Chaotrop

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Als chaotrop (aus den griech. Wörtern „chaos“ = Unordnung und „tropos“ = Art und Weise) werden chemische Substanzen (z. B. Bariumsalze, Guanidinhydrochlorid, Thiocyanate wie Guanidiniumthiocyanat, Perchlorate) bezeichnet, die geordnete Wasserstoffbrückenbindungen in Wasser stören. Indem die Wasserstoffbrückenbindungen teilweise aufgebrochen werden, stören die chaotropen Substanzen die Wasserstruktur und sorgen für mehr "Unordnung" (Zunahme der Entropie). Bei chaotropen Salzen spricht man auch von "strukturbrechenden" Salzen. Die Ursache dieses Effektes ist, dass die Bildung der z.B. zur Solvatisierung organischer Moleküle oder Molekülteile, notwendigen H2O-Käfigstrukturen gestört wird.[1] Bei Aminosäuren verringern sie damit hydrophobe Effekte und wirken denaturierend auf Proteine, da die treibende Kraft der Proteinfaltung die Zusammenlagerung der hydrophoben Aminosäuren im Wasser ist.

Chemische Substanzen (Ammoniumsulfat) mit hierzu gegenteiligen Auswirkungen werden kosmotrop oder antichaotrop genannt.

(Im folgenden zwei Erklärungen, die nicht ganz mit der oben aufgeführten übereinstimmen, aber besser zu den Lehrbuchinhalten passen.)

Inhaltsverzeichnis

Hofmeister-Reihe

Der Chemiker Franz Hofmeister untersuchte 1888/89 die eiweißfällende Wirkung von Salzen und damit der in Wasser gelösten Ionen. Er fand dabei empirisch Ionen-Sequenzen, die die Stärke des Einflusses auf die in Wasser gelösten Biomoleküle charakterisiert. Diese sogenannte "Hofmeister-Reihe" wurde in der biochemischen Praxis von großer Bedeutung und sie wird im Folgenden für Anionen und Kationen gegeben:

Anionen

\mathrm{F^- > PO_4^{3-} > SO_4^{2-} > CH_3COO^- > Cl^- > Br^- > I^- > NO_3^- > ClO_4^- > SCN^- > Cl_3CCOO^-}

Kationen

\mathrm{NH_4^+ > Rb^+ > K^+ > Na^+ > Li^+ > Mg^{2+} > Ca^{2+} > Ba^{2+}}

Die weiter links stehenden (so genannten antichaotropen oder kosmotropen) Salze wirken als Fällungsmittel. Sie verstärken nämlich die hydrophoben Effekte in wässrigen Proteinlösungen und fördern dadurch Proteinaggregationen über hydrophobe Wechselwirkungen, was zum Ausfall von Proteinen aus der Lösung führt. Man spricht von "Aussalzen". Die weiter rechts stehenden (chaotropen) Salze vermindern hydrophobe Effekte und führen dadurch zur Denaturierung von Proteinen, da die charakteristischen, räumlichen Strukturen von Biomolekülen wesentlich durch hydrophobe Effekte beeinflusst werden.[2]. Auf der anderen Seite erhöhen die chaotropen Salze durch die Reduzierung der hydrophoben Wechselwirkungen aber auch die Löslichkeit von hydrophoben Molekülen in Wasser und man spricht von "Einsalzen".

Oder, um es an einem Beispiel verständlich zu machen: Wasser und fette Öle mischen sich nicht. Die Flüssigkeiten bleiben als Folge des hydrophoben Effekts voneinander getrennt. Diesen Effekt mindern chaotrope Salze. Sie stören die hydrophoben Kräfte, die die Proteine in ihrer tertiären bzw. quartären Struktur halten und denaturieren sie.[3] . Chaotrope Salze heben die strikte Trennung von Wasser und Fetten auf, sie "stabilisieren" hydrophobe Teilchen oder hydrophobe Molekülgruppen in Wasser. NMR-Relaxations-Studien[4] zeigten, dass sich z.B. große chaotrope Anionen, wie Br- und I- an hydrophobe Teilchen oder Molekülgruppen anlagern und so ein "polares Ende" des unpolaren Moleküls schaffen, welche dann das molekulare Gesamtsystem im Wasser besser löslich macht und den "Einsalzeffekt" bewirkt. Chemiker benutzen in der Praxis häufig Salze wie Perchlorate, Thiocyanate oder Bariumsalze.

Von Salzeffekten verspricht man sich auch Ansätze zur Therapie von Alzheimer-Krankheit, Amyotrophe Lateralsklerose, BSE und ähnlichen Krankheiten, wo Aggregate von Proteinen wichtig sind. Es gelang z.B. mittels Zugabe bestimmter Salze Proteinklumpen aufzulösen. In einer Studie zur selben Problematik wurde festgestellt, dass antichaotrope Salze (z. B. Ammoniumsulfat),die zur Fällung von Proteinen in einer Lösung benutzt wurden, in der Folge zur Denaturierung von hochmolekularen Metalloproteinen in der gleichen Lösung führen können.[5]

Literatur

Einzelnachweise

  1. CD Römpp Chemie Lexikon, Version 1.0, Stuttgart/New York: Georg Thieme Verlag 1995
  2. F. Lottspeich & H. Zorbas: Bioanalytik, 2. Aufl. 2006, Spektrum Akademischer Verlag, S. 20.
  3. D. Voet & J. Voet: Biochemistry, 3. Aufl. 2004, Wiley-Verlag, S. 265.
  4. M. Holz (1995): Nuclear Magnetic Relaxation as a Selective Probe of Solute - Solvent and Solute - Solute Interactions in Multi-component Mixtures. In: J . Mol . Liquids , 67 , 175 - 191.
  5. B. Kastenholz (2007): New hope for the diagnosis and therapy of Alzheimer's disease. In: Protein Pept. Lett. Bd. 14, S. 389–393.

Weblinks


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