Orgeln der Martinikerk (Groningen)

Orgeln der Martinikerk (Groningen)
Orgeln der Martinikerk (Groningen)
Martinikerk Groningen orgel.JPG
Allgemeines
Ort Martinikerk (Groningen)
Orgelerbauer Arp Schnitger
Baujahr 1692
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 1976-84 durch Jürgen Ahrend
Epoche Barock
Technische Daten
Anzahl der Register 52
Anzahl der Pfeifenreihen 81
Anzahl der Manuale 3
Tontraktur Mechanisch
Registertraktur Mechanisch
Anzahl der 32′-Register 1
Anzahl der 64′-Register
Spieltisch der Schnitger-Orgel

Die Orgeln der Martinikerk (Groningen) sind die große Hauptorgel auf der Westempore und die kleine Chororgel. Erstere geht auf das Jahr 1450/80 zurück und erreichte ihren Höhepunkt im 18. Jahrhundert, als sie durch Arp Schnitger, seinen Sohn Franz Caspar Schnitger und Albertus Antonius Hinsz erweitert wurde. Sie verfügt heute über 52 klingende Register auf drei Manualen und Pedal und ist eine der größten und bekanntesten Barockorgeln Nordeuropas. Die Chororgel geht auf eine Orgel aus dem Jahr 1744 zurück und besitzt 12 Register.

Inhaltsverzeichnis

Hauptorgel

Baugeschichte

Um 1450 wurde die erste Orgel der Martinikerk in Groningen erbaut (möglicherweise von Meister Harmannus, der auch mit der Orgel der Rysumer Kirche (1457) in Verbindung gebracht wird).

Vermutlich Meister Johan ten Damme (= aus Appingedam) baute das Werk um 1482 eingreifend um, versah es mit einem Rückpositiv und platzierte es auf eine neue Empore, wobei 1479 der Syndikus der Stadt Groningen und Humanist Rudolf Agricola als Berater hinzugezogen wurde. Vom diesem spätgotischen Instrument haben sich bis heute etliche Pfeifen erhalten.

1542 - die Jahreszahl ist noch im Prospekt erhalten - erweiterte ein unbekannter Orgelbauer (vermutlich Andreas de Mare) das Instrument im Stil der Renaissance, das nun über drei Werke verfügte. Das Gehäuse von Haupt- und Oberwerk stammt noch aus dieser Zeit. Andreas de Mare reparierte und erweiterte die Orgel im Jahr 1564.

1627 bis 1628 fanden weitere Änderungen und Erweiterungen fanden durch Anthoni und Adam Verbeeck statt, u.a. wurde die Orgel mit sieben neuen Bälgen versehen.

Von 1685 bis 1690 versuchte Jan Helman vergeblich die 1672 entstandenen Kriegsschäden an der Orgel zu reparieren und versah das Werk mit neuen Bälgen, Klaviaturen und Springladen. Er verstarb 1690, ohne die Arbeit vollendet zu haben.

Arp Schnitger schloss 1691 die Wiederherstellungsmaßnahmen ab, erniedrigte die Tonhöhe durch Aufrücken der Pfeifen, nahm 1692 Änderungen an der Disposition vor und erweiterte das Instrument um die mächtigen Pedaltürme. Der Principal 32′ (24′) ist der einzige, der von Schnitger erhalten ist. Er wurde in der Kirche mithilfe von Schiffsmasten hergestellt. Das Pedal-Gehäuse und insgesamt etwa sechs Register von Schnitger sind noch erhalten.

Sein Sohn Frans Caspar Schnitger baute 1728/29 ein neues Rückpositiv unter Verwendung einiger älterer Register und erstellte eine neue Spielanlage. Als er 1729 starb, wurde seine Arbeit 1730 von Albertus Antonius Hinsz vollendet. 1739/40 ersetzte Hinsz im Rückpositiv sieben Register. Die Orgel verfügte nun über 47 Register. Die Initiative zu diesen Erweiterungen ging von Jacob Wilhelm Lustig aus, der von 1728 bis zu seinem Tode (1796) fast sieben Jahrzehnte Organist an der Martinikerk war. 1781/82 reparierte Hinsz die Orgel. Weitere Reparaturen sind 1793 durch Frans Casper Snitger jr. und Heinrich Hermann Freytag belegt.

