Paul Markgraf

Paul Markgraf

Paul Markgraf (* 17. Juli 1910 in Berlin; † 7. April 1993) war von 1945 bis 1949 Polizeipräsident in Berlin beziehungsweise von Berlin (Ost).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Markgraf, Sohn eines Angestellten, erlernte nach dem Abschluss der Volksschule den Beruf des Bäckers. Ab 1931 war er Berufssoldat, zuerst in der Unteroffizierslaufbahn bei der Infanterie. 1941 wurde er zum Leutnant befördert, 1942 zum Oberleutnant. Er erhielt am 5. Januar 1943 als Führer der Panzerjägerabteilung 40 in der 24. Panzerdivision das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Bei Stalingrad geriet er im selben Jahr in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Er besuchte eine Antifa-Schule und schloss sich dem Nationalkomitee Freies Deutschland an. Er war Gründungsmitglied des Bundes Deutscher Offiziere, Mitunterzeichner der Gründungsdokumente und des „Aufrufes an die deutschen Generale und Offiziere! An Volk und Wehrmacht!“ vom 12. September 1943.

Am 30. April 1945 gelangte Markgraf als Mitglied der Gruppe Ulbricht nach Berlin, wo er vor dem 20. Mai vom sowjetischen Stadtkommandanten General Bersarin zum Polizeipräsidenten in Berlin eingesetzt wurde. Offensichtlich ging die Ernennung Markgrafs, der zu den zehn „antifaschistischen Kriegsgefangenen“ der Gruppe gehört hatte, auf die Initiative Ulbrichts zurück.[1] Markgraf, der nun ohne Erklärung den Rang Oberst führte, begleitete die Bekanntgabe seiner Ernennung mit einer Selbstdarstellung in der Berliner Zeitung vom 27. Mai 1945, in der er den Begriff „Volkspolizei“ verwendete. Im Jahre 1946 trat Markgraf der SED bei.

Am 26. Juli 1948, auf dem Höhepunkt der Berlin-Blockade, wurde er vom amtierenden Oberbürgermeister der Stadt, Ferdinand Friedensburg (CDU), von seinem Amt wegen SED-freundlicher Arbeitsweise suspendiert. Markgraf weigerte sich zurückzutreten und amtierte mit sowjetischer Billigung im sowjetischen Sektor der Stadt bis 1949 weiter. 1949/1950 studierte er an einer Militärakademie in der Sowjetunion. Anschließend war er Kommandeur einer Volkspolizei-Bereitschaft beziehungsweise dann Beauftragter für das Transportwesen des nationalen Aufbauprogramms bei der Generaldirektion Kraftverkehr und Straßenwesen und später Mitarbeiter der Hauptverwaltung Kraftverkehr im Ministerium für Verkehrswesen der DDR. Danach war er als Oberst der Volkspolizei tätig.

Auszeichnungen

Literatur

  • Gabriele Baumgartner, Dieter Hebig (Hgg.): Biographisches Handbuch der SBZ/DDR. Band 1. K. G. Saur, München 1996, S. 512.
  • Helmut Müller-Enbergs: Markgraf, Paul. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 2.
  • Stefan Winckler: Ein Markgraf als williger Vollstrecker des Totalitarismus. Die Biographie des deutschen Berufssoldaten Paul H. Markgraf (SED) unter besonderer Berücksichtigung seiner Amtszeit als Berliner Polizeipräsident 1945–1948/49. In: Heiner Timmermann (Hg.): Die DDR – Analysen eines aufgegebenen Staates. Duncker & Humblot, Berlin 2001, S. 343–353.
  • Gerhard Keiderling: Der „Fall Markgraf“. In: ders.: Um Deutschlands Einheit. Ferdinand Friedensburg und der Kalte Krieg in Berlin 1945–1952. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2009, S. 279–285.

Weblinks

Einzelnachweis

  1. Zu den zehn „antifaschistischen Kriegsgefangenen“ und zum Anteil Ulbrichts bei der Postenvergabe siehe: Jochen Staadt: Wir packen mit an, Ordnung zu schaffen, in: Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin (Hrsg.): Zeitschrift des Forschungsverbundes SED-Staat, Ausgabe Nr. 28/2010, S. 90-117, hier S. 92-94
  2. www.spiegel.de

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