Klaus Regling

Klaus Regling

Klaus Regling, auch Klaus P. Regling, (* 3. Oktober 1950 in Lübeck) ist der Leiter der European Financial Stability Facility, einer Société anonyme nach luxemburgischem Recht, die den Europäischen Stabilisierungsmechanismus umsetzt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Er ist der Sohn des Lübecker Tischlermeisters und SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Regling.[1] Er selbst ist parteilos.[2] Ihm wird nachgesagt, dass er der CDU nahestehe.[3] Nach dem Abitur am Johanneum im Mai 1969 studierte er in Regensburg und Hamburg Volkswirtschaft.

Von 1975 bis 1980 arbeitete er für den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. Zunächst war er im Rahmen des „young professional program“ in der Forschungs- und in der Afrika-Abteilung tätig. 1977 arbeitete er in der Vorbereitungsgruppe des World Economic Outlook. Danach arbeitete er kurzzeitig für den Bundesverband deutscher Banken (BdB). Ab 1981 kam er zum Bundesfinanzministerium in das Referat für europäische Währungsangelegenheiten.

Von 1985 bis 1991 arbeitete er wieder für den IWF. In Washington war er in leitender Stellung tätig im Referat für internationale Kapitalmärkte und bereitete die Kapitalmarktberichte vor. Er führte Verhandlungen mit afrikanischen und asiatischen Ländern über IWF-Programme. So wirkte er an der Schulden-Umstrukturierung von Marokko, den Philippinen und Indonesien mit. 1989 wurde er Leiter des IWF-Büros in Jakarta.

Unter dem Bundesfinanzminister Theo Waigel und Staatssekretär Jürgen Stark kam er 1991 wieder an das Finanzministerium. Er war dort maßgeblich am Entwurf des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes beteiligt. Von 1991 bis 1993 war er Leiter des Referats für Internationale Währungsangelegenheiten. Von 1993 bis 1994 war er stellvertretender Abteilungsleiter für Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen. Mit Horst Köhler und Hans Tietmeyer war er einer der Schlüsselfiguren bei den Verhandlungen über den Vertrag von Maastricht.[3]

Von 1993 bis 1998 war er Stellvertretender Gouverneur der Inter-American Development Bank und der Asian Development Bank,[3] sowie Aufsichtsratsmitglied der Hermes Kreditversicherungs-AG. Ab 1995 leitete er im Ministerium die Abteilung Europäische und Internationale Währungs- und Finanzbeziehungen.

Nach dem Regierungswechsel 1998 wurde Regling auf eigenen Wunsch hin vom damaligen Finanzminister Oskar Lafontaine in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Er arbeitete dann zwei Jahre lang als Geschäftsführender Direktor der 'Moore Capital Strategy Group' in London, einen der führenden amerikanischen Hedgefonds. Regling arbeitete dort anderthalb Jahre mit dem heutigen Schweizer Notenbankchef Philipp Hildebrand zusammen.[4]

Von 2001 bis 2008 war er Generaldirektor für wirtschaftliche und finanzielle Angelegenheiten bei der Europäischen Kommission. Er wurde von Bundeskanzler Gerhard Schröder vorgeschlagen. Als Deutschland und Frankreich die Defizitgrenzen 2002 und 2003 überschritten hatten, leitete die EU-Kommission auf seine Initiative hin ein Defizitverfahren gegen Deutschland ein. Auf Grund der Verärgerung Gerhard Schröders wurde Regling zur Persona non grata in Berlin erklärt.[5][2][6] Der Konflikt mündete in einer Reform des Regelwerks, die Sommer 2005 in Kraft trat. Der „strategische Kopf“ hinter dieser Reform war Regling.[7] Im Herbst 2005 bereinigten Regling und Währungskommissar Joaquín Almunia das Verhältnis zur deutschen Regierung: Noch vor Amtsantritt der neuen Bundesregierung wurden mit Angela Merkel und ihrem Finanzminister Peer Steinbrück die Modalitäten vereinbart, die das Defizit wieder unter die Drei-Prozent-Grenze drücken sollten.[8][7] 2008 schied Regling aus dem EU-Dienst aus, da er sich der üblichen Postenrotation nach spätestens sieben Jahren nicht unterordnen wollte.[7]

Er ist seit 2001 Mitglied im Wirtschafts- und Finanzausschuss der Europäischen Union. Zudem ist er seitdem Stellvertretender Gouverneur für die EU bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau (EBWE) und Vorstandsmitglied der Europäischen Investitionsbank (EIB).

Seit 2005 ist Regling Policy Fellow beim privaten IZA.[9]

Er war Mitglied der Expertenkommission der Bundesregierung zur Reform der internationalen Finanzmärkte („Neue Finanzarchitektur“) unter dem Vorsitz Otmar Issings.[10] Der Staatssekretär Jörg Asmussen begann unter Regling seine Karriere im Bundesfinanzministerium[11] und ist nun als Mitglied im EFSF-Direktorium einer von Reglings 16 Chefs. Er plädierte vor zwei Jahren für ein großes Konjunkturprogramm, „zum ersten Mal in meinem Berufsleben“.[12]

2008/2009 war er Dozent an der 'Lee Kuan Yew School of Public Policy' an der National University of Singapore.

