KZ-Gedenkstätte Dachau

KZ-Gedenkstätte Dachau
Luftbild der Anlage
Die heutige Gedenkstätte (ehemaliges Wirtschaftsgebäude)
Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte Dachau

Die KZ-Gedenkstätte Dachau liegt nordwestlich von München. Sie wurde am 5. Mai 1965 als Mahnstätte und Erinnerungsort auf dem ehemaligen Häftlingsgelände des Konzentrationslagers Dachau errichtet. Das Archiv der Gedenkstätte und ein Teil der Ausstellung befinden sich im erhalten gebliebenen ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Lagers. Die Gedenkstätte wird jährlich von etwa 800.000 Menschen aus aller Welt besucht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1955, anlässlich des 10. Jahrestages der Lagerbefreiung fand im Mai ein internationales Treffen ehemaliger Gefangener in Dachau statt. Das Comité International de Dachau, ehemalige Haftinsassen, forderte die Errichtung einer würdigen Mahn- und Gedenkstätte auf dem ehemaligen KZ-Gelände. Der Dachauer Landrat hatte 1955 den Abbruch des Krematoriums gefordert.

1960 wurde im Gebäude des ehemaligen Krematoriums ein provisorisches Museum errichtet. Ursprünglich war auch überlegt worden, nur das Krematorium und die Massengräber auf dem Waldfriedhof und dem Leitenberg (heute KZ-Friedhof) als Gedenkstätte auszuweisen. Im selben Jahr erbaute die Erzdiözese München und Freising die „Todesangst-Christi-Kapelle“.[1] Sie wurde beim 37. Eucharistischen Weltkongress in München von Weihbischof Neuhäusler am 5. August geweiht und ist „seither eine Wallfahrtstätte für Zehntausende aus aller Welt“.

Auch wurde das Kloster Karmel Heilig Blut errichtet, dessen Innenhof man durch einen früheren Wachturm des KZ betritt.[2]

1965 erreichte die Initiative die Errichtung der Gedenkstätte in der heutigen Form. Der Bayerische Jugendring, der DGB und auch der damalige Münchener OB Hans-Jochen Vogel engagierten sich für den Gedenkort. Weitere Befürworter waren Otto Kohlhofer, Alois Hundhammer, Johannes Neuhäusler und Leonhard Roth.[3][4] Die Original-Baracken wurden aufgrund ihres baufälligen Zustandes abgerissen. Die Umrisse von 32 Baracken wurden in Beton nachgegossen. Die Evangelische Versöhnungskirche und die Israelitische Gedenkstätte wurden errichtet. Als "Weg des Erinnerns" wurde die ehemalige Schienenstrecke zwischen dem Dachauer Bahnhof und der Gedenkstätte ausgewiesen.

1968 wurde das Internationale Mahnmal eingeweiht, das sich auf dem ehemaligen Appellplatz befindet.

1994 wurde von Soldaten der aus Deutschland abziehenden russischen Armee in altrussischem Stil die russisch-orthodoxe Kapelle zu Ehren der Auferstehung Christi als Gedenkstätte für die orthodoxen Opfer (Russen, Griechen, Serben u.a.) des Nationalsozialismus errichtet.[5]

1995 wurde in Landsberg am Lech, dem Ort eines der größten Außenlager Dachaus, die Europäische Holocaustgedenkstätte errichtet.

1998 entstand eine Internationale Jugendbegegnungsstätte in Dachau.

2003 kam es zu einer Neugestaltung der Ausstellung.[6] Zusätzlich ist nun der Nachbau einer Baracke zu sehen, deren Innenausbau die Zeit des Lagers reflektiert. Die Trägerschaft der Gedenkstätte wurde in eine landeseigene Stiftung überführt.

Jourhaus, seit 2005 Eingang zur Gedenkstätte (Originalgebäude)

Ende April 2005 wurde der Besuchereingang von der Ostseite zum Lagertor am Jourhaus verlegt – dies war früher der einzige Zugang zum Lager. Auch kam es zu einer Umgestaltung des Museumskonzepts: Als Mahnmal gegen das NS-Regime wie auch Erinnerungsort der ehemaligen Häftlinge findet der Gedenkort nun verstärkt Verwendung als internationaler Lern- und Gedächtnisort für insbesondere jugendliche Gäste. Durch den Generationswechsel wie auch dem absehbaren Wegsterben der verbleibenden Zeitzeugen ist die Gedenkstättenarbeit in Dachau einem tiefgreifenden Umbruch unterworfen.

