Catholicon

Catholicon

Das Summa grammaticalis quae vocatur Catholicon (Catholicon) ist ein lateinisches Wörterbuch, das 1286 von dem Dominikaner Johannes Balbus zusammengestellt wurde und bis ins 16. Jahrhundert dazu diente, die Bibel „richtig“ auszulegen. Eine Grammatik ergänzte das Wörterbuch, welches teilweise enzyklopädische Einträge enthielt. Der gebildete Bürger konnte daraus das wesentliche Wissen seiner Zeit entnehmen und es wie eine Art Konversationslexikon benutzen.
In der Handschriftenzeit gehörte es zu den oft kopierten Büchern und versprach somit auch als Druck einen Absatz.

Das Catholicon gehörte zu den ersten gedruckten Büchern (Inkunabeln). Zu seinem Druck wurde eine Gotico-Antiqua - eine leicht lesbare, noch gotisch beeinflusste Vorform der heutigen Antiqua-Schriften - geschnitten. Diese war deutlich kleiner als die zuvor verwendeten Schriftschnitte. Der Druck umfasste 744 zweispaltige Folioseiten. Auf einer Seite konnten 66 Zeilen mit jeweils durchschnittlich 40 Buchstaben untergebracht werden. Es gab Ausgaben auf Pergament und Papier. Die geschätzte Auflagenhöhe betrug 300 Exemplare.

Inhaltsverzeichnis

Rätsel um das Catholicon

Zwei Seiten des Catholicon (1460) (Bayerische Staatsbibliothek)

Im Kolophon werden die Stadt Mainz als Druckort und das Jahr 1460 als Druckdatum angegeben. Das Papier enthält verschiedene Wasserzeichen, die eine Datierung ermöglichten. Das Catholicon erschien demzufolge in drei Auflagen, die sich jeweils den Jahren 1460, 1469 und 1472 zuweisen lassen. Dabei ist der Satz dieser drei Ausgaben nahezu identisch und scheint doppelzeilig gedruckt worden zu sein.

Zur Erklärung dieses Phänomens vertritt die Druckforscherin Lotte Hellinga die These, das Catholicon sei doch im selben Jahr (1469) hergestellt worden, nur auf verschiedenen Pressen von verschiedenen Druckherren, die sich zu einer Art "Joint Venture" zusammengetan hätten. Die Doppelzeilen seien durch einen mit Draht umwickelten Stehsatz entstanden, der zwischen den Druckwerkstätten ausgetauscht wurde. Als mögliche Drucker kommen für sie die Gebrüder Bechtermünze (Eltville), Peter Schöffer (Mainz), Ulrich Zell (Köln), sowie Johann Sensenschmidt und Heinrich Keffer (Nürnberg) in Frage. Nach Hellingas These müsste dann ein Druckfehler im Kolophon vorliegen und eine logistische Meisterleistung beim Transport des schweren Stehsatzes vollbracht worden sein.

Die Gegenhaltung vertritt Paul Needham, der die revolutionäre Ansicht vertritt, das Catholicon sei von Klischees oder Stereotypen gedruckt worden, also von festen, vom Originalsatz abgegossenen Druckformen, die wieder verwendet werden konnten. Dies ermögliche eine Zeit- und Kosteneinsparung bei der Typenherstellung und würde die unterschiedlich datierten Papierarten erklären. Damit wäre allerdings diese Form des Druckens drei Jahrhunderte vor ihrer "offiziellen" Erfindung bekannt gewesen und es stellt sich die Frage, warum sich diese Technik nicht direkt verbreitete, sondern erst wieder im 19. Jahrhundert verbreitet zum Einsatz kam.

Eine Punkturenuntersuchung in den 1990er Jahren sollte zur weiteren Einschätzung des Catholicons beitragen. Punkturen entstanden beim Druckvorgang. Die Nadeln, mit denen das Papier/Pergament in der Presse fixiert wurde, hinterließen Markierungen, anhand derer der Druck der Rückseite passgenau folgen konnte. Mit dem Vergleich der Punkturen in mehreren Inkunabeln konnte eine Auflage (1469) Peter Schöffer zugewiesen werden. Für die Auflage von (1472) kommen Drucker in Straßburg, Köln und Basel in Frage. Die Pergament- und Papierauflage von 1460 weist dagegen nach Mainz und könnte von Johannes Gutenberg gedruckt worden sein.

