Chinatown (Film)

Chinatown (Film)
Filmdaten
Deutscher Titel Chinatown
Produktionsland Vereinigte Staaten
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1974
Länge 131 Minuten
Altersfreigabe FSK 16
Stab
Regie Roman Polański
Drehbuch Robert Towne
Produktion Robert Evans
Musik Jerry Goldsmith
Kamera John A. Alonzo
Schnitt Sam O’Steen
Besetzung

Chinatown ist ein US-amerikanischer Kriminalfilm des Regisseurs Roman Polański aus dem Jahr 1974. Er wurde mit dem Oscar für das beste Originaldrehbuch ausgezeichnet und ist, so Polański in den 1970ern, eine „traditionelle Detektivgeschichte in neuer, moderner Gestalt“.[1]

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Der Film spielt in Los Angeles im Jahr 1937. Die wirtschaftliche Depression scheint einigermaßen überwunden, und Privatdetektiv Jake Gittes hat eine florierende Detektei mit mehreren Mitarbeitern. Er war früher Polizist in Chinatown. Und dort lautete seine Maxime noch, lieber nichts zu tun, wenn man nicht unbedingt müsse, sich also lieber „herauszuhalten“.

Nach Abschluss einer seiner üblichen Ermittlungen wegen Ehebruchs kommt eine Mrs. Mulwray (eine falsche, wie sich später herausstellt) in sein Büro und beauftragt ihn, ihrem Mann eine Affäre nachzuweisen. Nur zögernd nimmt Gittes den Fall an. In den folgenden Tagen beschattet er Mr. Mulwray, der als Ingenieur bei den Wasserwerken arbeitet. Dieser scheint sich aber viel mehr für Kanäle und Flüsse zu interessieren als für andere Frauen. Eine ganze Nacht verbringt er alleine am Meer. Als Jake ihn nach einigen Tagen doch mit einem jungen Mädchen erwischt, macht er Fotos von den beiden, die er seiner Auftraggeberin übergibt. Kurz darauf erscheint ein "die Affäre entlarvender" Artikel auf der ersten Seite der Lokalzeitung.

Dann taucht die echte Evelyn Mulwray in Gittes' Büro auf. Sie teilt ihm knapp mit, dass sie ihn verklagen werde und verschwindet wieder. Jake will mit Mr. Mulwray direkt Kontakt aufnehmen, doch es gelingt ihm nicht. Mulwray ist nicht in seinem Büro und auch nicht in seinem Haus. Dort trifft er wiederum auf Evelyn Mulwray, die ihm mitteilt, dass sie ihre Klage fallen lasse - ohne dafür genauere Gründe zu nennen. Kurze Zeit später findet er Mr. Mulwray doch, aber Hollis Mulwray ist tot. Ertrunken in einem der Kanäle, die er so engagiert beobachtet hat. Allem Anschein nach war er einem Betrug der Wasserwerke auf die Spur gekommen.

Jake will der Sache nachgehen. Bei seinen Schnüffeleien wird ihm ein Nasenflügel aufgeschnitten, weshalb er eine Zeit lang einen Verband im Gesicht tragen muss. Auch wird auf ihn geschossen und sein Auto demoliert, er wird zusammengeschlagen und erneut wird auf ihn geschossen. Bei einer gezielten Verfolgungsjagd kann er nur mit der Hilfe von Mrs. Mulwray entkommen. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Romanze, aber sie erzählt ihm nicht die Wahrheit. Sein Misstrauen wächst, so dass er sie als Mörderin ihres Mannes verdächtigt.