Es gibt eine Vielzahl von Vereinen und Initiativen sowie Periodika und Veröffentlichungen. Im Frühsommer 1980 entstand der Verein Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der Dachauer Zeitgeschichte e.V. Es gibt die Würmtaler Bürgerinitiative – Gedenkzug Todesmarsch von Dachau. Der Verein Geschichtswerkstatt Mühldorf e.V. hat sich gebildet, 2001 erschien sein erstes Buch über das dortige Außenlager.[7]

Die Tagung „KZ-Außenlager in Bayern. Bestandsaufnahme und Perspektiven (Dachau, Flossenbürg, 200 Außenlager)“ fand am 17. und 18. November 2006 in Nürnberg statt. Veranstalter war die Stiftung Bayerische Gedenkstätten. In der Landeshauptstadt München finden immer wieder Vorträge und Podiumsdiskussionen statt. Vom 19. bis 26. November 2006 wurde auf den „20. jüdischen Kulturtagen“ auf die „Geschichte der Juden in Bayern“ eingegangen, die sich auch im Konzentrationslager Dachau oder seinen Außenlagern abgespielt hat. Die Kulturtage wurden von der Gesellschaft zur Förderung jüdischer Kultur und Tradition e.V., dem Lehrstuhl für jüdische Geschichte und Kultur der LMU München und der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit unterstützt.[8]

Die langjährige Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, Barbara Distel, ging 2008 in den Ruhestand, ihre Nachfolgerin ist Gabriele Hammermann.[9]

Nach einer Ausschreibung im Jahr 2005 wurden im Mai 2007 die Bauarbeiten für das neue Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte aufgenommen. Am 30. April 2009 wurde es eröffnet.

Die Gedenkstätte kooperiert mit der Stadt Dachau bei der Verleihung des Dachau-Preises für Zivilcourage.

Organisation und Erhalt

Die finanzielle Situation ist besser als etwa bei Gedenkstätten in den neuen Bundesländern und Berlin. 2006 betrugen die Zuwendungen für die Stiftung Bayerische Gedenkstätten, die Dachau, Flossenbürg und deren über 150 Außenstellen zu unterhalten hat, insgesamt 4,5 Millionen Euro.[10] Der Stiftungsrat beinhaltet neben Vertretern des Freistaates, des Bundes, der lokalen Kommunen wie der evangelischen und katholischen Kirche und der israelitischen Kultusgemeinden auch verschiedene Verbände der ehemaligen Häftlinge, insbesondere auch das Internationale Dachau-Komitee. Ein Kuratorium mit beratender Funktion bezieht weitere gesellschaftliche Gruppen ein, die bereits bei der Einrichtung der Gedenkstätte eine wichtige Rolle spielten, so den bayerischen Jugendring, dem Verband der Sinti und Roma in Bayern und dem bayerischen DGB.

Weitere Mittel und Aktivitäten werden etwa über Parkgebühren, Spenden und die Aktivitäten der Religionsgemeinschaften und privater Träger und Fördervereine organisiert. Der vom Leiter (und Sohn des Gründers) des Internationalen Dachau-Komitees CID, Pieter Dietz de Loos geforderten Erhebung von Eintrittsgeldern auf dem Gelände wurde breit widersprochen.[11]

Zwischen 1985 bis 2009 erschienen die Dachauer Hefte, die auch in der Gedenkstätte erhältlich sind.

Die Gedenkstättenarbeit ist auf Honorarkräfte angewiesen, daher finden an der Gedenkstätte „Ausbildungskurse als Referent/in“ statt, die nach erfolgreichem Abschluss Führungen auf dem Gelände erlauben.[12] Monatlich wird ein Referententreffen zum Erfahrungsaustausch angeboten, regelmäßig gibt es auch Gespräche mit Zeitzeugen.[13][14]

