Christian Gottlob Heyne

Christian Gottlob Heyne
Christian Gottlob Heyne. Ölgemälde von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, um 1800

Christian Gottlob Heyne (* 25. September 1729 in Chemnitz; † 14. Juli 1812 in Göttingen) war ein deutscher Professor und Bibliothekar, der sich mit Altertumswissenschaft, Klassischer Philologie, Sprachforschung und Archäologie befasste.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Heyne wurde als Sohn eines Leinewebers geboren, nach dem Besuch des Lyzeums seiner Vaterstadt studierte er ab 1748 an der Universität Leipzig. Die Not trieb ihn zu schriftstellerischer Tätigkeit, deren Früchte zunächst, außer einigen Übersetzungen, Bearbeitungen des Tibull und des Epiktet waren. In Wittenberg, wohin er 1750 einen jungen Adeligen als Erzieher begleitete, setzte er seine Studien fort. 1753 kehrte er nach Dresden zurück und erhielt die Stelle eines Kopisten an der Bibliothek des Ministers Brühl in Dresden. 1760 verlor er in Dresden während einer Beschießung der Stadt seine gesamte Habe. Er versuchte in der Folge, seinen Unterhalt durch die Bearbeitung eines Teils des lateinischen Textes zu Lipperts Daktyliothek zu erwerben, bis er 1763 als Professor der Rhetorik und Nachfolger von Johann Matthias Gesner nach Göttingen berufen wurde.

Bereits 1764 erhielt er die Aufsicht der Universitätsbibliothek, zunächst noch zusammen mit dem vorherigen Leiter Johann David Michaelis, danach als alleiniger Direktor. Er machte sie rasch zu einer wichtigen und beispielhaften Einrichtung. Er organisierte eine Fernleihe für auswärtige Gelehrte und beschaffte neben deutschen Neuerscheinungen auch über Korrespondenzen mit anderen Gelehrten Literatur des Auslands, nicht nur französische, englische und amerikanische, sondern auch arabische und orientalische Literatur. Bei seinem Amtsantritt hatte die Bibliothek einen Bestand von 60.000 Bänden. Bei seinem Tod hatte er sich auf 200.000 Bände vergrößert. Zum Vergleich: Der Bestand der Universität Halle zählte 1780 nur 12.000 Bände.[1]

Seine Nachfolge wurde nominell an Christoph Wilhelm Mitscherlich übertragen, der bis 1835 professor eloquentiae war. Als faktischer Nachfolger ist jedoch Karl Otfried Müller anzusehen, der 1819 als außerordentlicher Professor nach Göttingen berufen wurde, 1823 zum Ordinarius und nach Georg Ludolf Dissens Tode (1837; Dissen war nomineller Nachfolger Mitscherlichs) zum professor eloquentiae befördert wurde.

1760 hatte er die dreißigjährige Therese Weiß geheiratet, die Tochter von Leopold Sylvius Weiß, einem bedeutenden Lautenisten.[2] Eine Tochter aus dieser Ehe war die Schriftstellerin Therese Huber, eine der „Universitätsmamsellen“ genannten Göttinger Gelehrtentöchter, die in erster Ehe mit dem Naturforscher Georg Forster, einem Freund ihres Vaters, verheiratet war.

Nachdem seine Fraue Therese 1776 an der Schwindsucht (Tuberkulose) gestorben war, heiratete er 1777 Georgine Brandes, Tochter des Hofrats Georg Friedrich Brandes, die ihm sechs weitere Kinder gebar.

Heyne wurde auf dem Bartholomäusfriedhof in Göttingen beigesetzt. Sein Grabspruch lautet: quem dederat cursum fortuna peregit („Er ist den vom Schicksal bestimmten Weg bis ans Ende gegangen.“).[3]

Werk

Christian Gottlob Heyne. Gemälde von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1772)

Heyne gilt als einer der wichtigsten Vordenker des Klassizismus. Er trat zunächst als Übersetzer von Werken der griechischen und römischen Antike hervor. So übertrug er unter anderem Epiktet und Tibull ins Deutsche. Vor allem aber war Heyne einer der Ersten, die sich wissenschaftlich mit der griechischen Mythologie auseinandersetzten. Indem er Erkenntnisse aus verschiedenen Wissensgebieten - wie etwa der Sprachwissenschaft und der Archäologie einbezog -, wurde er zum Begründer der modernen Altertumswissenschaft und der Mythenforschung.

Werke (Auswahl)

  • Opuscula academica. 6 Bde. Göttingen 17851812. Nachdruck Olms, Hildesheim 1997
  • Ausgabe der Carmina des Homer. 9 Bde. Leipzig 18021822.

Literatur

  • Arnold Hermann Ludwig Heeren: Christian Gottlob Heyne, biographisch dargestellt, Göttingen 1813
  • Conrad BursianHeyne, Christian Gottlob. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 12, Duncker & Humblot, Leipzig 1880, S. 375–378.
  • Ernst Barth: Christian Gottlob Heyne, ein großer Sohn des alten Chemnitz. in: Sächsische Heimatblätter, Heft 1/1962, S. 1-12
  • Ulrich SchindelHeyne, Christian Gottlob. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, S. 93–95.
  • Der Vormann der Georgia Augusta. Christian Gottlob Heyne zum 250. Geburtstag. Sechs akademische Reden. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1980. (Göttinger Universitätsreden, 67) ISBN 3-525-82619-2
  • Fee-Alexandra Haase: Christian Gottlob Heyne (1729–1812), Bibliographie zu Leben und Werk, Heidelberg: Palatina 2002. ISBN 978-3-932608-19-3
  • Martin Vöhler: Christian Gottlob Heyne und das Studium des Altertums in Deutschland. In: Glenn W. Most (Hrsg.): Disciplining classics – Altertumswissenschaft als Beruf. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2002. (Aporemata, 6) ISBN 3-525-25905-0. S.39–54.
  • Marianne Heidenreich: Christian Gottlob Heyne und die Alte Geschichte. K. G. Saur, München - Leipzig 2006. (Beiträge zur Altertumskunde, 229) ISBN 3-598-77841-4
    • Rezensionen: Ulrich Schindel, Göttinger Gelehrte Anzeigen, Band 258 (2006), S. 254–261. Matthias Willing, H-Soz-u-Kult 2007 [1]
  • Daniel Graepler: Das Studium des schönen Altertums: Christian Gottlob Heyne und die Entstehung der klassischen Archäologie. Ausstellung in der Paulinerkirche Göttingen 11. Februar - 15. April 2007. Göttingen: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, 2007

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eckart Kleßmann: Universitätsmamsellen Frankfurt am Main 2008, S. 87f
  2. Über ihre Verbindung Richard Foerster: Eine berühmte Hochzeit in der Oberlausitz. In: Oberlausitzische Heimatblätter 1920, Nr. 27/28.
  3. Vergil Aeneis IV.653


Vorgänger Amt Nachfolger
Johann Matthias Gesner Professor der Poesie und Beredsamkeit an der Universität Göttingen
1763–1812
Christoph Wilhelm Mitscherlich
Vorgänger Amt Nachfolger
Johann David Michaelis Direktor der Universitätsbibliothek Göttingen
1763–1812
Jeremias David Reuss

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