Sophie Lissitzky-Küppers

Sophie Lissitzky-Küppers

Sophie Lissitzky-Küppers (* 1891 in Kiel; † 1978 in Nowosibirsk) war eine deutsche Kunsthistorikerin, Förderin der Avantgarde, Autorin und Kunstsammlerin.

Sie war in erster Ehe mit Paul Erich Küppers, dem ersten Direktor des Kestnergesellschaft Hannover, verheiratet und in zweiter Ehe mit dem russischen Maler und Architekten El Lissitzky. Diesem folgte sie 1927 in die Sowjetunion, nach seinem Tod 1941 wurde sie während des Zweiten Weltkriegs als feindliche Ausländerin nach Nowosibirsk verbannt. Dort lebte sie bis zu ihrem Tod 1978.

Paul Klee: Sumpflegende, heute im Besitz des Lenbachhauses München

Bei ihrer Emigration aus Deutschland überließ sie dem Provinzialmuseum Hannover 16 Kunstwerke ihrer Sammlung Moderner Kunst als Leihgaben, davon wurden 13 Werke im Jahr 1937 bei der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt. Der Standort von lediglich vier Gemälden wurde in Nachkriegszeit bekannt. Seit 1989 bemüht sich der Sohn von Sophie Lissitzky-Küppers, Jen Lissitzky, um die Restitution. Die Werke La grappe de raisins von Louis Marcoussis und Fliegenstadt von Paul Klee wurden ihm 2000 beziehungsweise 2001 zurückgegeben, über das Gemälde Improvisation No. 10 von Wassily Kandinsky erzielte er eine Einigung mit dem neuen Eigentümer. Im Fall des Bildes Sumpflegende von Paul Klee, das sich im Besitz der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München befindet, wurde eine Restitution mit dem Hinweis auf die Verjährung abgelehnt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

1891 wurde Sophie als Tochter von Mathilde und Christian Schneider geboren. Ihr Vater war Schiffsarzts bei der Marine in Kiel und stammte aus der Münchener Verlegerfamilie Friedrich Schneider. Sie war das älteste von insgesamt vier Kindern. Im Jahr 1900 zog die Familie von Kiel zurück nach München, da der Vater als Leibarzt seines kranken, reichen Bruders Julius Schneider aufkommen sollte. Ab 1909 studierte Sophie Kunstgeschichte an der Universität München. Dort lernte sie Paul Erich Küppers kennen, den sie 1916 heiratete und mit dem sie von München nach Hannover zog. [1].

Hannover

Paul Küppers wurde der erste Direktor der am 10. Juni 1916 gegründeten Kestnergesellschaft, gemeinsam belebte das junge Ehepaar das kulturelle Leben der Stadt durch zahlreiche Ausstellungen insbesondere von jungen und damals unbekannten Künstlern, wie zum Beispiel Kurt Schwitters, kunsthistorische Vorträge, Klavierkonzerte, Lesungen und Dada-Abende. Das Ehepaar erstand in dieser Zeit auch einige aufsehenerregende Kunstwerke von Künstlern, die von ihnen unterstützt wurden, so die Sumpflegende von Paul Klee oder Improvisation Nr. 10 von Wassily Kandinsky.

1917 beziehungsweise 1920 wurden die beiden Söhne Kurt und Hans geboren. Am 7. Januar 1922 starb Paul Küppers an der Spanischen Grippe.

