Ceneri-Basistunnel

Ceneri-Basistunnel
Ceneri-Basistunnel (im Bau)
Strecke der Ceneri-Basistunnel
Streckenlänge: 15.4 (40.19 inkl. Stollen) km
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Maximale Neigung: 8.0 
Züge/Tag: 200–250
Transportleistung (Güterzüge): 40 Mio. Tonnen/Jahr
Reisegeschwindigkeit im Regelfall: 180–225 km/h
Reisegeschwindigkeit maximal: 200–250 km/h
Baudaten
Baubeginn:
Sondiersystem Sigirino: 1997–2000
Sprengvortrieb Zugangsstollen
und Montagekavernen für TBM:
15. Februar 2008
Stand 1.Oktober 2011: 14.78 km oder 37.2%
Vortrieb TBM: 2010
Einbau Bahntechnik (geplant): 2015–2019
Durchschlag (geplant): 2015
Fertigstellung (geplant): Ende 2018
Inbetriebnahme (geplant): Ende 2019
Baukosten (Stand 2009): 1.2 Milliarden CHF
Der Ceneri-Basistunnel wird zusammen mit dem Gotthard-Basistunnel und der Neubaustrecke bei Biasca den südlichen Teil der Gotthardachse der NEAT bilden. Weitere Ausbauten sind in Planung.

Der Ceneri-Basistunnel (CBT) ist ein im Bau befindlicher Eisenbahntunnel im Schweizer Kanton Tessin. Er wird im Zuge des Schweizer Jahrhundertprojekts Neue Eisenbahn-Alpentransversale NEAT erstellt und wird als südlicher Zubringer für den Gotthard-Basistunnel dienen. Der offizielle «erste Spatenstich» fand 2006 statt, die Eröffnung ist für 2019 geplant.

Inhaltsverzeichnis

Zweck

Mit diesem 15.4 km langen Tunnel entsteht eine neue Verbindung zwischen dem alpin geprägten nördlichen Tessin (Sopraceneri), bzw. genauer: zwischen der oberhalb des Lago Maggiore tief in die umgebende Gebirgswelt eingeschnittenen Magadinoebene und dem stark hügeligen und bereits lombardisch anmutenden südlichen Kantonsteil (Sottoceneri). Durch den neuen Durchstich nähert sich die Gotthard-Bahnstrecke in entscheidendem Masse dem Zielzustand einer Flachbahn (höchster Punkt: 550 m ü.M.) an, was markante betrieblich-wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt. So werden dank der Basistunnel Gotthard und Ceneri, die maximale Neigungen von ca. sieben Promille aufweisen (und trotz noch verbleibender kürzerer Abschnitte mit Neigungen bis 21 Promille), schwere Güterzüge (mit Anhängelasten bis 4000 Tonnen) die Schweiz ohne Traktionsverstärkung passieren können.

Im Personenfernverkehr ergibt sich ein Zeitgewinn von zehn Minuten (der Tunnel ist für 250 km/h ausgelegt), allerdings um den Preis der spektakulären Aussicht, die sich den Reisenden auf der bisherigen Nordrampe bietet. Ferner verhilft der Ceneri-Basistunnel dem Tessin zu einem attraktiveren S-Bahn-Netz zwischen den Ballungszentren Bellinzona und Locarno im Sopraceneri sowie Lugano und Chiasso im Sottoceneri und Varese in der Lombardei. Dank neuer Direktverbindungen lassen sich die Reisezeiten zwischen Lugano und Locarno von heute 50 auf 22 Minuten verkürzen. Allerdings kann die boomende Luganer Industrie- und Dienstleistungszone Valle Vedeggio nicht vom schnellen Verkehr via Ceneri-Basistunnel bedient werden, und auch das dortige Kombiverkehrsterminal wird von der künftigen Transitachse abgehängt. Kritisch wird auch vermerkt, dass im Bereich Ceneri Überkapazität geschaffen wird, während bei Bellinzona und auf der einspurigen Zweiglinie Richtung Luino (–Genua) teilweise einschneidende Engpässe weiterbestehen.

