Ryan XV-5

Ryan XV-5
Eine XV-5

Der Ryan XV-5 war ein strahlgetriebenes V/STOL-Projekt in den sechziger Jahren. Bis 1962 bezeichnete die US Army den Entwurf als VZ-11.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Jahr 1959 bekam General Electric den Auftrag, ein Antriebskonzept für ein VTOL-Flugzeug zu entwickeln und zu testen. Das daraufhin gebaute Liftfan-System bekam die Bezeichnung X353-5 und wurde 340 Stunden getestet. Im November 1961 gewann GE einen Vertrag für die Entwicklung eines Flugzeuges mit „Fan-in-wing“-Konzept durch die US Army. Ryan war hier Unterauftragnehmer von GE. Der Vertrag beinhaltete die Entwicklung, den Bau von zwei VZ-11-Prototypen sowie die Flugtests. General Electric war für das Projekt verantwortlich und steuerte die Triebwerke bei. Außer Ryan mit der VZ-11RY (1962 umbenannt in XV-5 Vertifan) wurde auch Lockheed mit der VZ-10 (umbenannt in XV-4 Hummingbird) beauftragt.

Konstruktion

Das Flugzeug besaß ein Zweimanncockpit mit nebeneinander angeordneten Schleudersitzen und war als Mitteldecker mit T-Leitwerk ausgelegt. Der Rumpf, auf dessen Rücken sich der Lufteinlass befand, bestand aus einer einfachen Struktur mit Spanten und Gitterrohrträgern. Die geforderten Leistungsdaten waren ähnlich denen der Douglas A-4 Skyhawk.

Angetrieben wurde das Flugzeug von zwei General Electric J85-GE-5-Turbojets mit einem Schub von je 13,1 kN (2.950 lbf), ähnlich den in der Northrop F-5 verwendeten Triebwerken. Der Abgasstrahl der Triebwerke wurde über eine T-förmige Leitung mit Ventil als Antrieb für die drei Auftriebsbläser verwendet. Die Luftführung des Abgasstrahls wurde über gekreuzte Leitungen von jeweils beiden Triebwerken realisiert, um bei Ausfall eines Triebwerks das Flugzeug nicht zu einer Seite abkippen zu lassen. Es gab je ein großes, durch zwei Klappen verschließbares Hubgebläse (X353-A) in jeder Tragfläche sowie ein Hubgebläse (X376) in der Flugzeugnase.

Die Flügelgebläse hatten ein Durchmesser von 1,93 m und waren für den Hauptauftrieb (Luftdurchsatz von 242 kg/s) sowie für die Roll- und Giersteuerung verantwortlich, was durch bewegliche Auslassklappen an der Unterseite realisiert wurde. Sie besaßen jeweils 36 Schaufeln und wurden von einem Kranz aus 324 kleinen Turbinenschaufeln am Rand, durch die das Triebwerksabgas gepresst wurde, angetrieben. Ein Satz mit Luftschlitzenschaufeln (thrust spoiler) unter jedem der großen Flügelfans konnte den Schub in jede mögliche Richtung lenken. Für den Horizontalflug wurden die Hubgebläse auf der Oberseite verschlossen.

Das dritte (vordere) Hubgebläse (0,9 m) befand sich vor dem Cockpit und war hauptsächlich für die Nicksteuerung (Pitchcontrol) zuständig. Alle drei Auftriebsbläser lieferten zusammen einen Vertikalschub von 71,1 kN (16.000 lbf), fast dreimal so viel, wie die Triebwerke an Schub lieferten. Die Steuerung des Systems selbst erfolgte mit einer konventionellen Steuerung mit Knüppel und Pedalen und einem zusätzlichen Auftriebsstellhebel ähnlich dem eines Hubschraubers.[1]

Der XV-5A wurde in Armeegrün bemalt.

Erprobung

Zwei XV-5A wurden bis Ende 1966 von 15 Testpiloten getestet (der „XV-5A-Fanclub“). Nach intensiven Windkanalversuchen mit Modell hatte am 26. Februar 1964 das erste Flugzeug (Kennung 62-4505) seinen Rollout. Es flog am 26. Mai 1964 mit Testpilot Val Schaeffer am Steuer auf der Edwards Airforce Base zum ersten Mal. Der erste Schwebeflug fand am 16. Juli 1964 und der erste Übergang vom Fliegen zum Schweben am 6. November 1964 statt. Das zweite Flugzeug (62-4506) wurde im März 1964 per Flugzeugträger zu Windkanaltests nach Moffet Field gebracht. Am 28. Januar 1965 übernahm die Army die beiden Jets. Am 27. April 1965 wurde das erste Flugzeug in San Diego während einer vermutlich erfolglosen amtlichen Flugdemonstration zerstört, der Pilot Lou Everett kam hierbei durch einen Fehler im Schleudersitz ums Leben (der Fallschirm öffnete sich nicht). Im weiteren Verlauf wurde eine Rettungsversion vorgeschlagen, die per Winde eine Person in ein Bereich hinter dem Piloten heben könne. Das zweite Flugzeug wurde hierfür umgerüstet. Am 5. Oktober 1966 wurde das Flugzeug bei einer Rettungssimulation stark beschädigt, als die Personenattrappe in einen Flügelfan gesaugt wurde. Der Pilot wurde tödlich verletzt, obwohl der Fan weiter funktionierte und einen kontrollierten Flug ermöglichte. Das zweite Flugzeug wurde als XV-5B wieder aufgebaut und setzte die Flugversuche am 24. Juni 1968 fort. Der XV-5B hatte ein breiteres Fahrwerk und ein weiterentwickeltes Cockpit. Die oben beschriebenen Luftschlitzschaufeln wurden entfernt und das Flugzeug in NASA-Weiß bemalt. Flugversuche wurden bis 1974 durchgeführt.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Übergang vom Schweben zum Fliegen schwierig und plötzlich war. Das Auftriebsbläsersystem war zu schwer und nahm zu viel internes Volumen in Anspruch, sodass dieses Konzept nicht weiter verfolgt wurde. Der XV-5 war eines der letzten Flugzeuge, das von Ryan entwickelt wurde.

Der Ryan XV-5B ist im United States Army Aviation Museum, in Fort Rucker, Ozark (Alabama) ausgestellt.

Technische Daten

  • Mannschaft: 2
  • Länge: 13,56 m
  • Spannweite: 9,09 m
  • Höhe: 4,50 m
  • Durchmesser Frontfan: 0,9 m
  • Durchmesser Flügelfan: 1,93 m
  • Leergewicht: 3175 kg
  • Fluggewicht: 5663 kg
  • Triebwerk: 2 × J85-GE-5-Turbojets mit je 11,47 kN Schub im Flug und je 33,02 kN im Schwebeflug (Bezeichnung einschließlich Komponenten für Senkrechtflug: X535-5)
  • Höchstgeschwindigkeit: 845 km/h

Weblinks

 Commons: XV-5 Vertifan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. FlugRevue Dezember 2008, S. 100–103, Schwebewunder – Ryan XV-5 Vertifan

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