Sankt Josefshaus Herten

Sankt Josefshaus Herten
St. Josefshaus Herten

Das Sankt Josefshaus Herten (Schreibweise auch St. Josefshaus) ist eine katholische Einrichtung der Hilfe für Menschen mit Behinderungen im deutschen Bundesland Baden-Württemberg. Der Hauptstandort liegt im Ortsteil Herten der Stadt Rheinfelden (Baden). Das Sankt Josefshaus gehört zu den frühesten Behindertenhilfe-Einrichtungen der Region, zu den heute größten in Südbaden und ist die älteste und größte im Landkreis Lörrach sowie einer der größten Arbeitgeber im Landkreis überhaupt. Etwa 960 Mitarbeiter betreuen an sieben Standorten rund 900 Menschen mit Behinderungen. Seit 2005 ist das Sankt Josefshaus auch in der Altenhilfe tätig. In der Altenhilfe des St. Josefshauses betreuen und pflegen rund 200 Mitarbeiter an fünf Standorten Menschen im Alter.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Sankt Josefshaus wurde von dem Hertener Dorfpfarrer Karl Rolfus auf Anregung der damaligen Oberin der Ingenbohler Schwestern, Maria Theresia Scherer, gegründet, um sich der „Kretinen“ (aufgrund Jodmangels geistig Behinderten) in Herten und Umgebung anzunehmen. Nach Rolfus ist heute die zum Sankt Josefshaus gehörende Karl-Rolfus-Schule benannt, nach Scherer die Theresia-Scherer-Schule.

1879 wurde die Keimzelle der Einrichtung eröffnet, das Haus „Maria Hilf“. Das ehemalige Bauernhaus mit Grundstück hatte Karl Rolfus mit Hilfe des Säckinger Stadtpfarrers Daniel Danner und der Unterstützung von Gönnern und Basler-Handwerkern günstig erwerben können. Anfänglich wohnten dort drei schwerbehinderte Kinder, am Jahresende bereits 20 Pfleglinge. Sie wurden betreut von drei Pflegeschwestern aus dem Mutterhaus der Ingenbohler Kongregation. Einige Jahre später gründeten Rolfus und Danner als künftigen Eigentümer und Träger des Hauses nach staatlichem Recht den „St. Josefsverein“. Von 1884 bis 1889 erbaute der Verein das neue Haus „St. Josef“, das nunmehr Platz für 200 Bewohner bot. Am Jahresende 1889 lag die Zahl der Bewohner aber schon bei über 300. Infolge einer Grippeepidemie begann man das Krankenhaus „St. Elisabeth“ zu errichten, das 1893 fertig wurde. 1898 bis 1899 folgte das „Laurentiushaus“ für epileptische Knaben.

Nach dem Tod von Karl Rolfus am 2. März 1907 übernahm Prälat Franz Fünfgeld die Leitung der Einrichtungen, die damals bereits 550 Bewohner betreute. Er kaufte den zwischen Herten und Wyhlen gelegenen Landwirtschaftsbetrieb „Markhof“ zur Eigenversorgung der Behinderteneinrichtung. 1913 wurde der nächste Erweiterungsbau fertiggestellt, das „Franziskushaus“ für geistig behinderte Kinder und epileptische Mädchen. Um den Bedürfnissen der gestiegenen Betreutenzahl besser zu entsprechen, entstand 1925 eine Zentralküche mit Schwesternrefektorium und Schulräumen und das Rotbergsche Schloßgut in Bamlach (heute Ortsteil von Bad Bellingen) wurde erworben und umgebaut. 1928/29 errichtete man die Hertener St. Josefskirche und 1929/30 eine Schule für epileptische und geistig behinderte Kinder.

1931 übernahm Karl Vomstein die Leitung des St. Josefshauses. 1939, die Nationalsozialisten waren inzwischen an der Macht, mussten die inzwischen 856 Bewohner im St. Josefshaus ans Reichsinnenministerium gemeldet werden, das die „Verlegung von Anstaltsinsassen im Rahmen besonderer planwirtschaftlicher Maßnahmen“ ankündigte. Zwischen Juli und Dezember 1940 wurden in fünf Transporten 345 Männer, Frauen und Kinder aus dem St. Josefshaus in die Tötungsanstalt Schloss Grafeneck deportiert und im Rahmen des NS-Euthanasieprogrammes („Aktion T4“) ermordet. An diese Toten erinnern Namenstafeln am Eingang der Hertener Josefskirche und ein von dem Rheinfelder Bildhauer Leonhard Eder geschaffenes Denkmal. Schülerinnen des Rheinfelder Georg-Büchner-Gymnasiums nahmen mit einer Forschungsarbeit zu Wilhelm Grein, der während des Euthanasie-Programms Hauptlehrer an der Karl-Rolfus-Schule war und mehrere Dutzende Bewohner retten konnte, am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten und der Körber-Stiftung teil und erhielten dafür 2009 einen Förderpreis. Trotz der Bemühungen Greins befanden sich 1949 nur noch 421 Bewohner im St. Josefshaus, 1939 waren es noch 856 gewesen.