Die heutigen Säulen wurden im Jahr 1806 unter das Rückpositiv gesetzt. 1808 und 1816 führte Nicolaus Anthony Lohman, Sohn von Dirk Lohmann, Reparaturen und Dispositionsänderungen durch. Petrus van Oeckelen reparierte die Orgel und veränderte die Disposition im Jahr 1831. In den Jahren 1854/55 erweiterte und veränderte van Oeckelen nach dem damaligen Zeitgeschmack das Instrument. Weitere Reparaturen durch van Oeckelen sind 1867 nachgewiesen.

Im Jahr 1904 wurde die Pedal-Traktur durch Jan Doornbos pneumatisiert. 1912 ersetzte man die acht originalen Keilbälge durch einen Magazinbalg.

J. de Koff nahm 1939 Veränderungen vor und griff tief in die historische Substanz ein. Er versah die Orgel mit einem neuen elektrischen, frei stehenden Spieltisch. Der Winddruck wurde erniedrigt, neue Register eingebaut, die Klaviaturumfänge erweitert, das Pfeifenwerk im romantischen Stil umintoniert und die Spiel- und Registertraktur elektro-pneumatisch eingerichtet. Glücklicherweise blieb der alte Spieltisch von Hinsz erhalten.

Im Zuge der Kirchensanierung wurde die Orgel 1971 ausgelagert und unter Beratung des Orgelexperten Cornelius H. Edskes ein Konzept für die Orgelrestaurierung entworfen. Der Zustand von 1740 sollte zum Ausgangspunkt der Restaurierung genommen, allerdings einige spätere Register beibehalten werden, die sich in den gewachsenen Zustand einfügten.

Der führende Orgelrestaurator Jürgen Ahrend wurde mit der schwierigen Aufgabe betraut und führte diese in zwei Schritten erfolgreich durch: 1976/77 wurden Gehäuse, Rückpositiv und Oberwerk, 1983/84 Hauptwerk und Pedal restauriert bzw. rekonstruiert. Die Instandsetzung des Principal 32′ geschah direkt vor Ort.

Disposition seit 1984

I Rückpositiv C–c3
Praestant 8′ F
Quintadena 16′ D/F
Bourdon 8′ U/F
Roerfluit 8′ F
Octaaf 4′ A
Speelfluit 4' A
Gedektquint 3′ F
Nasard 3′ A
Octaaf 2′ F
Fluit 2′ D/U/F
Sesquialtera II 11/3 A
Mixtuur IV-VI 1′ F/A
Cimbel III 1/5 A
Basson 16′ A
Schalmei 8′ A
Hobo 8′ H/A
II Hauptwerk C–c3
Praestant 16′ D/U
Octaaf 8′ D/U/JH
Salicet 8′ L
Quintadena 8' U/V
Gedekt 8′ JH
Octaaf 4′ F
Gedektfluit 4′ L
Octaaf 2′ A
Vlakfluit 2′ L
Tertiaan III 4/5 A
Mixtuur IV-VI 2/3 S/A
Scherp IV A
Trompet 8′ S
Viola da Gamba 8′ A
III Oberwerk C–c3
Praestant I-III 8′ U/JH/S
Holfluit 8′ M
Octaaf 4′ U/JH
Nasard 3′ S/A
Sesquialtera II 11/3 A
Mixtuur IV-VI 11/3 A
Trompet 16′ A
Vox Humana 8′ A
Pedal CD–d1
Praestant 32′ S
Praestant (HW) 16′
Subbas 16′ A
Octaaf 8′ D/U/S
Gedekt 8′ H
Roerquint 6′ O
Octaaf 4′ U
Octaaf 2′ A
Nachthoorn 2′ H
Mixtuur IV 11/3 A
Bazuin 16′ S
Dulciaan 16′ A
Trompet 8′ S
Cornet 4′ S
Cornet 2′ A