Lissitzky beim Ersten Internationalen Kongress fortschrittlicher Künstler in Düsseldorf, 1922, mit Künstlern aus der Gruppe De Stijl

In den folgenden Jahren setzte Sophie Küppers das Engagement für die Moderne Kunst und die junge Künstler fort, insbesondere die sowjetische Avantgarde fand ihr Interesse, was ihr den Kosename la mère des bolcheviks einbrachte. Über Kurt Schwitters lernte sie 1922 den russischen Maler und Architekten El Lissitzky kennen. Sie stellte die Kontakte zu der Künstlergruppe De Stijl her und organisierte internationale Ausstellungen, so zum Beispiel 1926 in der Galerie Goltz in München die Aufsehen erregende Werkschau Mondrian – Paris, Lissitzky – Moskau, Man Ray – New York. [2]

Moskau

Im Jahr 1927 heiratete sie El Lissitzky und folgte ihm nach Moskau. Einen Teil ihrer Kunstsammlung verkaufte sie, 16 Werke gab sie als Leihgaben an das Provinzialmuseum Hannover. Aufgrund der ungewissen Zukunft ließ sie ihre Söhne zunächst in einem Internat in Gebesee in Thüringen. Sophie fand Aufnahme in dem Moskauer Künstlerkreis um die Regisseure Sergej Eisenstein, Wsewolod Meyerhold, den Architekten Moisei Ginzburg und Wladimir Tatlin, die eng mit Lissitzky zusammenarbeiteten. Der zur Macht gelangte Stalinismus setzte die zum revolutionären Aufbruch gezählten Künstler massiv unter Druck. Die neue Regierung erklärte die Abstrakte Kunst für tot und forderte anstelle von expressionistischen Emotionen und konstruktivistischen Entwürfen eine Kunst des sozialistischen Realismus.

1930 wurde Sophies und Els Sohn Jen Lissitzky geboren. Ein Jahr später zog die Familie in das damals ländliche Schodnja, 45 Kilometer von Moskau entfernt, und holte die beiden Kinder aus dem Internat zu sich. Die politischen Verhältnisse hatten sich derart verschärft, dass einerseits die wachsende Bedeutung des Nationalsozialismus in Deutschland dem deutsch-russischen Paar und den Söhnen des jüdischen Vaters Paul Küppers zur Gefahr wurde, andererseits Sophie als Ausländerin staatlichen Repressionen ausgesetzt war und ihr zum Beispiel keine Reiseerlaubnis innerhalb der Sowjetunion erteilt wurde.

El Lissitzky litt bereits seit 1921 an Tuberkulose, ab 1935 erkrankte er schwer, zahlreiche Krankenhaus- und Sanatoriumsaufenthalte erschwerten die Lebensbedingungen der Familie. Kurt Küppers, damals 18jährig, verließ 1935 die Sowjetunion und ging nach Dresden. 1938 wurde er in das KZ Sachsenhausen deportiert und nach unbekannter Zeit wieder entlassen. Er überlebte den Holocaust.

Am 30. Dezember 1941 starb El Lissitzky, ein halbes Jahr nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Sowjetunion. Hans Küppers machte 1941 ein Diplom als Deutschlehrer, doch es war ihm verboten, sowjetische Kinder zu unterrichten. Er wurde zum Arbeitsdienst in Moskau, später in den Ural eingezogen. Dort starb er mit unbekannter Ursache im Juli 1942.

Nowosibirsk

Im Jahr 1944 wurde gegen Sophie Lissitzky-Küppers als feindliche Ausländerin die ewige Verbannung verhängt, sie wurde mit ihrem damals 14 jährigen Sohn Jen nach Nowosibirsk verbracht. Sie konnte schließlich als Handarbeitslehrerin im örtlichen Kulturclub ihr Überleben sichern. Über ihre Freundin Pera Eisenstein, der Frau von Sergej Eisenstein, erhielt sie schließlich die Nachricht, dass ihr Sohn Kurt den Nationalsozialismus überlebt hatte. (Kurt Küppers starb 1960 in Dresden.)

Drei Jahre nach Stalins Tod, 1956, erfolgte endlich die offizielle Aufhebung der Verbannung. Sophie behielt allerdings ihren Lebensmittelpunkt in Sibirien. 1958 unternahm sie eine Reise nach Deutschland und Österreich, ihr Sohn Jen musste als „Pfand“ zurückbleiben. In Hannover versuchte sie Auskunft über ihre Kunstsammlung zu bekommen, doch ihr wurde mitgeteilt, dass über den Verbleib der Gemälde nichts bekannt sei.

