Christopher McCandless

Christopher McCandless

Christopher „Chris“ Johnson McCandless (* 12. Februar 1968 in El Segundo; † (vermutlich) 18. August 1992 in Denali Borough; auch „Alexander Supertramp“ genannt) war ein junger Abenteurer bzw. Aussteiger. Jon Krakauers Buch In die Wildnis (Into the Wild) und Sean Penns gleichnamige Verfilmung machten ihn bekannt. McCandless zog mit minimaler Ausrüstung durch die USA. Er starb in einem abgelegenen Gebiet Alaskas an Auszehrung, möglicherweise aufgrund einer Vergiftung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend

McCandless wuchs bei wohlhabenden Eltern im US-Bundesstaat Virginia auf. Sein Vater Walt war Radartechniker und arbeitete für die NASA und für den Luft-/Raumfahrtbereich. Walt verlangte von ihm ein gutes Studium und eine glänzende Karriere. Stattdessen entwickelte sich bei McCandless schon in der Kindheit ein Drang, sich so oft wie möglich in der freien Natur aufzuhalten.

McCandless absolvierte die Schule problemlos. Die Eltern drängten ihn zu einem Studium, das er auch aufnahm, obwohl er sonst häufig gegen den Vater opponierte.

Obwohl McCandless Reichtum strikt ablehnte, war er sehr arbeitsam und geschäftstüchtig. Er verdiente gut an einem Fotokopierservice und fuhr Touren für einen Pizzaservice. An der Schule, in der Freizeit sowie in Diskussionen vertrat er eine kompromisslos soziale bis sozialistische Sicht. Ungeachtet dessen war er aufgrund seiner radikal libertären Einstellung gleichzeitig Anhänger Ronald Reagans. Er hatte vor, nach der High School Waffen nach Südafrika zu schmuggeln, um die dortige Apartheid zu bekämpfen. In verarmten Stadtteilen verteilte er Essen; in der Schule schrieb er Aufsätze, die die Ungerechtigkeit in der Welt anprangerten.

McCandless entwickelte großes Interesse an den Werken von Leo Tolstoi, Henry David Thoreau und Jack London. Durch Tolstoi kam er zu der Erkenntnis, ein Leben in Keuschheit und ohne die Laster des Wohlstands zu führen. Thoreau predigte die Rückkehr zu einem möglichst natürlichen Leben und sich in die Natur einzufügen (siehe „Walden“). Seit der Lektüre Jack Londons (z.B. „Wolfsblut“) faszinierte ihn Alaska.

Seine Reisen

Innere USA

Wenige Tage nach dem Abschluss der High School fuhr McCandless mit seinem alten Auto quer durch die USA, kehrte aber pünktlich zum Beginn des Semesters an der Emory University in Atlanta zurück. Kurz nach Ende des Uni-Studiums, das er wie die High School mit sehr guten Noten abschloss, brach er auf. Er spendete $24.000 aus einer Erbschaft an die Hilfsorganisation Oxfam International. Seine Ausrüstung bestand aus Büchern, einem Gewehr, einem Schlafsack sowie einem Zelt und weiteren, kleineren Gegenständen. Er hielt sich meistens im Westen der USA auf, reiste aber mit einem Boot den Colorado River hinunter bis an die Baja California ans Meer. Er wurde von einem Sturm überrascht und kam fast ums Leben, als das Paddel verloren ging. Mit einem Ersatzpaddel gelang ihm die Rückkehr ans Ufer. Seinen Aufzeichnungen zufolge, die Krakauer zitiert, hat er sich während dieser Reise zwei Monate lang nur von Fischen und fünf Kilogramm Reis ernährt. McCandless freundete sich mit einigen Menschen an; so jobbte er in der Nähe von Las Vegas in einer McDonald's-Filiale und lebte in Kontakt oder in der Nähe von Hippie-Gemeinschaften in Californien. Des Weiteren arbeitete er in South Dakota bei Getreide-Erntearbeitern. Zu den meisten dieser Reisebekanntschaften hielt er im Rahmen seiner Möglichkeiten Kontakt, nicht aber zu seiner Familie.

Alaska

Nach fast zweijähriger Wanderschaft brach er nach Alaska auf. Per Anhalter gelangte er nach Fairbanks. Von dort schickte er die letzten Postkarten und Briefe ab. Aus der Uni-Bibliothek lieh er sich ein Buch, das die genießbaren Beeren, Früchte und Pflanzen Alaskas beschrieb. Trotzdem war er schlecht ausgerüstet. Er hatte nur eine alte Karte und verzichtete auf elementare Hilfsmittel wie eine Axt, Insektenschutz, Schneeschuhe oder einen Kompass[1], denn er wollte in natürlicher, unberührter Umgebung möglichst zivilisationsfrei überleben - wie er selber es nannte: „live off the land“.

Er ging jedoch in keine „echte“ Wildnis. Ein Mitnehmer setzte ihn an der Straße Anchorage-Fairbanks westlich Healys ab, am Ende der befahrbaren Straße auf dem Stampede Trail, einem alten, schon fast in der Landschaft verschwundenen Weg, der in einer Aussparung des nördlichen Denali-Nationalparks, einer rechteckigen Einbuchtung der Parksgrenzen, endet. Indem er auf Hilfsmittel verzichtete, verlieh McCandless seiner Lebensführung das gewünschte Maß an Ungewissheit und Natürlichkeit. Zu der Zeit, im April, lagen etwa 40 Zentimeter Schnee.