Weblinks

 Commons: Konzentrationslager Dachau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. „Todesangst-Christi-Kapelle“
  2. Kloster Karmel Heilig Blut
  3. Comite Internationale de Dachau; Barbara Distel, KZ Gedenkstätte Dachau (Hrsg.): Konzentrationslager Dachau 1933 bis 1945 – Text- und Bilddokumente zur Ausstellung, München 2005, ISBN 3-87490-750-3, S. 218
  4. Das ehemalige Konzentrationslager Dachau, 1945–1968, in: Dachauer Hefte 1992
  5. Dabei wirkte auch der ehemalige Gefangene Gleb Rahr mit. In der Kapelle wird ein kleines Holzkreuz aufbewahrt, das er seinerzeit während seiner Lagerhaft selbst gebastelt hatte. Auf der zentralen Auferstehungsikone in der Dachauer Kapelle wurde Gleb Rahr von der Ikonenmalerin indirekt verewigt, indem sie einen der dort abgebildeten Häftlinge Rahrs damalige Häftlingsnummer R64923 tragen ließ. Die Errichtung der Auferstehungskapelle führte später zur Gründung einer Gemeinde des Moskauer Patriarchats in München.
  6. Bericht der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit: Neugestaltung der Ausstellung der Gedenkstätte Dachau im Jahr 2004, Stand 9. Januar 2007
  7. Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der Dachauer Zeitgeschichte e.V., Würmtaler Bürgerinitiative „Gedenkzug Todesmarsch von Dachau“, Verein „Geschichtswerkstatt Mühldorf e.V.“, Günther Egger, Elke Egger: Der Landkreis Mühldorf a. Inn im Nationalsozialismus. Rhombos Verlag, Berlin 2001, 164 S., Ill., ISBN 3-930894-39-4
  8. Programm der 20. Jüdische Kulturtage 2006
  9. Artikel der Augsburger-Allgemeinen über Gabriele Hammermann
  10. Zuwendungen für alle bayerischen KZ-Gedenkstätten
  11. NEIN zum Eintrittsgeld in die KZ-Gedenkstätte Dachau, Erklärung des Fördervereins für Internationale Jugendbegegnung und Gedenkstättenarbeit in Dachau e.V.
  12. Ausbildungskurs Referent, Stand: 6. Dezember 2008
  13. Möglichkeit zum Gespräch mit Zeitzeugen:
  14. Verschiedene Zeitzeugen, effner.de, Stand: 6. Dezember 2008
48.27027777777811.468055555556

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Konzentrationslager Dachau — DMS …   Deutsch Wikipedia

  • Dachau — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Dachau — Dạ|ch|au: Stadt in Bayern. * * * Dạchau,   1) Kreisstadt in Bayern, Große Kreisstadt, 505 m über dem Meeresspiegel, 36 300 Einwohner; im tertiären Hügelland am Rand des Dachauer Mooses (ein rd. 18 000 ha großes Niedermoorgebiet) an der Amper… …   Universal-Lexikon

  • Dachau-Preis für Zivilcourage — Der Dachau Preis für Zivilcourage wurde von der Stadt Dachau anlässlich des 1200jährigen Stadtjubiläums im Jahre 2005 gestiftet. Mit ihm will die Stadt Personen ehren, „die sich mit Mut, Phantasie und Engagement für die Rechte von Verfolgten und… …   Deutsch Wikipedia

  • KZ Dachau — 48.27027777777811.468055555556 Koordinaten: 48° 16′ 13″ N, 11° 28′ 5″ O …   Deutsch Wikipedia

  • Internationales Dachau-Komitee — Das Comité International de Dachau (CID) ist die Organisation der ehemaligen Häftlinge des KZ Dachau. Inhaltsverzeichnis 1 Gründung im Jahr 1945 2 Wiedergründung mit internationaler Vernetzung 3 Literatur 4 Referenzen // …   Deutsch Wikipedia

  • Comité International de Dachau — Das Comité International de Dachau (CID) ist die Organisation der ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau bei München. Inhaltsverzeichnis 1 Gründung im Jahr 1945 2 Wiedergründung mit internationaler Vernetzung 3 Dachauer Hefte …   Deutsch Wikipedia

  • Versöhnungskirche (Dachau) — Versöhnungskirche Eingang …   Deutsch Wikipedia

  • Pfarrerblock (KZ Dachau) — Pfarrerblock, auch Priesterblock, wurden in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern jene Baracken (euphem: Wohnblocks) genannt, in denen Geistliche verschiedener Konfessionen und verschiedener, größtenteils aber polnischer, Nationalität… …   Deutsch Wikipedia

  • KZ-Friedhof Dachau Leitenberg — Der KZ Friedhof Dachau Leitenberg im Dachauer Ortsteil Etzenhausen ist seit 1959 ein Friedhof für einen Teil der Opfer des Konzentrationslagers Dachau bei München. Der ursprünglich 1945 von der SS als Massengrab angelegte Gräberort Leitenberg… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”