In den folgenden Jahren arbeitete sie im Kontakt mit Erhard Frommhold, dem Lektor des Verlag der Kunst Dresden an der Monografie und Zusammenstellung eines Werkverzeichnisses von El Lissitzky, das im Jahr 1968 herausgegeben wurde. [3]

Mitte der 1970er suchte Lilo Schultz-Siemens, eine Angestellte der Galerie Antonina Gmurzynska aus Köln, Sophie Lissitzky-Küppers in Nowosibirsk auf, um nach Arbeiten von El Lissitzky zu forschen, die auf dem westlichen Kunstmarkt äußerst nachgefragt waren. Sophie übergab der Kunsthändlerin mindestens elf Gemälde, die diese auf unbekanntem Weg aus der Sowjetunion schmuggelte. Ein Anteil des Verkaufserlöses sollte darauf verwendet werden, Sophies Rückkehr nach Deutschland zu unterstützen und zu finanzieren. Ab 1975 hat diese sieben Ausreiseanträge gestellt, die allesamt abgelehnt wurden.

Am 10. Dezember 1978 starb Sophie Lissitzky-Küppers in Nowosibirsk an einer Lungenentzündung.

Die Sammlung

Sophie Lissitzky-Küppers Sammlung avantgardistischer und insbesondere kubistischer Kunstwerke entstand vor allem in den Jahren in Hannover, während ihrer Förderung von jungen, modernen Künstlern und umfasste, neben weiteren, Werke von Paul Klee, Wassily Kandinsky, Piet Mondrian, Kurt Schwitters und El Lissitzky. Vor ihrer Auswanderung in die Sowjetunion hat sie einige Bilder verkauft. Sechzehn Bilder gab sie als Leihgaben in das Provinzial Museum Hannover, drei davon holte El Lissitzky 1930 bei seiner letzten Deutschlandreise ab und brachte sie nach Moskau. Die verbliebenen wurden 1937 im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt, teilweise in der gleichnamigen Ausstellung verschmäht, einige später verkauft. Neun Werke gelten seither als verschollen.

Liste der Kunstwerke

In der folgenden Tabelle sind die 16 Kunstwerke aufgeführt, die Sophie Lissitzky-Küppers 1926 dem Provinzial Museum Hannover als Leihgaben übergab. Mit der Provenienz wird der weitere Weg der Gemälde, so weit er nachvollziehbar ist, angegeben. Das dabei mehrmals genannt Schloss Niederschönhausen diente nach der 1937 durchgeführten Beschlagnahme der Aktion „Entartete Kunst“ für einen großen Teil der Werke als Lager. Die sogenannte Fischerliste ist darin das Beschlagnahme-Inventar, das ab 1941 angelegt wurde und insgesamt über 16.000 Kunstwerke verzeichnet. [4] Aufgeführt sind auch die drei Gemälde, die El Lissitzky 1930 nach Moskau brachte und ihr weiterer Werdegang.