Nach der Überquerung des Teklanika Rivers traf McCandless nach vier Tagen Marsch auf einen ausgedienten Bus63.868406-149.769294[2], der früher einmal Straßenbauarbeitern der Yutan Construction Company als Unterkunft gedient hatte. Dort richtete er sich ein. Für ihn war es die erhoffte Wildnis, auf drei Seiten in einiger Entfernung vom Nationalpark umgeben, ohne den nur 30 Kilometer entfernten Highway zu beachten, und ebenso ignorierte er das vier Tagesmärsche entfernte Dorf Healy. Mit einem in Fairbanks gekauften Kleinkalibergewehr schoss er Eichhörnchen, Vögel und auch einen Elch. Er sammelte Beeren, Pilze und wilde Kartoffeln. Da diese Art Nahrung nicht ausreichte, verlor er nach und nach an Gewicht.

Tod in der Wildnis

Im Juli entschied er sich, nach Healy zurückzukehren. Der Fluss, den er bei der Ankunft ohne große Probleme überqueren konnte, hatte sich wegen der sommerlichen Schneeschmelze in einen reißenden Strom verwandelt, sodass durchwaten unmöglich war. Als fatal erwies sich, dass eine (detaillierte) Landkarte fehlte, denn darauf wäre eine handbetriebene Schwebefähre über den Fluss nur wenig stromabwärts eingezeichnet gewesen - ebenso wie mehrere Hütten (z.T. von der Nationalparksverwaltung) wenige Kilometer entfernt im Süden. McCandless kehrte zum Bus zurück und hoffte, durchzuhalten bis zufällig, vor allem bedingt durch die Jagdsaison, Hilfe käme. Um den 18. August 1992, den Jon Krakauer als mutmaßlichen Todeszeitpunkt schätzte, starb er. Elchjäger fanden 19 Tage später seine Leiche. McCandless hatte 112 Tage allein in der Wildnis gelebt. Die genaue Todesursache ist ungeklärt.

Jon Krakauer, der den Weg und den Tod von McCandless für seine Reportage im Magazin Outside und sein nachfolgendes Buch intensiv untersucht hat, bietet mehrere Erklärungen für das angenommene Festsitzen und den Hungertod des Aussteigers. Dabei tendiert er dazu, ihn vor allem durch die These einer Vergiftung gegen den Vorwurf allzugroßen Leichtsinns in Schutz zu nehmen. Die Annahme, diese sei infolge einer Verwechslung verschiedener Pflanzen aufgetreten, wie es der Film darstellt, zieht er dabei selbst in Zweifel. Ron Lamothe versucht in dem Dokumentarfilm „The Call of the Wild“ [3], (rechnerisch) zu belegen, dass das Nahrungsangebot gemessen am Jagderfolg laut Tagebuch unter Einbeziehung der (fettarmen) pflanzlichen Nahrung über den gesamten Zeitraum in Alaskas Natur nicht ausreichend war und der Wildnisbewohner so dem Verhungern entgegenging.

Rezeption

Im Gegensatz zu Krakauer und vielen Lesern seines Buches, die McCandless' Person weitgehend mit Sympathie begegnen, gibt es auch viele negative Aussagen zu McCandless und denjenigen, die versuchen, sein Schicksal nachträglich zu romantisieren.

Der Alaska-Park-Ranger Peter Christian schrieb:

„Ich bin ständig dem ausgesetzt, was ich als „McCandless-Phänomen“ bezeichne. Junge Menschen, fast immer junge Männer, kommen nach Alaska, um gegen eine gnadenlose Wildnis und eine Landschaft zu bestehen, wo die Bequemlichkeit eines Zugangs und die Möglichkeit einer Rettung praktisch nicht vorhanden sind […] McCandless war aus meiner Perspektive auch nicht besonders mutig, sondern einfach nur dumm, tragisch und rücksichtslos. Zunächst einmal verwendete er nur sehr wenig Zeit, um zu lernen, wie man in freier Wildbahn überlebt. Er kam an den Stampede Trail ohne eine Karte von der Gegend. Hätte er eine gute Karte gehabt, hätte er sich leicht retten können […]“

Judith Kleinfeld, Professorin für Psychologie an der University of Alaska Fairbanks, schrieb in der Anchorage Daily News:

„Viele in Alaska reagieren mit Wut auf seine Dummheit. Man muss ein kompletter Idiot sein, sagen sie, um im Sommer 20 Meilen vom Parks Highway entfernt zu verhungern.“

Literatur

  • Jon Krakauer: Into the Wild (1996), dt. In die Wildnis, aus dem Amerikan. von Stephan Steeger, Malik Verlag (Lizenz des Piper Verlags), München 1997. ISBN 9783492250672

Popkultur

Sean Penn verfilmte McCandless' Leben im Jahr 2007 unter dem Titel Into the Wild.

Der Folk-Sänger Ellis Paul veröffentlichte 2002 auf seinem Album The Speed of Trees das Lied The Ballad of Christopher McCandless.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bernd A. Weil: Jon Krakauer und der Mythos der Wildnis auf explorermagazin.de, abgerufen am 12. Juli 2010
  2. Magic Bus, Stampede Trail. Google Maps, abgerufen am 15.2.
  3. Informationen zu „The Call of the Wild“ (engl.)

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