Orgelbauer:

D = Unbekannt (Johan ten Damme?) (1482)
U = Unbekannt (1542)
M = Andreas de Mare (1564)
V = Anthoni und Adam Verbeeck (1627)
JH = Jan Helmman (1685)
S = Arp Schnitger (1692)
F = Frans Caspar Schnitger/Albertus Anthonius Hinsz (1729)
H = Albertus Anthonius Hinsz (1740)
L = Nicolaus Anthony Lohman (1808/16)
O = Petrus van Oeckelen (1855)
A = Jürgen Ahrend (1976-77, 1983-84)

Technische Daten

  • 52 Register (53, wenn man die Transmission im Pedal hinzuzählt)
  • 3.500 Pfeifen
  • Traktur:
    • Tontraktur: Mechanisch
    • Registertraktur: Mechanisch
  • Windversorgung:
    • 85 mmWS Winddruck
  • Stimmung:
    • Höhe a1= 465 Hz
    • Temperatur nach Neidhardt I

Bildergalerie

Chororgel

Orgeln der Martinikerk (Groningen)
Martinikerk koororgel.JPG
Allgemeines
Ort Martinikerk (Groningen)
Orgelerbauer Le Picard
Baujahr 1744
Letzte(r) Umbau/Restaurierung 2001 durch Verschueren
Epoche Barock
Technische Daten
Anzahl der Register 12
Anzahl der Pfeifenreihen 17
Anzahl der Manuale 1
Tontraktur Mechanisch
Registertraktur Mechanisch
Anzahl der 32′-Register
Anzahl der 64′-Register

Die heutige Chororgel ist das verbliebene Rückpositiv der Klosterorgel von Nunhem. Diese Orgel wurde 1744 vom Orgelbauer Le Picard in französischem Stil gebaut. Nachdem das Kloster in französischer Zeit aufgehoben wurde, gelangte das Hauptwerk nach Roggel, wo es verschwand. Das Rückpositiv kam nach Heythuysen und wurde 1939 an die Martinikirche Groningen verkauft. Nach der Überführung und Wiederherstellung durch die Orgelwerkstatt Verschueren wurde sie im Zuge der Kirchenrestaurierung demontiert. Erst im Jahr 2001 wurde die Orgel durch Verschueren wieder aufgestellt und restauriert. Neben den Registern aus dem 18. Jahrhundert stammen Pfeifen aus dem Jahr 1847, als ein Renovierungsumbau erfolgte. Die Disposition lautet:

I Manual CD–g3
Montre 8′
Bourdon 8′
Prestant 4′
Flûte 4′
Nasard 22/3
Doublette 2′
Cornet (D) III
Larigot 11/3
Fourniture III
Sesquialter II
Trompette (B/D) 8′
Pedal C–d1
Sousbasse 16′
  • Stimmung:
    • Höhe a1= 415 Hz
    • Ungleichstufig

Literatur

  • 40 Jahre Orgelbau Jürgen Ahrend 1954-1994. Hrsg. Günter Lade. Selbstverlag, Leer-Loga 1994.
  • Arie Bouman: De orgels in de groote of Martinikerk te Groningen. H. J. Paris, Amsterdam 1941.
  • Cornelius H. Edskes: Het orgel van de Martinikerk te Groningen. In: Het Orgel, Jg. 81, Nr. 6, 1985, S. 282–286.
  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7.
  • Maarten A. Vente: Die Brabanter Orgel. Zur Geschichte der Orgelkunst in Belgien und Holland im Zeitalter der Gotik und der Renaissance. H. J. Paris, Amsterdam 1963.
  • Bert Wisgerhof: Die Orgel der Martinikirche in Groningen. In: Ars Organi. Jg. 33, Nr. 1, 1985.

Diskografie

Weblinks

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