Künstler Werk Provenienz Anmerkung / Quelle
Albert Gleizes Kubistischen Landschaft bei Paris
Gemälde, 1917
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt, im Depot Schloss Schönhausen eingelagert, aufgeführt auf der Fischerliste,
Kauf durch den Kunsthändler Karl Buchholz.
verschollen
Abgebildet in Paul Küppers: Kubismus [5]
George Grosz Schlafstube
Gemälde
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt.
verschollen
ausgestellt in der Kestner-Gesellschaft 1921 [6]
Wassily Kandinsky Komposition
Farbige Lithographie
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt.
verschollen
Inventarbuch Landesmuseum Hannover [7]
Wassily Kandinsky Improvisation Nr. 10
Öl auf Leinwand, 1910
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt,
1939 von dem Kunsthändler Ferdinand Möller gekauft, 1951 weiterverkauft an Ernst Beyeler.
Fondation Beyeler in Basel
2002 restituiert: das Gemälde blieb gegen Entschädigung im Besitz der Fondation [8].
Paul Klee Haus und Mond (Landschaft mit dem aufgehenden Vollmond)
Aquarell, 1919
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt.
verschollen
Abgebildet in Paul Küppers: Kubismus [9]
Paul Klee Fliegenstadt (Verlassener Platz einer exotischen Stadt)
Aquarell
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt, 1940 von dem Kunsthändler Ferdinand Möller gekauft
gelangte auf unbekanntem Weg nach Tokio.
2001 restituiert: an den Erben zurückgegeben
Inventarbuch Landesmuseum Hannover [10]
Paul Klee Kubischer Aufbau, Öl auf Karton, 1920 1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1930 nach Moskau, später nach Nowosibirsk gebracht;
1958 von Sophie Lissitzky nach Österreich geschmuggelt und verkauft.
seit 1984 im Eigentum des Metropolitan Museum of Art [11]
Paul Klee Der Komet von Paris
Aquarell, 1918
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1930 nach Moskau gebracht, 1944 während der Ausweisung nach Nowosibirsk gestohlen.
heute: Puschkin-Museum Moskau [12]
Paul Klee Sumpflegende
1919, Öl auf Karton
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt, in der Ausstellung „Entartete Kunst“ geschmäht, 1941 von dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt gekauft;
nach mehreren Verkaufsstationen von der Gabriele Münter- und Johannes Eichner Stiftung sowie der Stadt München erworben.
heute: Lenbachhaus, München
nicht restituiert: 1993 wurde die Rückgabe wegen Verjährung abgelehnt [13]
Fernand Léger Ohne Titel, Aquarell 1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt, im Depot Schloss Schönhausen gelagert, aufgeführt auf der Fischerliste.
verschollen [14]
Fernand Léger Ohne Titel, Aquarell 1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1930 nach Moskau gebracht.
verschollen [15]
El Lissitzky Proun Schwarzes Kreuz
Gemälde
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt.
verschollen [16]
El Lissitzky Proun S.K.
Gemälde
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt.
verschollen [17]
Louis Marcoussis La grappe de raisins
Gemälde
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt, von dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt gekauft
an den Kölner Sammler Josef Haubrich weiterverkauft, gelangte später in das Museum Ludwig.
2000 restituiert: an den Erben zurückgegeben [18].
Piet Mondrian Neoplacticisme (Komposition Schilderij No. 2 mit Blau, Gelb, Schwarz und verschiedenen hellgrauen und weißen Tönen)
Gemälde
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt, später durch den Kunsthändler Karl Buchholz verkauft.
verschollen [19]
Karl Schmidt-Rottluff Landschaft
Aquarell
1926 Leihgabe an das Provinzial Museum Hannover,
1937 beschlagnahmt.
verschollen
ausgestellt in der Kestnergesellschaft 1920 [20]

Restitutionen

Jen Lissitzky, dem Sohn von Sophie und El Lissitzky gelang 1989 die Ausreise aus der Sowjetunion. In den folgenden Jahren recherchierte er nach dem Verbleib der Kunstsammlung seiner Mutter. Im Fall der Mitte der 1970er Jahre von der Kölner Galerie Gmurzynska aus Nowosibirsk erworbenen elf Gemälde von El Lissitzky wurde nach vierjährigem Prozess 1993 vor dem Oberlandesgericht Köln ein Vergleich geschlossen. Jen Lissitzky erhielt 300.000 DM. [21] Von den ehemaligen dreizehn verbliebenen Leihgaben an das Provinzial Museim Hannover konnte er lediglich von vier Gemälden den jeweils neuen Eigentümer ermitteln. Der Umgang mit der angeforderten Restitution war äußerst unterschiedlich.

