam betrieben. Die Ausreise von Sudanesen nach Ägypten und umgekehrt ist über diesen Weg jedoch nicht möglich. Es gibt eine Sonderregelung für sudanesische Händler an der nördlichen Grenzstadt Bi’r Schalatain.

Obwohl keine Beilegung im Streit um dieses Gebiet absehbar ist, gibt es bereits eine gewisse Zusammenarbeit: Das Territorium ist mit dem Mobilfunknetz beider Länder abgedeckt und als Währung gilt sowohl das sudanesische als auch das ägyptische Pfund. Seit 2005 hat das ägyptische Tourismusministerium das Hala’ib-Dreieck für den Fremdenverkehr freigegeben.

Karten

Karte des Gebiets, aus vier Kartenblättern zusammengefügt

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. 1st Joint Survey Egypt/Sudan border (PDF)
  2. Karte von 1912
  3. Egypt Sends Troops To Sudan, Claim To Part Of Territory, Khartoum Rejects Demand. In: The Times, February 18, 1958, page 8
  4. Sudan Rejects Egypt’s Ultimatum, Offer To Discuss Border, Legal Rights To Be Defended "Whatever The Cost". In: The Times, February 19, 1958, page 8
  5. Nasser Moves South. In: The Times, February 19, 1958, page 9
  6. Sudan Sends Appeal To Security Council, "Huge Infiltration" By Egyptians. In: The Times, February 21, 1958, page 8
  7. Egyptians Slip Away, Tension Eases On Sudan Frontier. In: The Times, February 26, 1958, page 7
  8. Egypt, Algeria and Tunisia Accuse Sudan, as Hala'ib Dispute Flares Up Washington Report, February 1993, Page 33
  9. A View of Sudan from Africa: Monthly Briefing, 08-02 August 2002 (PDF) The Machakos Protocol

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