Rosdorf (Adelsgeschlecht)

Rosdorf (Adelsgeschlecht)
Wappen der Herren von Rosdorf

Rosdorf ist der Name eines alten, ausgestorbenen niedersächsischen Adelsgeschlechts.

Zur Schreibweise des Namens: Heute hat sich die Schreibweise Rosdorf eingebürgert. Der Name wird und wurde in der Literatur und in den Urkunden auf 17 verschiedene Weisen geschrieben. Überwiegend kommen die Schreibweisen Rostorf, Rostorp, Rostorpe, Rosstorf vor.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Familie benannte sich nach der 5 Kilometer südwestlich von Göttingen gelegenen, im Jahr 1319 zerstörten Burg Rosdorf im gleichnamigen Dorf. Sie war im Bereich des heutigen Südniedersachsen, in Nordthüringen, Nordhessen und im östlichen Westfalen begütert. Ihre Geschichte ist eng mit anderen namhaften Adelsgeschlechtern der genannten Gebiete verbunden, besonders mit den Familien von Hardenberg, von Adelebsen und von Plesse. Auch zu den Northeimern und Winzenburgern bestanden Verbindungen. Die Familie teilt sich in drei nahezu gleichstarke Bereiche: den geistlich-kirchlichen, den weltlich-dynastischen sowie den der Ministerialen.

Die geistlichen Damen und Herren von Rosdorf

Die Herren von Rosdorf waren von Beginn an, ab 1056, bis zu ihrem Ende im 15. Jahrhundert stets durch namhafte Familienmitglieder in Kirchenämtern vertreten: Der erste urkundlich bekannte und zugleich einer der bedeutendsten Vertreter der Familie ist der berühmte Abt des Klosters Corvey, Saracho von Rossdorf, der dem Kloster zur Zeit König Heinrichs IV. von 1056 bis 1071 vorstand und für sein Register wie seine Münzprägung (Denar) berühmt ist. 1126 folgte als Propst bzw. Prälat des neugegründeten Klosters Reinhausen Conrad von Rosdorf. Diese starke religiöse Komponente setzte sich fort: In der Familie finden sich zahlreiche Stiftsdamen zu Gandersheim etc., Äbtissin zu Kaufungen etc., Pröpste zu Reinhausen, Einbeck und Hameln etc., ferner Archidiakone von Ohsen, Warburg etc., Domherren zu Minden, Paderborn, Köln etc. und schließlich ab 1295 ein Fürstbischof: Ludolf I. von Rosdorf. Dieser leitete bis 1304 das Bistum Minden.

Die weltlich-dynastischen Herren von Rosdorf

Zunächst mit Besitz um Rosdorf, Reinhausen, Jühnde, Höckelheim und Thüdinghausen ausgestattet, erwarben die Herren von Rosdorf unter Ludwig I. von Rosdorf 1252 eine Hälfte des Ortes Moringen sowie das dortige Schloss, 1263 kam unter Ludwig II. von Rosdorf Burg und Ort Hardegsen hinzu. Sie verbanden sich zwischen 1250 und 1300 mit zahlreichen adligen Familien (von Hardenberg, von Dorstadt, von Adelebsen, von Kindehusen, Wolff von Gudenberg) heiraten in die gräflichen Häuser von Schwalenberg, von Lutterberg und von Roden und Wunstorf ein sowie in die ebenfalls edlen Familien von Plesse und von Steinberg-Bodenburg.

Zwischen 1250 und 1325 formten sie eine kleine Territorialherrschaft, die im Norden von einer Linie Fredelsloh, Moringen, Northeim bis in den Südosten Thüringens um Mühlhausen und Langensalza, im Westen von einer Linie Schlarpe und Scheden, im Süden von Lehen im hessischen um Witzenhausen begrenzt wurde. Ausdruck der gewachsenen weltlichen Macht war der prächtige Ausbau der Stammburg Hardegsen 1321–1324 unter Dethard II., Ludwig III. und Conrad V. von Rosdorf.

Das Jahr 1349/50 markierte eine Wende. Von nun an befanden sich die Herren von Rosdorf in einem ständigen Existenzkampf mit den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg. Den Sieg trug Herzog Otto der Quade 1379 davon, als er sich gewaltsam in den Besitz der Rosdorfer Schlösser und Ländereien brachte. Die Herren von Rosdorf zogen sich daraufhin größtenteils als Bürger in die Stadt Göttingen zurück, einige zogen weiter westwärts und ließen sich um Paderborn und schließlich in Köln nieder. Ludwig X. von Rosdorf schließlich wurde 1428 von Landgraf Ludwig I. von Hessen gemeinsam mit Hans von Uslar in Hessen belehnt.

