Parteienfinanzierung in den Niederlanden

Parteienfinanzierung in den Niederlanden

Die Parteienfinanzierung in den Niederlanden speist sich aus staatlichen wie aus privaten Quellen. Nach dem Gesetz über die finanzielle Unterstützung von Parteien erhält eine Partei neben einem Grundbetrag Geld abhängig von der Zahl der Parlamentssitze und der Mitgliederzahl.

Inhaltsverzeichnis

Staatliche Unterstützung

Im Vergleich zu Deutschland sind die Parteien eher arm, da sie weniger staatliche Unterstützung erhalten. Die Unterstützung gibt es nur für Parteien, die mindestens tausend Mitglieder haben (volle Stimmrechte, mindestens 12 Euro Jahresbeitrag).[1] Nach Schätzung des Europa-Rates sind die Unterstützungszahlungen für die Parteien sehr wichtig. In einem Wahljahr wie 2006 machen diese, jedenfalls bei den meisten Parteien, etwa 30 bis 40 Prozent der Einnahmen aus, außerhalb eines Wahljahres (beispielsweise 2005) 40 bis 60 Prozent.[2]

Eine Partei kann im Jahr bis zu 176.580 Euro erhalten, die sie nach Belieben für die im Gesetz bestimmten Ziele ausgeben darf (zum Beispiel politische Information, Mitgliederwerbung, Trainings, Wahlkämpfe). Dazu kommt ein Betrag pro Parlamentssitz, im Jahr 2006 ging es um 51.217 Euro pro Sitz pro Jahr. Drittens erhält die Partei einen Betrag pro beitragszahlendem Mitglied. Dieser Betrag wird errechnet, indem man eine Gesamtsumme für alle Parteien von 1.933.455 Euro durch die Gesamtzahl aller Mitglieder aller Parteien teilt. Ferner kann eine Partei ein wissenschaftliches Institut sowie eine Jugendorganisation (mindestens hundert Mitglieder zwischen 14 und 27 Jahren, mindestens fünf Euro Jahresbeitrag) als Begünstigte weiterer Unterstützung eintragen lassen, und hinzu kommt kostenlose Sendezeit für Parteien, die im Parlament vertreten sind und in allen Wahlkreisen antreten. Fraktionen in Volksvertretungen erhalten finanzielle Unterstützung für Personal usw. entsprechend den Regeln der Volksvertretungen.[3]

Im Jahr 2006 erhielt die christlich-demokratische Partei CDA am meisten Unterstützung, und zwar 3.761.816 Euro (davon 684.889 Euro für das wissenschaftliche Institut und 205.540 Euro für die Jugendorganisation). Bei der zweitgrößten Partei, der sozialdemokratischen Partij van de Arbeid, waren es insgesamt 3.667.250 Euro. Die junge Tierschutzpartei Partij voor de Dieren, die zwei Abgeordnete in der Zweiten Kammer hat, erhielt 26.373 Euro. Insgesamt haben elf Parteien zusammen rund fünfzehn Millionen Euro erhalten.[4]

Private Spenden

Neben der staatlichen Unterstützung gibt es private Einnahmen der Parteien. Dabei kann es sich handeln um Beiträge und Mitgliederspenden, Spendensammlungen, Einkünfte aus parteieigenen Unternehmen. Als partijbelasting (Parteisteuer) bezeichnet man es, wenn Abgeordnete einen Teil ihrer Diäten der Partei abführen müssen. Eine Person darf unbegrenzt viel spenden, allerdings muss eine Spende von Rechtspersonen ab einer Höhe von insgesamt 4537,80 Euro veröffentlicht werden. Steuerlich absetzbar ist die Spende nur, wenn die Partei gesondert als gemeinnützig anerkannt ist.[5]

Der Politikwissenschafter Gerrit Voerman kritisierte im März 2011, dass die Spende einer Rechtsperson zwar bekannt gemacht werden muss, dass der Spender selbst aber anonym bleiben kann. Es reicht eine Umschreibung, aus welcher Branche die Spende kommt. Nicht einmal dies gilt für Spenden von Privatpersonen. Voermann wünscht sich eine niedrigere Schwelle von etwa tausend Euro, die Pflicht zur Namensnennung und keinen Unterschied mehr zwischen Privat- und Rechtspersonen. Der Wähler solle wissen, woher eine Partei ihre finanziellen Mittel hat.[6]

Ende Dezember 2009 berichtete das Politmagazin NOVA, dass die rechtsliberale VVD jährlich 463.954 Euro Spenden einnimmt. Auf dem zweiten Platz steht unerwartet GroenLinks, und auch die Tierschutzpartei Partij voor de Dieren erhält mit 84.769 Euro recht viel Geld für eine kleinere Partei. Die größte Mitgliederpartei des Landes, der CDA, bekommt nur 80.884 Euro, die sozialdemokratische PvdA 115.491 Euro. Die übrigen Parteien liegen unter jeweils 50.000 Euro.[7]

Reform der Finanzierung

Ein Bericht des Europa-Rates von 2008 meint, die Gesprächspartner im Lande hielten die Gefahr einer fragwürdigen Parteienfinanzierung für gering, denn die Wirtschaft habe wenig Interesse daran, Parteien Geld zu geben. Schließlich sei es bei Koalitionsregierungen für eine einzelne Partei schwierig, die Wünsche der Spender zu verwirklichen. Andere Arten, auf eine Partei Einfluss zu üben, seien einfacher und gängiger. „Es gibt tatsächlich wenig und selten Skandale mit Bezug auf Praktiken in der Finanzierung von Parteien. Freilich wäre es, wie auf der Stelle zugegeben wird, momentan im heutigen Rahmen der Gesetze sehr schwierig, fragwürdige Finanzierungspraktiken ans Licht zu bringen.“[8]