Bau

Planung

1999 genehmigte der Schweizer Bundesrat das Vorprojekt zur Erstellung des Basistunnels durch den Monte Ceneri und beauftragte wie beim Gotthard-Basistunnel-Projekt die AlpTransit Gotthard AG (ATG), eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), mit dem Bau. Darauf wurde bei Sigirino ein über 3 km langer Sondier- und Erkundungsstollen ausgebrochen, um die Geologie auf Tunnelebene abzuklären. Im Dezember 2003 stimmte der Ständerat, im Juni 2004 der Nationalrat der Kreditvergabe zu.

Auf Multifunktionsstellen, wie sie beim Gotthard im Abstand von ca. 20 km gebaut werden, kann auf Grund der Tunnellänge von 15,4 km verzichtet werden. Hingegen erwies sich das ursprünglich vorgesehene Tunnelkonzept einer Doppelspurröhre nachträglich als für den geforderten Mischverkehr (gleichzeitiger Güter- und Personentransport) ungeeignet: Aus Sicherheitsgründen musste zur wesentlich teureren Bauweise mit zwei Einspurtunnels übergegangen werden, die alle 300 Meter durch Querschläge miteinander verbunden werden.[1] Parlamentarier aus verschiedenen Lagern machten allerdings Vorbehalte gegenüber dieser Lösung geltend.[2][3]

Ähnlich wie beim Gotthard-Basistunnel wird ein Zwischenangriff über einen neuen 2,5 km langen Zugangsstollen bei Sigirino aufgefahren. Dadurch kann der Haupttunnel an vier Stellen gleichzeitig ausgebrochen werden, was wesentlich zur Begrenzung der Bauzeit beiträgt. Allerdings sollen an zwei dieser vier Angriffspunkten, nämlich an den beiden Portalen, lediglich relativ kurze Gegenvortriebe aufgefahren werden, um die Anrainer vor übermässigen Belästigungen zu schützen. Die Hauptausbrucharbeiten werden daher in Sigirino stattfinden, wo wegen erwarteter Störzonen primär im Bohr-/Sprengvortrieb ausgebrochen wird. Für das Schlussstück Richtung Süden soll dann eine Tunnelbohrmaschine zum Einsatz kommen. Richtung Norden ist ausschliesslich Sprengvortrieb geplant. Der Abraum soll in Sigirino vor Ort deponiert werden.

Das Nordportal des Ceneri-Basistunnels befindet sich im Raum Vigana-Camorino, das Südportal bei Vezia. 2,5 km vor dem Südportal wird die unterirdische Verzweigung von Sarè gebaut, welche eine künftige Weiterführung des Tunnels Richtung Süden erlauben soll. Entsprechende Pläne liegen allerdings erst in summarischer Form vor und dürften mit grossen Ausführungs- und Finanzierungsproblemen verbunden sein. Auch konnte bisher noch keine Einigung mit Italien über die Linienführung einer solchen Fortsetzung erzielt werden. Für Italien steht ein möglichst zügiger Ausbau der Verbindung Richtung Langensee-Novara-Genua im Vordergrund, während das Tessin primär am Ausbau der Achse Lugano-Chiasso interessiert ist.

Im Bereich der beiden Nordportale entstehen im Tunnel sogenannte Verzweigungskavernen, die den Wechsel von der einen in die andere Röhre zulassen. Dabei wird die östliche Tunnelröhre im Portalbereich doppelspurig ausgeführt, wobei das zusätzliche, dritte Gleis der Herstellung einer direkten Verbindung zwischen Lugano und Locarno dient.

Realisierung

Ende März 2006 wurde in Sigirino mit Vorbereitungsarbeiten für die Bauplatzinstallationen begonnen. Am 2. Juni 2006 fand die feierliche Grundsteinlegung am Nordportal statt, welche der schweizerische Verkehrsminister Moritz Leuenberger für eine aussergewöhnlich scharfe Attacke gegen die Kritiker des Projekts nutzte.