Die Druckgeschichte des Catholicons konnte bis heute nicht vollständig aufgeklärt werden. Die richtige Zuordnung ist eines der wesentlichen Probleme der Frühdruckforschung.

Siehe auch

Literatur

  • Lotte Hellinga: Das Mainzer Catholicon und Gutenbergs Nachlaß. Neudatierung und Auswirkungen. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens, 40, 1993. S. 395-416
  • Paul Needham: Johann Gutenberg and the Catholicon Press. In: The Papers of the Bibliographical Society of America, 76, 1982. S. 395-565.
  • Stadt Mainz (Hrsg.): Gutenberg - Aventur und Kunst. Vom Geheimunternehmen zur ersten Medienrevolution. Mainz, 2000.
  • Eine Zusammenfassung des Problems findet sich in: Andreas Venzke: Johannes Gutenberg – Der Erfinder des Buchdrucks und seine Zeit. Piper-Verlag, München 2000
  • Gottfried Zedler: Das Mainzer Catholicon. Verlag der Gutenberg-Gesellschaft, Mainz 1905
  • Nachdruck der Ausgabe von 1460 bei Gregg, Farnborough 1971 ISBN 0-576-72240-5

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Catholicon — may refer to: Catholicon, the conventual church at the centre of an abbey Katholikon, the primary church in an Orthodox or Eastern Catholic monastery Catholicon (Mor Yakub), part of the Holy Liturgy of Mor Yakub of the Syriac Orthodox Church… …   Wikipedia

  • catholicon — CATHOLICON. sub. m. Espèce de remède ainsi appelé, ou parce qu il est composé de plusieurs sortes d ingrédiens, ou parce qu on prétend qu il est propre à toutes sortes de maladies. Catholicon simple. Catholicon double. Acheter du catholicon.… …   Dictionnaire de l'Académie Française 1798

  • Catholicon — Saltar a navegación, búsqueda La Summa Grammaticalis, más conocida como Catholicon fue un diccionario latino muy apreciado en la tarda Edad Media. Fue publicado por Juan de Génova en 1286. Es mencionado en las obras de Boccaccio y de Petrarca y… …   Wikipedia Español

  • Catholicon — Ca*thol i*con, n. [Gr. ?, neut. ?, universal. See {Catholic}.] (Med.) A remedy for all diseases; a panacea. [1913 Webster] || …   The Collaborative International Dictionary of English

  • catholicon — index cure, panacea Burton s Legal Thesaurus. William C. Burton. 2006 …   Law dictionary

  • catholicon — [katɔlikɔ̃] n. m. ÉTYM. XVIe; grec katholicon, adj. neutre « universel ». ❖ ♦ Pharm. anc. Électuaire de séné et de rhubarbe que l on considérait comme un remède universel (⇒ Panacée). ➪ tableau Noms de remèdes …   Encyclopédie Universelle

  • catholicon — [kə thäli kän΄, kə thäli kən] n. [ME < ML < Gr katholikon, neut. of katholikos: see CATHOLIC] Archaic a supposed medicine to cure all diseases; panacea …   English World dictionary

  • catholicon — (ka to li kon) s. m. 1°   Terme de pharmacie. Électuaire de séné et de rhubarbe qu on croyait propre à toutes sortes de maladies. 2°   Catholicon d Espagne, satire contre la ligue et Philippe II, ainsi nommée parce que le roi d Espagne y est… …   Dictionnaire de la Langue Française d'Émile Littré

  • CATHOLICON — s. m. Espèce de remède ainsi appelé, ou parce qu il est composé de plusieurs sortes d ingrédients, ou parce qu on le croyait autrefois propre à toutes sortes de maladies. Catholicon simple. Catholicon double. Ordonner, acheter, prendre du… …   Dictionnaire de l'Academie Francaise, 7eme edition (1835)

  • Catholicon — Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Le Catholicon peut être : le Catholicon (église) c est à dire l église principale d un monastère orthodoxe, le titre d un dictionnaire et grammaire… …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”