Von Neujahr bis Mitte Juni 2010 war Regling Direktor des Hedgefonds Winton Futures Fund Ltd.[13] Derzeit ist er Vorsitzender von KR Economics, einer von ihm im September 2009 gegründeten Beratungsfirma in Brüssel. Er beriet unter anderem Singapur bei einem finanziellen Engagement im Euro-Raum.

Seit dem 1. Juli verwaltet er in Luxemburg den Hilfsfonds der EU, den sogenannten Euro-Rettungsschirm. Entgegen seiner Einschätzung Ende September, dass die damaligen Konsolidierungsmaßnahmen in Irland und Portugal sein „zentrales Szenario“ der Untätigkeit des EFSF bestätigen, hat Irland einen Antrag auf Nutzung des Schirms eingereicht.[4]

Im jüngsten Streit über EU-Anleihen steht er der Seite des Luxemburger Premiers Jean-Claude Juncker nahe.[14]

Kritik

Nach überwiegender Ansicht gilt Regling als ein prinzipientreuer, unideologischer Beamter.[14] Nach anderer Ansicht sei er ein „überzeugter“,[15]knallharter Monetarist[10] und gehöre zu den „großen Förderern neoliberaler Positionen[16]

Es wird ihm vorgeworfen, dass „Herr Regling verantwortlich im Finanzministerium [war], als von 1990 bis 1993 die Staatsverschuldung neue Rekorde erreichte[17] und „zwischen 2001 und 2008 der zuständige Verantwortliche in Brüssel war, der die griechische Finanzentwicklung zu überwachen hatte und sich dann mit den getürkten Zahlen abgefunden hatte“.[18] Von anderer Seite wird ihm vorgeworfen, dass er „entscheidend an der Aufweichung des Pakts“ 2005 mitgewirkt hat.[7]

Selbstkritisch ist er heute der Ansicht, dass „[e]s ... ein Fehler [war], dass wir vor allem auf die Staatsfinanzen geschaut haben“, denn die EU-Kommission hätte neben der staatlichen auch die private Verschuldung überwachen müssen. Er steht damit dem französischen Vorschlag einer europäischen Wirtschaftsregierung nicht fern.[14]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „Finanzkrise: Ein Lübecker soll Irland retten“, Online-Portal vom 25. November 2010 der Lübecker Nachrichten; Gerhard Krüger: „Der Mann mit dem Rettungsschirm“, Online-Portal der Ostsee-Zeitung vom 25. November; jeweils abgerufen am 28. Januar 2011.
  2. a b „Porträt: Deutscher Hüter der Stabilität“, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20. November 2003, abgerufen am 29. Januar 2011.
  3. a b c „Money meister“ European Voice vom 31. Mai 2001, abgerufen am 29. Januar 2011.
  4. a b „Was ging schief, Herr Regling?“, Neue Zürcher Zeitung vom 22. November 2010, abgerufen am 29. Januar 2011.
  5. Ruth Berschens: „Euro-Rettungsschirm: Im Zweifel für die Prinzipientreue“, Handelsblatt vom 10. Juni 2010, abgerufen am 29. Januar 2011.
  6. Christian Reiermann: „Beamter mit Prinzipien“, Der Spiegel vom 9. Februar 2002, abgerufen am 29. Januar 2011.
  7. a b c d Europäischer Feuerwehrmann. Im Porträt: Klaus Regling. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 10. Juni 2010, abgerufen am 29. Januar 2011
  8. Peter Ehrlich: „Klaus Regling - Brüssels Milliardenmann“, Financial Times Deutschland vom 9. Juni 2010, abgerufen am 29. Januar 2011.
  9. IZA: „Klaus Regling, Policy Fellow“, abgerufen am 29. Januar 2011.
  10. a b LobbyControl: „Einseitige Expertengruppen zur Finanzkrise“, 25. Februar 2009, abgerufen am 29. Januar 2011.
  11. Wilfried Herz: „Finanzministerium: Ein Manager mit Beamtenstatus“, Die Zeit vom 9. Juni 2004, abgerufen am 29. Januar 2011
  12. Gerold Büchner: „Porträt Klaus Regling: Der Retter des Euro“, Frankfurter Rundschau vom 17. Juni 2010.
  13. Bloomberg Businessweek, abgerufen am 29. Januar 2011.
  14. a b c Robert von Heusinger: „EZB: Der Euro-Retter“, Frankfurter Rundschau vom 30. Dezember 2010, abgerufen am 29. Januar 2011.
  15. Wolfgang Lieb: „Würden Sie diesen Finanzexperten trauen?“, Nachdenkseiten vom 23. März 2009
  16. Albrecht Müller: „Die Reformlüge“, zitiert nach den Nachdenkseiten vom 9. Dezember 2005, abgerufen am 29. Januar 2011.
  17. Thomas Fricke: „Krisensichere Viererbande“, Financial Times Deutschland vom 11. Dezember 2005, Auszüge im FTD-WirtschaftsWunder-Blogs, abgerufen am 29. Januar 2011.
  18. Joachim Jahnke: „Regling: Noch ein Finanz-Bock, der Gärtner sein will“, Infoportal Deutschland und Globalisierung vom 16. Juni 2010, abgerufen am 29. Januar 2011.

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