Dass ein Regelwerk großteils fehlt, liege an der niederländischen Tradition der Meinungsfreiheit und des Rechtes auf die Privatsphäre. Allerdings werde die besondere Rolle der politischen Parteien in einer Demokratie in den letzten Jahren verstärkt anerkannt. Problematisch sei, dass die Verpflichtungen aus dem Gesetz über die Parteienunterstützung eben nur für jene Parteien gelten, die diese Unterstützung erhalten. Wer kein Geld vom Staat erhält, etwa weil seine Partei (wie die Partij voor de Vrijheid) keine oder zu wenige Mitglieder hat, der muss über die Herkunft seiner Mittel keine Auskunft erteilen. Der Europa-Rat sieht daher Vorteile in den diesbezüglichen Änderungen, die das geplante neue Gesetz zur Finanzierung politischer Parteien mit sich bringen werde.[9]

Guusje ter Horst, PvdA, 2009 noch Innenministerin.

Wie im November 2009 bekannt wurde, sollen dem Gesetzesentwurf zufolge Einzelpersonen nur noch maximal 50.000 Euro einer Partei spenden dürfen. Ab 4.537,80 Euro muss der Spender veröffentlicht werden. Democraten 66 und GroenLinks hätten sich gerne strengere Regeln gewünscht in dem Sinn, dass auch Geldtransfers zwischen Partei und Umfeldorganisationen veröffentlicht werden müssen.[10]

Die rechtspopulistische Partij voor de Vrijheid ist strikt gegen das Nennen von Spendern und befürchtet einen Rückgang an Spenden. Ihr Parlamentsmitglied Hero Brinkman kommentierte: „Ob Trude vom dritten Stock nach hinten raus uns fünftausend Euro schenken will, das geht Sie einen Scheißdreck an.“ Die sozialdemokratische Innenministerin Guusje ter Horst hat im Gesetzentwurf die Untergrenze von tausend Mitgliedern abgeschafft, ab der eine Partei überhaupt erst Unterstützung erhalten kann. Allerdings wird ein beträchtlicher Teil der Unterstützung immer noch von der Mitgliederzahl abhängen.[11]

Politikwissenschaftler Gerrit Voerman verweist darauf, dass die Neuregelung schon viele Jahre diskutiert werde. Als Hemmnis für den Abschluss sieht er die PVV an. Die etablierten Parteien wollen seiner Vermutung nach den Eindruck vermeiden, dass die Neuregelung ihnen selbst zugute komme und sie die PVV treffen wollten. Das würde sie für Kritik von rechtspopulistischer Seite angreifbar machen.[12]

Siehe auch

Belege

  1. Groupe d'Etats contre la corruption / Group of States against corruption [des Europa-Rates]: Evaluatierapport over Nederland inzake 'Transparantie in de financiering van politieke partijen' (Thema II), Straßburg, 13. Juni 2008, Link über Novatv.nl, S. 8.
  2. Groupe d'Etats contre la corruption / Group of States against corruption [des Europa-Rates]: Evaluatierapport over Nederland inzake 'Transparantie in de financiering van politieke partijen' (Thema II), Straßburg, 13. Juni 2008, Link über Novatv.nl, S. 21.
  3. Groupe d'Etats contre la corruption / Group of States against corruption [des Europa-Rates]: Evaluatierapport over Nederland inzake 'Transparantie in de financiering van politieke partijen' (Thema II), Straßburg, 13. Juni 2008, Link über Novatv.nl, S. 8-11.
  4. Groupe d'Etats contre la corruption / Group of States against corruption [des Europa-Rates]: Evaluatierapport over Nederland inzake 'Transparantie in de financiering van politieke partijen' (Thema II), Straßburg, 13. Juni 2008, Link über Novatv.nl, S. 10/11.
  5. Groupe d'Etats contre la corruption / Group of States against corruption [des Europa-Rates]: Evaluatierapport over Nederland inzake 'Transparantie in de financiering van politieke partijen' (Thema II), Straßburg, 13. Juni 2008, Link über Novatv.nl, S. 11.
  6. 'Ook subsidie voor partij-zonder-leden', Abruf am 28. März 2011.
  7. NOVA: CDA ontvangt meeste donaties (korrigierte Version), zuletzt gesehen am 14. Dezember 2009.
  8. Groupe d'Etats contre la corruption / Group of States against corruption [des Europa-Rates]: Evaluatierapport over Nederland inzake 'Transparantie in de financiering van politieke partijen' (Thema II), Straßburg, 13. Juni 2008, Link über Novatv.nl, S. 20.
  9. Groupe d'Etats contre la corruption / Group of States against corruption [des Europa-Rates]: Evaluatierapport over Nederland inzake 'Transparantie in de financiering van politieke partijen' (Thema II), Straßburg, 13. Juni 2008, Link über Novatv.nl, S. 22.
  10. NRC: Ter Horst: partijen moeten grotere giften openbaar maken, zuletzt gesehen am 14. Dezember 2009.
  11. NRC: Ter Horst: partijen moeten grotere giften openbaar maken, zuletzt gesehen am 14. Dezember 2009. Originalzitat: „Of Truus van drie hoog achter ons vijfduizend euro wil schenken, gaat u geen bal aan.” Das Wort bal bezieht sich auf den menschlichen Hoden.
  12. 'Ook subsidie voor partij-zonder-leden', Abruf am 28. März 2011.

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