Circulus in demonstrando

Circulus in demonstrando

Eine Petitio principii (lat. „Inanspruchnahme des Beweisgrundes“; begging the question, engl.), auch Circulus in demonstrando, ist ein argumentativer Fehlschluss, der dann vorliegt, wenn eine Behauptung, für deren Wahrheit argumentiert werden soll, in der Argumentation für diese Behauptung bereits als wahr vorausgesetzt wird. Dies kann zum einen explizit geschehen, wenn die Behauptung als Konklusion eines Arguments vorliegt, in dem sie selbst als Prämisse vorkommt, zum anderen implizit, indem die Konklusion kein expliziter Bestandteil des Arguments ist, sondern stillschweigend angenommen wird.

Eine Besonderheit der petitio principii besteht darin, dass sie ein aussagenlogisch gültiger Schluss ist (Aussagenlogik, Logische Gültigkeit eines Schlusses): Aus jeder beliebigen Aussage (in diesem Fall eine der Prämissen) folgt trivialerweise diese selbst (die Konklusion). Ein Fehlschluss liegt also nicht aus rein logischen Gründen vor, sondern daher, dass die triviale Stützung der Konklusion in gewissem Sinne argumentativ inadäquat ist. Diese argumentative Inadäquatheit lässt sich z. B. dadurch erklären, dass eine petitio principii als Argument keine Überzeugungskraft besitzt, insofern ihre Konklusion nur von Personen akzeptiert wird, die auch schon die mit der Konklusion identische (implizite) Prämisse akzeptieren. Eine weitere Erklärung bietet der Philosoph Jay Rosenberg an, demzufolge ein Argument nur dann als adäquat eingestuft werden kann, wenn „ein Einwand gegen das, was die Stützung bewirken soll, sich von einem Einwand gegen das, was gestützt werden soll, unterscheidet“[1]. Diese Adäquatheitsbedingung ist im Fall einer petitio principii nicht erfüllt.

Historisches

Dieser Fehlschluss wurde zuerst von Aristoteles in seiner Logik beschrieben. Immanuel Kant hat ihn in seinem Logik-Vorlesungshandbuch (§ 92) [2] angeführt, zusammen mit dem Zirkel im Beweisen (circulus in probando).

Beispiele

(1) Wieso stimmen Vorstellungen in unserem Geiste mit Gegenständen der Erfahrung überein, obwohl sie nicht von den Erfahrungen selbst geschaffen werden? – Dies mit den Grundsätzen einer Erkenntnistheorie zu begründen, hieße intellektuelle Vorstellungen durch intellektuelle Vorstellungen zu beweisen.[3]

(2) Da der Papst unfehlbar ist, ist alles was er glaubt wahr. Er glaubt unter anderem auch unfehlbar zu sein, also ist er in der Tat unfehlbar.

(3) In dem Versuch zu belegen, dass Franz die Wahrheit sagt:

  • Angenommen, Franz lügt nicht wenn er spricht.
  • Franz spricht.
  • Folglich sagt Franz die Wahrheit.

Quellen

  1. Jay Rosenberg: Philosophieren. Ein Handbuch für Anfänger. 5. Aufl. Frankfurt am Main 2006, S. 96
  2. Genau genommen fasst Kant unter diese Bezeichnung die logisch unzulässige Verwendung eines Satzes als ein selbst-evidentes Axiom: „die Annahme eines Satzes zum Beweisgrunde als eines unmittelbar gewissen Satzes, obgleich er noch eines Beweises bedarf“. (Immanuel Kant: Werkausgabe Bd. VI. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 189. 1. Aufl. Frankfurt 1977)
  3. Wolfgang Röd: Die Philosophie der Neuzeit 3. Teil 1: Kritische Philosophie von Kant bis Schopenhauer. München 2006, S. 31

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