Die Ministerialen in der Familie der Herren von Rosdorf

Seit 1155 taten stets einige der nachgeborenen Söhne der Familie als Dienstmannen, Burgherren und schließlich als Vizedome und Offiziale der Erzbischöfe von Mainz auf den Burgen Hardenberg, Rusteberg, Hanstein, Harburg, Gleichenstein Dienst, so 1155 Conrad II. und Gumprecht I. von Rosdorf. 1287 verpfändete Erzbischof Heinrich von Mainz an Friedrich I. von Rosdorf sowie seinen Schwager Dietrich von Hardenberg die Burg Hardenberg. Friedrich I. von Rosdorf genoss nicht nur das Vertrauen der Erzbischöfe von Mainz, die ihm beinahe das gesamte Eichsfeld mit den ihren Städten Heiligenstadt, Worbis, Burg und Ort Ballhausen sowie Schloss Mühlberg als Advocatus provincialis anvertrauten; er hatte auch das Vertrauen Herzog Albrecht II. von Braunschweig, des Landgrafen Heinrich von Hessen sowie von König Albrecht. Diese zogen Friedrich I. 1306 als Schlichter bei Gebietsstreitigkeiten hinzu und setzen ihn als Bürgen des gemeinsamen Friedensvertrages ein. Aus den Reihen der Ministerialen zogen seit 1250 einzelne Mitglieder, gemeinsam mit verwandten Adelshäusern, nach Preußen und ins Baltikum, um als Kreuzritter für den Glauben zu streiten. Hier waren die Herren von Rosdorf bis zu Beginn des 16. Jahrhunderts um Riga nachweisbar.

Das Wappen

Das Wappen der Herren von Rosdorf, zwei senkrecht stehende, nach außen gewandte Schlüssel, die sich noch im heutigen Gemeindewappen Rosdorfs finden, gab Anlass zu vielerlei Spekulationen hinsichtlich seiner Bedeutung und Entstehung. Eine Erklärung lieferte Greorgii [1]: „Zwischen Göttingen/ Heiligenstadt und Duderstadt liegen gegen einander über zwey wüste Schlosser auf hohen Bergen/ die Gleichen genannt/ weil sie einander an Höhe/ Gebäuden und Bergen fast gleich sind. Diese zwey Gleiche Berg-Schlösser sollen um das Jahr Christi 720 erbauet/ und von den reichen Herrn von Rostorff / so sich Herren von Gleichen geschrieben/ bewohnet worden seyn/“. Je ein Schlüssel also für einen Berg und eine Burg. Eine andere Erklärung liefert Pfeffinger [2]: „Es melden die alten Geschicht-Schreiber, dass diese Edle Herren eine von den ansehnlich- und berühmtesten Familien in Nieder-Sachsen schon in dem neunten Jahr Hundert rühmlichst floriret, und eine geraume Zeit allda im Wesen gestanden. Dero Sitz und Burg-Hauss war Rostorff, ohnweit der Stadt Göttingen, … Wegen der sonderlichen offtmals erwiesenen Tapffer- und Aufrichtigkeit hat Henricus Auceps Römischer Kaeyser, auf dem alda gehaltenen GerichtsTag Wetekind von Rostorff nebst vielen andern zum Ritter geschlagen, und zum Kaeyserl. Thür-Hüter, welches Amt hernach erblich geworden, … ernennet. Auch haben Dieselbe das vormahls am Kaeyserlichen Hofe sehr vornehme und ruhmwürdige Feuereissen-Amt … begleitet, … Dero Wappen anbelangend, so führten Dieselbe in Ansehung des Kaeyserl. Erb-Thür-Amts zwey aufgerichtete rothe Schlüssel in dem güldenen Felde. Hier also hängen die Schlüssel mit der beschriebenen Amtsfunktion zusammen.

