Peter G. J. Pulzer

Peter G. J. Pulzer

Peter G. J. Pulzer mit vollständigem Namen Peter George Julius Pulzer (* 1929 in Wien) ist ein österreichischer Historiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Forschung

Pulzer wurde 1929 in Wien geboren, die Familie emigrierte 1939 nach Großbritannien. An der Universität Cambridge studierte er Geschichte und promovierte 1960. 1964 erschien sein Buch „Die Entstehung des politischen Antisemitismus in Deutschland und Österreich 1867–1914“. Das Buch gilt als Pionierarbeit der Antisemitismusforschung und nach vielfacher Auflage noch heute als ein Klassiker[1] und Standardwerk[2] des Forschungszweiges. Darin kommt Pulzer unter anderem zu dem Schluss, dass zu dieser Zeit in Deutschland, im Gegensatz zu Österreich, der Antisemitismus „nie allgemein wurde“.[3]

1984 wurde Pulzer an die Universität von Oxford berufen und war dort bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1996 Professor of Government and Public Administration am All Souls College. Als Gastprofessor war er darüber hinaus in Washington, München, Dresden und Leipzig tätig.

Im Zuge des Historikerstreits bezeichnete Pulzer die Debatte als „sehr deutsch“ und lud Ernst Nolte nach Oxford ein, um dort seine Thesen zu erläutern. In seiner Einführungsrede verwies Pulzer dabei auf ein Essay von John Stuart Mill und dessen Kritik an denen, „die sich weigern, zuzuhören, weil sie von der Unfehlbarkeit ihrer Auffassung überzeugt sind“.[4] Allen revisionistischen Thesen stand Pulzer jedoch ablehnend gegenüber. In der Debatte um die historische Bewertung der Luftangriffe auf Dresden widersprach er der Ansicht, diese seien unverhältnismäßig oder unnötig gewesen. Militärische und zivile Ziele seien unter Berücksichtigung des von den Nazis propagierten „totalen Krieges“ nur schwer zu trennen und das Ausmaß des deutschen Widerstandes und Durchhaltewillens nicht bekannt gewesen.[5]

Ämter und Ehrungen

Pulzer ist Vorsitzender des Leo Baeck Instituts in London. Er ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und erhielt ein Ehrendoktorat der Universität Innsbruck.[6]

Werke (Auswahl)

  • Peter G. J. Pulzer: Die Entstehung des politischen Antisemitismus in Deutschland und Österreich 1867-1914. Sigbert Mohn, Gütersloh 1966; erw. und rev. Neuaufl. V&R, Göttingen 2004 (mit Forschungsbericht) ISBN 3525369549
  • Peter G. J. Pulzer: Political representation and elections in Britain. Studies in political science, Band 1. Allen & Unwin, 1972
  • Peter G. J. Pulzer: Germany, 1870-1945: politics, state formation, and war. Oxford University Press, 1997
  • Wolfgang Benz, Arnold Paucker ,Peter G. J. Pulzer: Jüdisches Leben in der Weimarer Republik. Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Instituts, Band 57. Mohr Siebeck, 1998
  • Kurt Richard Luther, Peter G. J. Pulzer: Austria 1945-95: fifty years of the Second Republic. Ashgate, 1998
  • Peter G. J. Pulzer: Fog in Channel: Anglo-German perspectives in the nineteenth century. Annual lecture (German Historical Institute London), 2000
  • Peter G. J. Pulzer: Jews and the German state: the political history of a minority, 1848-1933. Wayne State UP, 2003

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Buchbesprechung des Simon-Dubnow-Instituts
  2. Appelle ans Gefühl. Süddeutsche Zeitung, 14.Februar 2005. Aufgerufen über buecher.de
  3. Rache für Königgrätz. DER SPIEGEL 46/1966, 17. November 1966
  4. Jürgen Krönig: Beifall für den Provokateur. Ernst Noltes Auftritt in Oxford: Die Briten finden den „Historikerstreit“ sehr deutsch. Die Zeit, 24. Februar 1989 Nr. 09
  5. Lars von Törne: Schuld und Leiden. Kanadische Debatte über Deutsche im Weltkrieg. Der Tagesspiegel, 2. November 2007
  6. Symbol für die Internationalität der Wissenschaft Pressemitteilung der LFU Innsbruck, 16. März 2007

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