Stufen

Stufen

Stufen ist der Name eines der bekanntesten Gedichte von Hermann Hesse. Er schrieb das Gedicht am 4. Mai 1941[1] nach langer Krankheit; es trug ursprünglich den Namen Transzendieren.[2] In Stufen beschreibt Hesse das Leben als Prozess, bei dem ständig auf jeden Lebensabschnitt (Raum, Stufe) ein neuer Lebensabschnitt folgt.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Jede Lebensstufe, Tugend und Weisheit ist an sich zeitlich begrenzt und blüht zu ihrer jeweiligen Zeit. Der Mensch soll sich also bei jedem Ruf des Lebens mit Tapfer- und Heiterkeit sowie ohne Trauer von seinem alten Lebensstadium verabschieden und einen Neubeginn wagen. Er soll sich außerdem an keiner der Lebensstufen festhalten, da der Weltgeist für ihn keine Einengung, sondern eine Ausweitung von Stufe zu Stufe vorsieht. Hat man eine auf einer Stufe Heimat gefunden, so droht man, in eine Erschlaffung und Lähmung zu geraten. Dieser Stufenprozess ist nicht zwangsläufig schon mit dem Tod abgeschlossen, weil das Leben fortwährend ruft. Somit soll der Mensch den Tod als Genesung betrachten, denn letztlich ist auch er nur der Abschied von einer Lebensstufe.

Verwendung im Roman „Das Glasperlenspiel“

In Hesses Roman Das Glasperlenspiel, erschienen 1943, wird das Gedicht im zweiten Teil „Josef Knechts hinterlassene Schriften“ im Kapitel „Die Gedichte des Schülers und Studenten“ wiedergegeben. Besondere Bedeutung erhält es für den ganzen Roman, indem Hesse es im Kapitel „Die Legende“ ausführlich den entscheidenden Wandel im Leben des „Magister Ludi“ Josef Knecht meditativ begleiten lässt. Dabei werden die Zeilen

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben

ausdrücklich zitiert und als maßgeblich für Knechts Abschied von seinem Amt dargestellt. Im darauf folgenden Gespräch zwischen Knecht und seinem Freund Tegularius bringt Hesse dann eine ausführliche Interpretation des Gedichts und thematisiert dabei auch die Änderung des ursprünglichen Titels „Transzendieren“ in „Stufen“. Das Gedicht kann daher als „essenziell“ für die dramaturgische Gestaltung des Romans bezeichnet werden.[3]

Die Technik des Einbettens von Gedichten in seine Prosawerke wendet Hesse auch in anderen Werken an, so u.a. in den Romanen Peter Camenzind und Der Steppenwolf.[4]

Ausgaben

  • Hermann Hesse: Stufen – Alte und neue Gedichte in Auswahl. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1961.
  • Die Gedichte. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-518-40455-5.

Trivia

  • Stufen ist das Lieblingsgedicht von Alfred Biolek, der es seiner Biographie voranstellt.[5]
  • Alois Prinz betitelt seine Hesse-Biographie mit dem Hesse-Zitat Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.[6]
  • Das Zitat Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne wurde zu einem geflügelten Wort.
  • Das Gedicht erinnert stark an eine Passage aus Friedrich Nietzsches Werk "Menschliches, Allzumenschliches":

„Wer nur einigermaßen zur Freiheit der Vernunft gekommen ist, kann sich auf Erden nicht anders fühlen denn als Wanderer, – wenn auch nicht als Reisender nach einem letzten Ziele: denn dieses gibt es nicht. Wohl aber will er zusehen und die Augen dafür offen haben, was alles in der Welt eigentlich vorgeht; deshalb darf er sein Herz nicht allzufest an alles einzelne anhängen; es muß in ihm selber etwas Wanderndes sein, das seine Freude an dem Wechsel und der Vergänglichkeit habe.“

Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches – Neuntes Hauptstück. Der Mensch mit sich allein. Nr. 638: Der Wanderer.

Einzelnachweise

  1. Stufen auf hhesse.de
  2. Bernhard Zeller: Hermann Hesse. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005, ISBN 9783499506765, S. 159.
  3. Dorothée Gommen: Polaritätsstrukturen im Werk Hermann Hesses. Lyrik, Epik, Drama = Forum deutsche Literatur 7. Martin Meidenbauer Verlagsbuchhandlung, München 2006, ISBN 3-89975-580-4, S. 52-54..
  4. Dorothée Gommen: Polaritätsstrukturen im Werk Hermann Hesses. Lyrik, Epik, Drama = Forum deutsche Literatur 7. Martin Meidenbauer Verlagsbuchhandlung, München 2006, ISBN 3-89975-580-4, S. 45..
  5. Erika Schellenberger-Diederich (Hrsg.): Mein Lieblingsgedicht: Prominente antworten – von Elke Heidenreich bis Richard von Weizsäcker. C.H.Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60607-6, S. 103-104.
  6. Alois Prinz: "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne" – die Lebensgeschichte des Hermann Hesse. Beltz & Gelberg, Weinheim 2009, ISBN 978-3-407-74114-1.

Literatur

  • Dorothée Gommen: Polaritätsstrukturen im Werk Hermann Hesses. Lyrik, Epik, Drama = Forum deutsche Literatur 7. Martin Meidenbauer Verlagsbuchhandlung, München 2006, ISBN 3-89975-580-4.
  • Alois Prinz: "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne" – die Lebensgeschichte des Hermann Hesse. Beltz & Gelberg, Weinheim 2009, ISBN 978-3-407-74114-1.
  • Erika Schellenberger-Diederich (Hrsg.): Mein Lieblingsgedicht: Prominente antworten – von Elke Heidenreich bis Richard von Weizsäcker. C.H.Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60607-6.
  • Bernhard Zeller: Hermann Hesse. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2005, ISBN 9783499506765.

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