Wie auch immer die Herren von Rosdorf zu ihrem so einfachen und dennoch ausdrucksvollen Wappen gelangten, es bewies große Anziehung auf andere Adelshäuser der Region. So übernahm Dietrich von Hardenberg nach der Heirat mit einem Fräulein von Rosdorf 1270 das Wappen der Herren von Rosdorf[3] für sich und seine Söhne. Die Hardenberger führten erst 1330 ihren charakteristischen Eberkopf ein. Doch die Hardenberger waren nicht allein mit ihrer Vorliebe für das Wappen der Herren von Rosdorf. „Die von Oerten führten 1412 dasselbe Wappen, zwei aufwärts gerichtete, abgewandte Schlüssel im Wappen, also dasselbe, das die Hardenberg, Rostorp, Escherde, Gittelde usw. in Ostfalen führten.“[4] Dies deutet, wie im Fall der von Hardenberg, darauf hin, dass die genannten Adelshäuser ebenfalls mit den Herren von Rosdorf verschwägert waren[5], und deren Wappen als das des bedeutenderen, angeseheneren Geschlechts für sich zu nutzen suchten und übernahmen. Noch heute führen die Orte Escherde und Gittelde in Niedersachsen das besagte Schlüsselwappen, das auf die Herren von Rosdorf zurückgeht.

Bedeutende Namensträger der Familie

Grabplatte Walpurgis von Rosdorf
  • Saracho von Rosdorf, Abt von Corvey (1056–1071)
  • Ludolf I. von Rosdorf, Fürstbischof von Minden (1295–1304)
  • Friedrich I. von Rosdorf, Offiziat und Advocatus provincialis der Erzbischöfe von Mainz (1282–1318)
  • Ludwig II. von Rosdorf (1263–1291)
  • Dethard II. von Rosdorf (1286–1327)
  • Jutta I. von Rosdorf, Gräfin von Schwalenberg (1274–1305)
  • Jutta II. von Rosdorf, Gräfin von Lutterberg (1307–13269
  • Walpurgis II. von Rosdorf, Gräfin von Roden und Wunstorf (1308–1358)

Literatur

  • J. Wolf: Das Geschlecht der edlen Herren von Rosdorf, 1812
  • E. Steinmetz: Die Herren von Rosdorf, 1982, Göttinger Jahrbuch
  • K.H. Bernotat: Die Herren von Rosdorf, 1952, Beiträge zur Heimatkunde Südniedersachsens
  • R. Wenskus: Sächsischer Stammesadel und fränkischer Reichsadel, 1976
  • Urkundenbuch der Stadt Göttingen, 1863
  • J.C. Diederich: Geschichte der Stadt Göttingen, 1797
  • H. Troe: Die Anfänge und die Entwicklung Göttingens, 1982, Göttinger Jahrbuch
  • Urkundenbuch zur Geschichte der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg, 1859
  • Regesten der Erzbischöfe von Mainz, 1913
  • W. Havemann: Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg, 1837
  • G. Christ – G. May: Erzstift und Erzbistum Mainz. Territoriale und kirchliche Strukturen. In: F. Jürgensmeier (Hg.): Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, Bd. 2 (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 6), Würzburg 1997
  • L. Falck.: Die Erzbischöfe von Mainz und ihre Klöster in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, Dissertation Marburg 1952
  • H. Falk: Die Mainzer Behördenorganisation in Hessen und auf dem Eichsfelde bis zum Ende des 14. Jahrhunderts (MSADG 1, Heft 2), Marburg 1930
  • Johann Wolf: Das Geschlecht der edlen Herren von Roßdorf : durch Urkunden erläutert. J. C. Baier, Göttingen, 1812. Online bei Google Books

Einzelnachweise

  1. Johann Gottfried Gregorii: Neu-eröffneter Schauplatz …: (die Erbauung … von Bergfestungen betr.), 1715
  2. Johann Friedrich Pfeffinger: „Historie des Braunschweig-Lüneburgischen Hauses“, 1734
  3. Johann Wolf: „Das Geschlecht der edlen Herren von Rosdorf“, 1812, S.49/50 und Erwin Steinmetz: „Die Herren von Rosdorf“, 1982, S.129 - 132
  4. Astaf von Transéhe-Roseneck: „Die ritterlichen Livlandfahrer des 13. Jahrhunderts“, 1960, S.105
  5. Was die mutmaßlichen Verwandtschaften anbelangt, so gibt es bisher nur indirekte Beweise, so die 1370 zwischen den von Hardenberg und von Rosdorf ausgebrochene Fehde um das Erbe der gerade ausgestorbenen Herren von Gittelde.

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