Nachfolge von Direktor Vomstein wurde 1953 Wilhelm Richard. Das St. Josefshaus betreute zu diesem Zeitpunkt wieder 670 Bewohner. 1966 folgt auf Richard Monsignore Hans Hauck. Er lässt 1966/67 das „Maria-Theresia-Haus“ mit eigenem Personaltrakt errichten und 1968 die Fachschule für Heilerziehungshilfe und Heilerziehungspflege einrichten, welche 1971 staatlich anerkannt wurde (1992 in Karl-Rolfus-Schule umbenannt). Zur Arbeitstherapie wurde der neue „Heinrichsbau“ errichtet, in dem die „Beschützende Werkstatt“, die Sonderberufsfachschule und eine elektromechanische Werkstatt Platz finden. 1972 entstand auf dem „Markhof“ das „Daniel-Danner-Haus“ und in Herten für weitere acht Gruppen das „Bernhardshaus“.

Unter dem neuen Direktor Prof. Dr. Alexander Sagi wurde noch 1976 eine Werkstatt für behinderte Menschen mit zunächst 120 Arbeitsplätzen gebaut. Zwei Jahre später wurde das Rotbergsche Schloßgut in Bamlach durch einen Neubau ersetzt. Nach wenigen Jahren ohne Bautätigkeit entstand von 1980 bis 1983 ein neues Physiotherapiezentrum mit Wohnheim.

1994 trat Bernhard Späth das Amt als Direktor an. Unter seiner Ägide entstand 2002 das Wohn- und Pflegehaus „Peter und Paul“ für alte und stark pflegebedürftige Behinderte. 2003 erwarb des Sankt Josefshaus in Bad Rippoldsau den „Bonifazhof“, um Menschen mit Behinderungen heimatnahe Wohnangebote machen zu können. 2005 betätigte sich das Sankt Josefshaus erstmals in der Altenhilfe, indem es den Betrieb des Alten- und Pflegeheimes der katholischen Kirchengemeinde St. Fridolin in Lörrach-Stetten übernahm. 2007 folgte die Trägerschaft für ein neues Altenpflegeheim in Zell im Wiesental. Die Regionalisierung wurde durch den Bau eines Wohnhauses für Behinderte in der Innenstadt von Rheinfelden fortgesetzt. Ein umgewandeltes Legat des Sankt Josefshauses bildete den Grundstock der 2006 gegründeten Bürgerstiftung Rheinfelden.

Auch im rechtlichen Bereich erfolgte eine Umorganisation. Der operative Betrieb der Einrichtungen wurde 2007 in eine gemeinnützige GmbH ausgelagert, die Vermögensträgerschaft blieb bei der St. Josefshaus KdÖR. Anfang 2008 wurde das St. Josefshaus Mehrheitsgesellschafter des Alten- und Pflegeheimes „St. Franziskus“ in Bad Säckingen. 2010 wird in der „Villa Schwobthaler“ in Endingen am Kaiserstuhl ein neuerbautes Wohnhaus für an Demenz erkrankte Menschen eröffnet.

Organisation

Das Sankt Josefshaus ist rechtlich eine gemeinnützige GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Körperschaft des öffentlichen Rechts St. Josefshaus KdöR ist. Der Vorstand der St. Josefshaus KdöR besteht aus Bernhard Späth (Direktor St. Josefshauses), dem stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Bernd Mathias Kremer (ehemaliger Leiter der Abteilung Bauwesen, Kunst und Denkmalpflege im Erzbischöflichen Ordinariat Freiburg) und Anton Bauhofer (Oberbaudirektor beim Erzbischöflichen Bauamt Freiburg). Aufsichtsratsvorsitzender ist Prof. Dr. Dr. Rudolf Hammerschmidt (Vorstandsvorsitzender der Bank für Sozialwirtschaft in Köln), zweiter Vorsitzender ist Prof. Dr. Edgar Kösler (Rektor der Katholischen Fachhochschule Freiburg). Geschäftsführer der St. Josefshaus gGmbH ist Bernhard Späth.

Die soziale Tätigkeit des Sankt Josefshauses gliedert sich in die zwei Bereiche Behindertenhilfe und Altenhilfe. Die vom St. Josefshaus getragene Theresia Scherer Schule, eine staatlich anerkannte Fachschule für Sozialwesen der Fachrichtung Heilerziehungspflege, bildet seit 1968 aus und war damit bundesweit eine der ersten Schulen mit dieser Ausbildungsrichtung.

Standorte

Literatur

  • Werner Muffler: Das St. Josefshaus – die erste soziale Einrichtung in Badisch Rheinfelden. In: Haus Salmegg, Verein für Kunst und Geschichte Rheinfelden e.V. (Hrsg.): Wer da weiß Gutes zu tun. Zur Sozialgeschichte Rheinfeldens bis 1930. (= Rheinfelder Geschichtsblätter, H. 10), S. 94–99.

Weblinks

 Commons: Sankt Josefshaus Herten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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