  • Wassily Kandinsky, Improvisation No. 10, Öl auf Leinwand, 1910
Provenienz: Sophie und Paul Küppers haben dieses Gemälde am 15. Oktober 1919 in der Berliner Galerie „Der Sturm“ für rund 3.000 Mark erworben. Sophie Küppers übergab es dem Provinzial Museum 1926 als Leihgabe. Am 5. Juli 1937 wurde es dort beschlagnahmt, zunächst im Schloss Schönhausen eingelagert und 1939 von dem mit der Verwertung beauftragtem Kunsthändler Ferdinand Möller für 100 US-Dollar gekauft. Dieser verkaufte es 1951 an den Schweizer Kunstsammler Ernst Beyeler zu einem Preis von 28.000 SFR. Es ist inzwischen im Besitz der Fondation Beyeler in Basel.
Restitution: Jen Lissitzky macht im Jahr 2002 als Erbe seiner Mutter vor einem Basler Gericht Ansprüche auf Rückerstattung des Bildes geltend. Vor einer Entscheidung des Gerichts kam es zu einer Einigung zwischen den Parteien, für eine unbekannt hohe Entschädigungszahlung verzichtete der Erbe auf alle weiteren Ansprüche. Das Gemälde blieb im Besitz der Beyeler Fondation. [22]
  • Paul Klee, Fliegenstadt (Verlassener Platz einer exotischen Stadt), Aquarell, 1921
Provenienz: Wie die anderen Bilder aus der Sammlung Sophie Küppers wurde auch dieses 1937 beschlagnahmt. Es wurde 1940 von dem Kunsthändler Ferdinand Möller gekauft und gelangte über Jahre und mehrere Verkaufsstationen in eine Galerie in Tokio. Dort erwarb 1997 der Industrielle Masayuki Murata das Aquarell für das private Museum Kiyomizu Sannenzaka (Kioto).
Restitution: Nachdem Murata die Provenienz des Bildes bekannt wurde, gab er es im Januar 2001 gegen einen symbolischen Preis, dessen Höhe unbekannt ist, an Jen Lissitzky zurück. [23]
  • Paul Klee, Sumpflegende, Öl auf Karton, 1919
Provenienz: Sophie und Paul Küppers kauften dieses Gemälde 1919 direkt aus Paul Klees Atelier im Schloss Suresnes, München. Am 5. Juli 1937 wurde es beschlagnahmt und ab 19. Juli 1937 in der Schmäh-Ausstellung „Entartete Kunst“ an der sogenannten „Dada Wand“ präsentiert. 1941 kaufte der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt das Gemälde dem Deutschen Reich für 500 Schweizer Franken ab. 1962 wurde es über das Auktionshaus Lempertz in Köln, trotz des Hinweises auf die Herkunft und Eigentumsverhältnisse des Gemäldes von Sophie Lissitzky-Küppers, versteigert und von dem Schweizer Sammler Ernst Beyeler erworben. Dieser verkaufte es weiter an die Galerie Rosengart in Luzern, wo es sich von 1973 bis 1982 befand. Dann wurde es für 700.000 DM von der Gabriele Münter- und Johannes Eichner Stiftung sowie der Stadt München erworben, die es leihweise der Städtischen Galerie im Lenbachhaus übergaben. In deren Besitz ist es heute noch.
Keine Restitution: Jen Lissitzky reichte 1992 Klage auf Herausgabe des Bildes beim Landgericht München ein. Diese Klage wurde mit dem Hinweis der Verjährung abgewiesen. Da sich nur die Öffentlichen Sammlungen für die Einhaltung der Washingtoner Erklärung verpflichtet haben, ist es nicht möglich, eine private Stiftung zu einer Rückgabe nach diesen Prinzipien zu bewegen. Es war nur der Zivilrechtsweg möglich. [24]
  • Louis Marcoussis, La grappe de raisins, Öl auf Leinwand
Provenienz: Auch dieses Gemälde wurde im Sommer 1937 beschlagnahmt und nach Berlin gebracht. Es wurde von dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt gekauft und noch während des Krieges an den Kölner Sammler Josef Haubrich weiterveräußert. Er stiftete es der Stadt Köln und übergab es dem Museum Ludwig.
Restitution: 1992 forderte der Erbe Jen Lissitzky die Rückgabe des Gemäldes. Die Angelegenheit wurde acht Jahre lang geprüft. Schließlich wurde es im Februar 2000 nach den Washingtoner Grundsätzen restituiert. [25]

