Orgel der Grasberger Kirche

Orgel der Grasberger Kirche
Orgel der Grasberger Kirche
Orgel Grasberg.jpg
Allgemeines
Ort Grasberger Kirche
Orgelerbauer Arp Schnitger
Baujahr 1694
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 1980–85 durch Hillebrand
Epoche Barock
Orgellandschaft zwischen Elbe und Weser
Technische Daten
Anzahl der Register 21
Anzahl der Pfeifenreihen 33
Anzahl der Manuale 2
Tontraktur Mechanisch
Registertraktur Mechanisch

Die Orgel der Grasberger Kirche wurde 1693–94 von Arp Schnitger erbaut und zählt zu den besterhaltenen Schnitger-Orgeln. Die Orgel verfügt über 21 Register, zwei Manuale und Pedal.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Neubau durch Schnitger 1694

1693–94 wurde die Orgel mit Hauptwerk, Brustwerk und Pedal für das Hamburger Waisenhaus gebaut. Im Brustwerk sind die Frontpfeifen stumm. Das Pedal erhielt seinen Platz direkt hinter dem Hauptwerk-Gehäuse. Dem Kontrakt vom 1. August 1693 zufolge wurden Schnitger für das Werk 650 Reichstaler zugesagt. Die Abnahme des Instruments erfolgte durch Johann Adam Reincken.

Die Prinzipale und Flöten zeichnen sich durch eine schnelle Ansprache und durch eine klangliche Eleganz aus. Die Flötenstimmen klingen verhältnismäßig milde, während die original erhaltenen Mixtur scharf konzipiert ist. Schnitgers meisterhaften Zungenregistern eignet eine große Verschmelzungsfähigkeit mit anderen Registern. Die feine Intonation ist kennzeichnend für Schnitgers Stadtorgeln. Dass diese kleine Stadtorgel als einzige dieser Art von Schnitger erhalten blieb, ist der Überführung des Instruments zu verdanken.

Überführung und Umbau 1788 durch Wilhelmi

Als das Hamburger Waisenhaus vor dem Abriss stand, wurde die Orgel von Georg Wilhelm Wilhelmi (Stade) für 500 Reichstaler aus Hamburg nach Grasberg überführt. Hier hatte Jürgen Christian Findorff 1781–85 für die Moorkolonisten eine neue Kirche erbaut. Wilhelmi baute ein neues Untergehäuse und gestaltete das Gehäuse von Haupt- und Brustwerk um. So erhielten die Ecktürme ihre heutige halbrunde Form. Schnitger hatte sie polygonal gestaltet, während er sonst regelmäßig Spitztürme baute. Wilhelmi verfertigte eine neue Traktur und eine neue Klaviatur. Aufgrund der neuen Raumverhältnisse baute er für das Pedal eine neue Posaune 16′ mit hölzernen Bechern, entfernte die Trompete 4′ („Schallmey“) und rückte die Trompete 8′ an deren Stelle auf.[1] 1826 ist eine Reparatur über 442 Reichstaler durch Wilhemis Sohn Johann Georg Wilhelm Wilhelmy belegt, da die Orgel aufgrund eines schadhaften Kirchendachs schwer in Mitleidenschaft gezogen war.

Eingriffe in das Pfeifenwerk

  • 1859–62 wurden von J.H. Rhodenburg (Lilienthal) Nasat und Sesquialtera entfernt und durch dem Zeitgeschmack entsprechende Register ersetzt, die grundtöniger klangen (Bordun 16′ und Viola da Gamba 8′).
  • 1917 mussten die 65 Prospektpfeifen aus Zinn an die Heeresverwaltung für Rüstungszwecke abgegeben werden, da Schnitger-Orgeln zu der Zeit nicht unter Denkmalschutz standen.

Restaurierungen im 20. Jahrhundert

  • 1931–32 erfolgte die erste Renovierung durch die Orgelwerkstatt Schindler (Bremen), die das Ziel hatte, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen.
  • 1950 fand eine Renovierung durch Paul Ott statt. Aufgrund des zu niedrigen Winddrucks wurde allerdings das Pfeifenwerk umgearbeitet und die Aufschnitte zugelötet. Nur die Waldflöte blieb von der Erniedrigung der Labien verschont.
  • 1980–85 wurde die Orgel von der Werkstatt Hillebrand (Altwarmbüchen) konsequent restauriert und die bisherigen unbefriedigenden Renovierungs-Eingriffe rückgängig gemacht. Verloren gegangene Register wurden nach den Mensurangaben des Organologen Cornelius H. Edskes (Groningen) und von Rudolf von Beckerath (Hamburg), der den Zustand vor 1950 sorgfältig dokumentiert hatte, rekonstruiert. Die jetzige Farbfassung entspricht nicht dem ursprünglichen Zustand.
  • 1988–89 erfolgte aufgrund einer Kirchenrenovierung eine vorübergehende Auslagerung und Aufstellung im Kloster Möllenbeck.

Disposition seit 1985 (=1694)

I Hauptwerk CDEFGA–c3
Principal 8′ H
Rohrfloit 8′ S
Octav 4′ S
Nasat 3′ H
Octav 2′ S
Sesquialtera II H[Anm. 1]
Mixtur IV–VI S
Trommet 8′ S
II Brustwerk CDEFGA–c3
Gedackt 8′ S[Anm. 2]
Rohrfloit 4′ S
Waldfloit 2′ S[Anm. 3]
Quint 11/3 S
Scharff IV S
Dulcian 8′ S
Pedal CDE–d1
Supbaß 16′ S[Anm. 4]
Gedact 8′ S[Anm. 5]
Octave 4′ S
Mixtur IV H
Posaune 16′ W[Anm. 6]
Trommet 8′ S
Cornett 2′ H
S = Schnitger
W = Wilhelmi
H = Hillebrand
  • Koppeln: Manual-Schiebekoppel
  • Tremulant (neu)
Anmerkungen
  1. Im Quintchor noch alte Pfeifen.
  2. Eichenholz.
  3. Zylindrisch und offen.
  4. Bis auf CDE Metall.
  5. Metall.
  6. Becher aus Holz.

Technische Daten

Literatur

  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7, S. 100-102.
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5, S. 182-183.

Aufnahmen/Tonträger

  • Arp Schnitger in Niedersachsen. 2002. MD+G, 1124-2 (11 Organisten in Cappel, St. Cosmae Stade, Lüdingworth, Steinkirchen, Hollern, Mittelkirchen, Norden, Grasberg, Dedesdorf, Ganderkesee, Weener).
  • Arp Schnitger auf Reisen. 1998. Es-Dur, (2011) 7494864 (Uwe Droszella: Bach, Böhm, Buxtehude, Sweelinck)
  • Dietrich Buxtehude: Orgelwerke Vol. 3. 1986. MD+G, L 3270 (Harald Vogel: BuxWV 76, 145, 156, 159, 160, 171, 174, 193, 194, 202 in Grasberg; BuxWV 144, 186, 198, 205 in Damp)
  • J.C.F. Fischer: Aridne musica. 1985. Christophorus, CHE 0002-2 (Wolfgang Baumgratz).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ein Nachbau mit der ursprünglichen Hamburger Disposition erfolgte durch Bernhardt Edskes (Wohlen) in der Waisenhaus-Kirche in Basel.
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