Nationaler Frauendienst

Nationaler Frauendienst

Der Nationale Frauendienst (NFD) war während des Ersten Weltkrieges eine staatlich anerkannte deutsche Frauenorganisation, die ihre Arbeit als weibliches Äquivalent des Dienstes an der Front verstand.

Geschichte

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, benötigte man die Hilfe und Unterstützung der Frauen sozusagen im Hinterland, der Heimatfront. Bereits vor dem Ausbruch des Krieges war es Gertrud Bäumer, Vorsitzendes des Bundes Deutscher Frauenvereine (BDF), als die Kriegswolken sich immer schwerer und drohender über unserem Vaterlande zusammenballten... sofort die Initiative ergriff, um eine große, ganz Deutschland umfassende Organisation ins Leben zu rufen, damit der BDF gerüstet sei, wenn die Schicksalsstunde schlägt[1].

Schon lange rechnete man mit einem Kriegsausbruch. Die Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgerehepaares am 28. Juni 1914 war letztlich nur der Auslöser, der die schwelenden Konflikte in Europa offen ausbrechen ließ.

Am 31. Juli 1914 rief die BDF-Vorsitzende zusammen mit Hedwig Heyl den NFD, auch Frauendank genannt, ins Leben. Gertrud Bäumer betrachtete die Arbeit im NFD als Heimatdienst, als die Kriegsübersetzung des Wortes 'Frauenbewegung'[2]. Anna von Gierke, u.a. Vorsitzende des 1915 gegründeten Charlottenburger Hausfrauenvereins, schrieb rückblickend über ihre Motivation für den NFD tätig geworden zu sein:

Das Glück der Arbeit lag zunächst in dem erfüllten Helfer- und Tätigkeitsdrang, dann aber auch in der Gewissheit, nun in den Kampf des Vaterlandes richtig aufgenommen und eingeordnet zu sein [3].

Innerhalb weniger Tage entstanden überall im Land Ortsgruppen des NFD, die das vom BDF aufgestellte Programm ausführten und mit den zuständigen kommunalen Ämtern und städtischen Verwaltungen, mit dem Roten Kreuz u.a. lokalen Vereinen zusammenarbeiteten. So hatte er beispielsweise in Berlin 23 Hilfskommissionen eingerichtet. In dem vom Innenministerium gebilligten Zusammenschluss vereinigten sich die verschiedenen politischen, konfessionellen und überparteilichen Frauenorganisationen, Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften auf lokaler und überregionaler Ebene[4]. Das selbstorganisierte Frauennetz arbeitete eng mit Regierung und Kommunen zusammen. Darum erhielt es auch in den Kriegsausschüssen Sitz und Stimme.

Neben der Fürsorge für Arbeiterinnen, die immer mehr die Aufgaben von Männern übernahmen, sah der NFD seine Hauptaufgabe darin, die Bevölkerung über kriegsbedingte Sonderregelungen zu informieren, die Lebensmittelversorgung zu gewährleisten, in der Arbeitsvermittlung und -beschaffung (da viele Frauen durch die Umstellung der Industrieproduktion auf Kriegsgüter plötzlich erwerbslos waren) sowie in der Fürsorge für in Not geratenen Kriegerwitwen und Familien eingezogener Soldaten. Dazu kamen Auskunftstellen für Frauen, die den Kontakt zu ihren Ehemännern verloren hatten, Paketaktionen für die Soldaten an der Front sowie die Sammlung von Sachspenden und Geld. In der zweiten Kriegshälfte war die Rekrutierung weiblicher Arbeitskräfte für die Rüstungsindustrie ein besonderer Schwerpunkt des NFDs.

Viele bedeutende Frauen der Frauenbewegung, neben den schon genannten, engagierten sich aktiv im NFD, die beispielsweise örtliche Kriegsamtstellen leiteten wie Alice Salomon und Agnes von Zahn-Harnack in Berlin, Dorothee von Velsen in Breslau und Hildegard von Gierke in Magdeburg.

Einzelnachweise

  1. Gerhard 1991, S. 296.
  2. Hopf 1997, S. 32
  3. Gierke 1933/34, S. 676
  4. Bäumer 1914, S. 23

Quellen

  • Gertrud Bäumer: Der Krieg und die Frau, Stuttgart/Berlin 1914
  • Anna von Gierke: Nationaler Frauendienst im Krieg, in: Die Frau 1933/34, S. 676-695
  • Ute Gerhard: Unerhört. Die Geschichte der deutschen Frauenbewegung, Reinbek bei Hamburg 1991
  • Caroline Hopf: Frauenbewegung und Pädagogik - Gertrud Bäumer zum Beispiel, Bad Heilbrunn 1997
  • Daniela Weiland: Geschichte der Frauenemanzipation in Deutschland und Österreich, Düsseldorf 1983, S. 178-182

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