Literatur

  • Sophie Lissitzky-Küppers: EL Lissitzky. Maler, Architekt, Typograph, Photograph - Erinnerungen, Briefe, Schriften. Verlag der Kunst, Dresden 1968.
  • Melissa Müller: Sophie Lissitzky-Küppers (1891-1978) Hannover / München. In: Melissa Müller, Monika Tatzkow: Verlorene Bilder, verlorene Leben. Jüdische Sammler und was aus ihren Kunstwerken wurde. Elisabeth Sandmann Verlag, München 2009, ISBN 978-3-938045-30-5, S. 98ff.
  • Ingeborg Prior: Die geraubten Bilder. Die abenteuerliche Geschichte der Sophie Lissitzky-Küppers und ihrer Kunstsammlung. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002, ISBN 3-462-03084-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ingeborg Prior: Die geraubten Bilder. Die abenteuerliche Geschichte der Sophie Lissitzky-Küppers und ihrer Kunstsammlung, Köln 2002
  2. Homepage der Galerie Goltz abgerufen am 20. Dezember 2009
  3. Sophie Lissitzky-Küppers: EL Lissitzky. Maler, Architekt, Typograph, Photograph - Erinnerungen, Briefe, Schriften, Verlag der Kunst, Dresden 1968
  4. Forschungsstelle „Entartete Kunst“: Beschlagnahmeinventar abgerufen am 20. Dezember 2009
  5. Paul Erich Küppers: Kubismus - ein künstlerisches Formproblem unserer Zeit, Leipzig 1920, Abbildungsverzeichnis Seite 13 [1] abgerufen am 20. Dezember 2009; siehe auch: Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 268
  6. Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 262 f.
  7. Sprengel Museum Hannover: 1937. Auf Spurensuche - Zur Erinnerung an die Aktion „Entartete Kunst“, Hannover 2007, Seite 63
  8. Gunnar Schnabel, Monika Tatzkow: Nazi Looted Art. Handbuch. Kunstrestitution weltweit, Berlin 2007, S. 297
  9. Paul Erich Küppers, a.a.O., Abbildungsverzeichnis Seite 31 [2] abgerufen am 20. Dezember 2009; siehe auch: Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 284
  10. Sprengel Museum Hannover: a.a.O., Seite 63; siehe auch: Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 281
  11. Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 189
  12. Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 103 und 154
  13. Melissa Müller: Sophie Lissitzky-Küppers (1891-1978) Hannover / München; Seite 98 ff., siehe auch: Süddeutsche Zeitung vom 5. Februar 2009 abgerufen am 20. Dezember 2009
  14. Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 264 f.
  15. Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 103
  16. Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 284
  17. Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 284
  18. Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste Magdeburg (Hrsg.): Beiträge öffentlicher Einrichtungen der Bundesrepublik Deutschland zum Umgang mit Kulturgütern aus ehemaligem jüdischen Besitz, Magdeburg 2001 (Veröffentlichungen 1), Seite 179 ff.
  19. Sprengel Museum Hannover: a.a.O., Seite 19; Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 267
  20. Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 284
  21. Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 243 ff.
  22. Gunnar Schnabel, Monika Tatzkow, a.a.O., S. 297 ff.
  23. Ingeborg Prior, a.a.O., Seite 281
  24. Gunnar Schnabel, Monika Tatzkow, a.a.O., S. 289 ff.
  25. Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste Magdeburg (Hrsg.), (Veröffentlichungen 1), a.a.O., Seite 179 ff.

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