Der Vater von Evelyn Mulwray, Noah Cross, den sie aus nicht nachvollziehbaren Gründen fürchtet, erteilt Gittes den Auftrag, die mittlerweile verschwundene junge Begleitung des Verstorbenen aufzuspüren. Gittes nimmt ihn ebenso an wie den von Evelyn Mulwray, den Tod ihres Gatten aufzuklären. Schließlich kann Gittes beide Jobs erledigen. Er deckt ein Komplott auf, in dessen Zentrum Noah Cross steht, der frühere Geschäftspartner von Hollis Mulwray: Cross, der früher mit Hollis Mulwray Besitzer der Wasserwerke war, lässt heimlich kostbares Trinkwasser ins Meer leiten, um das Umland systematisch auszutrocknen und so die Landbesitzer zu Verzweiflungsverkäufen unter Wert zu bewegen. Das Land geht zunächst an nichtsahnende Strohmänner, um später in den Besitz von Cross und dessen Komplizen zu gelangen. Nach dem ebenfalls von Cross vorangetriebenen (von Mulwray aber abgelehnten) Bau eines Staudammes und der damit möglichen Wiederbewässerung des vertrockneten Landes steigt dessen Wert wieder an und es kann nun mit großen Spekulationsgewinnen weiterverkauft werden. Hollis Mulwray kam diesen Zusammenhängen auf die Spur und wurde deshalb von Noah Cross ermordet.

Doch Jakes Entdeckung bleibt ohne Wirkung, im Eifer des Showdowns in Chinatown geht sie unter und wird von den ehemaligen Kollegen bei der Polizei nicht zur Kenntnis genommen.

Den anderen Auftrag erledigt Jake so gesehen erfolgreicher: bei dem Mädchen handelt es sich nämlich um Mrs. Mulwrays Tochter, die sie mit fünfzehn Jahren von ihrem Vater bekommen hat. Zwar verneint sie, dass sie von ihm vergewaltigt wurde, es erklärt aber ihre Furcht und Aversion Noah Cross gegenüber. Schließlich versucht sie, mit der von ihr versteckten Tochter zu fliehen. Durch eine unglückliche Verkettung der Umstände wird sie aber auf der Flucht von Polizisten erschossen, nachdem sie ihrerseits auf ihren Vater geschossen hat. Ihre heimliche Tochter erlebt das Ganze als Beifahrerin im Auto mit, und wird, traumatisiert, von ihrem Vater/Großvater gierig umfangen und weggebracht. Geschockt durch den Tod seiner geheimnisvollen Liebhaberin, resigniert Jake Gittes. Sein Misstrauen Mrs. Mulwray gegenüber sowie seine Entscheidung gegen die eingangs genannte Maxime, sich „rauszuhalten“, ließ die Geschichte in einer Katastrophe enden: Evelyn ist tot - und ihre Tochter landet als legitime Enkelin in den Händen eines rücksichtslosen und eventuell pädophilen Machtmenschen.

Hintergrund

Chinatown gilt als gelungener, moderner Film noir, in dem es Towne (und Polański) gelingt, die klassische Rolle des private eye in der Tradition von Hammett und Chandler realistisch weiterzuführen.[1][2] Die Rahmenhandlung dieser Geschichte um sex, crime und Politik geht zurück auf Ereignisse, die sich in den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts im Verlauf der sogenannten California Water Wars (en) tatsächlich zugetragen haben. Der kalifornische Wasserbauingenieur William Mulholland gilt als Vorbild für die Figur des Noah Cross. Jack Nicholson, Robert Towne und Produzent Robert Evans haben diese Geschehnisse mit dem innerfamiliären Drama und der typischen Film-noir-Atmosphäre von Misstrauen und moralischer Desorientierung verarbeitet. Das von Towne verfasste Drehbuch wird oft als Musterbeispiel für die gelungene Entwicklung einer Filmhandlung hervorgehoben.[3] Es wurde 1975 mit einem Oscar bedacht und erhielt noch weitere Auszeichnungen. Towne hatte für den Film allerdings ein Happy-End vorgesehen. Das Ende des Films wurde von Polański durchgesetzt, der auch später noch davon überzeugt war, dass erst dieses tragische Finale den Film zu einem Klassiker gemacht hat.[4]

Geplant war eigentlich eine Trilogie. Zwei weitere Filme sollten folgen, angesiedelt in den 1940er und 1950er Jahren, welche die Stadt Los Angeles in den verschiedenen Zeiten beleuchten sollten.[3] Eine Fortsetzung namens Die Spur führt zurück – The Two Jakes unter der Regie von Nicholson und der Mitarbeit von Towne und Evans konnte 1990 aber weder in künstlerischer noch in kommerzieller Hinsicht an den Erfolg von Chinatown anknüpfen. Auch deswegen ist es (bisher) nicht zu einem weiteren Teil gekommen.

