Prozessaval

Prozessaval

Prozessaval ist im Bankwesen ein Avalkredit, der sich aus dem Zivilprozessrecht ergibt und zur Abwendung oder Durchführung der Zwangsvollstreckung benötigt wird.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Um aus einem Urteil vollstrecken zu können, muss es vom Gericht entweder durch Ablauf der Rechtsmittelfrist formell rechtskräftig (§ 705 ZPO) oder für vorläufig vollstreckbar erklärt worden sein (§§ 708 ff. ZPO). Das zu vollstreckende Urteil muss einen vollstreckungsfähigen Tenor haben. Hauptsächlich sind nur Leistungsurteile (Tenor: „Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ... zu zahlen / herauszugeben / zu unterlassen...“) vollstreckbar, nicht dagegen Gestaltungs- oder Feststellungsurteile.

Aus rechtskräftigen – also nicht mehr durch Rechtsmittel angreifbaren - Urteilen kann im Zivilprozess sofort vollstreckt werden. Die obsiegende Partei kann dann aufgrund des Urteils von der unterlegenen Partei Zahlung verlangen, was notfalls durch Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden kann. Nicht rechtskräftige Urteile können – müssen aber nicht - vom Gericht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. Dies bedeutet, dass unter den Voraussetzungen der §§ 708 ff. ZPO die obsiegende Partei berechtigt ist, bis zur Rechtskraft eines endgültigen Urteils die ihr im vorläufig vollstreckbaren Urteil zugesprochenen Ansprüche notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Hiermit wird vermieden, dass die Rechtsdurchsetzung durch Rechtsmitteleinlegung verzögert wird. Dabei hat der Gesetzgeber erkannt, dass hierin ein erhebliches materielles Risiko für die erstinstanzlich unterlegene Partei liegt. Sollte sie nämlich letztinstanzlich obsiegen, besteht die Gefahr, dass sie die aufgrund des erstinstanzlichen Urteils geleistete Zahlung vom Gegner nicht mehr zurückerhält, weil dieser inzwischen insolvent geworden ist. Eine Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung würde mithin einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen. Um dieses Rückforderungsrisiko zu beseitigen, kann das Gericht im Urteil anordnen, dass das Urteil entweder mit oder ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist. Dabei benennt § 708 ZPO eine Vielzahl von Urteilen, die ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind, während in § 709 ZPO festgelegt ist, dass andere Urteile nur gegen eine der Höhe nach zu bestimmenden Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind. Diese Sicherheitsleistung kann auch in der Beibringung eines Prozessavals (Bankbürgschaft oder Bürgschaft einer Versicherung im Rahmen der Kautionsversicherung) bestehen. Wurden Urteile für vorläufig vollstreckbar erklärt, ohne dass von der obsiegenden Partei eine Sicherheitsleistung verlangt wird, so kann der Schuldner seinerseits eine Vollstreckung nach § 711 ZPO abwenden. Das geschieht ebenfalls durch Prozessaval, das dem obsiegenden Gläubiger Sicherheit für seinen vollstreckbaren Anspruch gewährt. Hierdurch schützt das Gesetz den Gläubiger vor dem Insolvenzrisiko des unterlegenen Schuldners.

Arten

Prozessavale sind die in den §§ 708 ff. ZPO geforderte Sicherheitsleistung, die im Wege einer Bankbürgschaft erfüllt werden kann. Die Prozessbürgschaft besitzt die Funktion einer hinterlegungsgleichwertigen Sicherheit (§ 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Das Prozessaval dient entweder der Durchführung oder der Abwendung einer Zwangsvollstreckung.

  • Durchführung der Zwangsvollstreckung: das Kreditinstitut verpflichtet sich dafür einzustehen, dass der im Rahmen einer urteilsbedingten Vollstreckung vom obsiegenden Gläubiger vereinnahmte Geldbetrag wieder an den Schuldner zurückübertragen wird, wenn er in nächster Instanz gewinnt. Der siegreiche Kläger kann nach Vorliegen dieser Bürgschaft die Zwangsvollstreckung gegen den Beklagten betreiben.
  • Abwendung der Zwangsvollstreckung: das Kreditinstitut verpflichtet sich dafür einzustehen, dass der beklagte Schuldner im Falle der Urteilsbestätigung durch die nächste Instanz den im Urteil festgelegten Schuldbetrag zahlt. Der Beklagte kann durch Übergabe dieser Bürgschaft die Zwangsvollstreckung zunächst abwenden, um weitere Rechtsmittel auszuschöpfen. Das Gericht kann bestimmen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung (Bankaval) abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor Vollstreckung Sicherheit leistet (§ 708 Nr. 4 bis 11 ZPO).[1]

Folgen

Prozessavale haben eine gerechte Verteilung des Insolvenzrisikos zum Ziel. Der Sicherungszweck bei einer Prozessbürgschaft zur Abwendung der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 711 ZPO besteht nicht in der Sicherung der materiellen Forderung, sondern in der durch den Titel geschaffenen Vollstreckungsbefugnis des Titelgläubigers.[2] Eine solche Prozessbürgschaft soll einen angemessenen Ausgleich für den Verzicht des Gläubigers auf die ihm eigentlich gestattete vorläufige Vollstreckung darstellen und damit die Vollstreckungsbefugnis, die er durch das Urteil erlangt hat, sichern.[3] Bringt der Gläubiger eine Prozessbürgschaft zur Durchführung der Zwangsvollstreckung bei, so verzichtet er hiermit auf die ihm eigentlich zustehende Vollstreckungsbefugnis. Daraus ergibt sich, dass der Titelgläubiger wegen der Prozessbürgschaft nicht mehr das zu seinen Gunsten lautende Urteil vollstrecken lassen darf, so dass der Titelschuldner nicht mehr verpflichtet ist, seinerseits eine Prozessbürgschaft zwecks Abwendung der Zwangsvollstreckung zu übergeben. Bringt der Gläubiger jedoch keine Bürgschaft zur Durchführung der Zwangsvollstreckung bei, so darf er vollstrecken lassen, es sei denn, es liegt eine Prozessbürgschaft des Schuldners zur Abwendung der Zwangsvollstreckung vor.

Beendigung des Prozessavals

Durch ein rechtskräftiges Urteil wird die Gefahr eines Vermögensschadens beseitigt, sodass ein Grund für die Absicherung durch Prozessaval nicht mehr besteht. Auf Antrag des Gläubigers ordnet das Gericht das Erlöschen einer Prozessbürgschaft an (§ 715 Abs. 1 ZPO), und das Original der Bürgschaftsurkunde ist der ausstellenden Bank zurückzugeben.

Einzelnachweise

  1. Uwe Gottwald, Zwangsvollstreckung, 2005, S. 99 ff.
  2. BGH NJW 2005, 2157
  3. BGH NJW 1975, 1119, 1121
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