Im Februar 2008 begann die Bohrung für den Fensterstollen von Sigirino (parallel zum bestehenden Sondierstollen) mit einer Tunnelbohrmaschine. Weiters wurden 2008 und 2009 Vorbereitungsarbeiten geleistet wie die Einrichtung der Installationsplätze an den Portalen sowie der Bau von Baustellengleisen und einer provisorischen Brücke bei Camorino. Mit dem grössten Baulos, dem Ausbruch der beiden Tunnelröhren ab Zwischenabgriff Sigirino, wurde 2009 eine italienische Arbeitsgemeinschaft beauftragt.[4] Mit dem Tunnelvortrieb wurde im Frühling 2010 begonnen; die Vortriebsarbeiten sollen gemäss der Leistung- und Terminplanung in Richtung Norden bereits 2014, in Richtung Süden erst 2016 beendet sein. [5]

Am 22. September 2010 kam erstmals ein Arbeiter bei den Tunnelbauarbeiten ums Leben.[6]

Knoten von Camorino

Der Knoten von Camorino (ital. Nodo di Camorino) befindet sich gleich anschliessend an das Nordportal, nämlich dort, wo sich die neue mit der bestehenden Bahnlinie kreuzt. In diesem Bereich müssen zahlreiche Brücken neu erstellt werden. Die bestehende zweigleisige Brücke über die Autobahn A2 wird durch eine viergleisige ersetzt. Zwei weitere Brücken über die Kantonsstrasse für die Zu- und Wegfahrten vom Nordportal in Richtung Bellinzona/Gotthard als auch in Richtung Locarno/Luino müssen ebenfalls neu erstellt werden. Zudem wird für die Baustelle eine provisorische Brücke über die Kantonsstrasse gebaut.

Der Knoten könnte noch an Bedeutung gewinnen, wenn später einmal die Bahnumfahrung Bellinzona gebaut werden sollte (wozu es allerdings wegen vorzeitiger Ausschöpfung der verfügbaren Mittel kaum in absehbarer Zeit kommen dürfte). Diese grösstenteils auch wieder im Tunnel verlaufende Umfahrung würde auf der gegenüberliegenden Talseite bei Sementina ihr Südportal haben und mit der Querung der Magadinoebene die beiden Tunnel verbinden. Im Kreuzungspunkt mit der alten Bahnlinie, dem Knoten von Camorino, würde dann ein neuer Bahnhof entstehen, die Stazione Ticino. Der Name lässt erahnen, dass die meisten Schnellzüge, die dann über die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke das Südtessin erreichen, nur noch dort halten und an der Tessiner Wirtschaftsmetropole Lugano vorbeifahren würden. Im Mai 2007 distanzierten sich die SBB allerdings von der Idee einer 'Stazione Ticino' und stellten klar, dass die Schnellzüge auch künftig nicht anderswo als bisher halten sollen, nämlich in den Stadtzentren.

Kosten

Für den Ceneri-Basistunnel wurden ursprünglich Kosten von ca. 1,2 Mrd. CHF veranschlagt, die sich nach dem Übergang zur zweiröhrigen Bauweise auf 2,050 Mrd. CHF erhöhten. Bereits zu Baubeginn rechnet man jedoch mit einer Kostenübersteigung von mindestens 10 %.

Siehe auch

Quellenangaben

  1. Yves Trottet, David Vernez, Marcel Jufer (École Polytechnique Fédérale de Lausanne): Analyse des risques pour les accidents dans les tunnels. Projekt im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms "Verkehr und Umwelt" (NFP 41). Pressebericht, EDMZ, Bern 1999, Bestellnummer 801.620.f
  2. Geri Müller: Dringende Fragen zum Ceneritunnel. Interpellation vom 22. Juni 2007
  3. Max Binder: Neat-Zufahrten. Situation Ceneritunnel. Parlamentarische Anfrage vom 18. Juni 2007
  4. «Ceneri: 987 Millionen Franken Auftragsvolumen nach Italien», Schweizer Bauwirtschaft online, 11. Juni 2009
  5. Bundesamt für Verkehr, Leistungen und Termine, jeweiliger Stand (eingesehen am 27. Sept 2010: Stand 1. April 2010)
  6. Ceneri-Basistunnel. In: 20 Minuten, 22. September 2010.

Weblinks


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