Die Femme fatale als bad good girl

Faye Dunaways Rolle als Evelyn Mulwray steht, ebenso wie die des private eye (Privatdetektiv) Jake Gittes, in der Tradition des Film noir. Sie ist die ominöse Dame mit einem Auftrag, die mit dem Fortgang der Geschichte immer geheimnisvoller wird und nicht einzuschätzen ist. Als Figur zwar kultiviert, wechselt sie im Film nach und nach immer wieder ihr Gesicht. Zwischendurch entpuppt sie sich als veritable „Gangsterbraut“, als sie mit Gittes auf dem Beifahrersitz routiniert einigen schießenden Verfolgern entwischt. Letzten Endes stirbt sie sogar im Auto durch Schüsse, ein sehr ähnliches Ende wie jenes der Bonnie Parker, die sie einige Jahre zuvor in Bonnie und Clyde gespielt hatte, dessen Drehbuch unter Beteiligung von Robert Towne zustande kam.

In der Ikonographie des Film noir erscheint die Rolle der Mrs. Mulwray vom Aussehen und ihrer Wirkung auf Gittes her zunächst als klassische Femme fatale, im Laufe der Geschichte entpuppt sie sich aber als ein anderer Frauentypus der Film-noir-Bewegung: das bad good girl.[5] Ihre Handlungen offenbaren sich letzten Endes als geleitet von dem Wunsch, ihre Tochter zu schützen, ihre Lügen Gittes und anderen gegenüber dienten also einem guten Zweck.

Symbolik des Titels

Der Titel des Films bezieht sich zwar vordergründig auf das reale Viertel Chinatown in Los Angeles, in dem der Film endet. Vor allem aber taucht der Begriff den ganzen Film hindurch immer wieder als Chiffre auf. Einerseits für die unheilvolle Vergangenheit Jakes, der schon einmal eine Frau in Chinatown verloren hat. Andererseits als Bedrohung der Zukunft von Jake und Evelyn, als Verweis auf einen ungerechten, symbolischen Ort, als der sich das Viertel am Ende des Films tatsächlich entpuppt. Für Jake schließt sich hier ein Kreis. Interessant ist, dass die Chinesen im Film keineswegs in die korrupten Machenschaften verstrickt sind, sondern eher als Helfer Mrs. Mulwrays agieren. Der Ort Chinatown fungiert im Film als Symbol.[3]

Cameo

Polański selber spielt in einem Cameo-Auftritt den eiskalten Gauner, der Jake Gittes den Nasenflügel aufschlitzt.

Kritiken

  • Prisma Online: Im Stile Raymond Chandlers (auch wenn Gittes kein Marlowe ist) erzählter film noir, der höchste Konzentration verlangt. Die brillante Regiearbeit, die fantastische Kamera, die hervorragende Musik von Jerry Goldsmith und die tollen Darsteller sorgen für optimale Unterhaltung.
  • Der bekannte amerikanische Filmkritiker Leonard Maltin gab Chinatown 4 von 4 möglichen Sternen.
  • Das Lexikon des Internationalen Films urteilt: An Raymond Chandlers Kriminalromanen orientiert, in Stil und realitätsbezogener Darstellung jedoch weit darüber hinausgehende Auseinandersetzung mit der amerikanischen Wirklichkeit nicht nur der 30er Jahre. Zugleich ein Einblick in die psychologische Befindlichkeit einer durch und durch maroden Gesellschaft.Chinatown (Film) im Lexikon des Internationalen Films

Auszeichnungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Roloff/Seeßlen: Mord im Kino, Reinbek 1981, S. 245ff.
  2. vgl. auch Paul Werner, Film noir und Neo-Noir, München 2000, S. 166.
  3. a b c Norbert Grob: Im Kino gewesen…St. Augustin 2003, S. 153ff.
  4. Roman Polański: Roman Polanski: Autobiographie. Bern u.a. 1984
  5. Zur Abgrenzung von Femme Fatale und bad good girl vgl. Paul Werner, Film Noir und Neo-Noir, München 2000, S. 143
  6. Writers Guilds Announce 101 Greatest Screenplays, 7. April 2006.
  7. WGA (West): The 101 List

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