Clayton-Bulwer-Vertrag

Clayton-Bulwer-Vertrag

In dem Clayton-Bulwer-Vertrag von 1850 (am 19. April in Washington (D.C.) unterzeichnet) vereinbarten die USA und Großbritannien, dass keiner von beiden einen alleinigen Einfluss auf einen künftigen, den Atlantik mit dem Pazifik verbindenden Kanal haben soll. Die Neutralität sollte durch beide Nationen garantiert werden.

Der Vertrag ist benannt nach den Verhandlungsführern Sir Henry Lytton Bulwer (Großbritannien) und John M. Clayton (USA).

Inhaltsverzeichnis

Inhalt des Vertrags

Die zwei Mächte vereinbarten, dass keiner von beiden Vertragspartnern:

  • eine alleinige Kontrolle über den (künftigen) Kanal anstreben
  • Festungen in der Nähe des (künftigen) Kanals anlegen oder unterhalten werden
  • ihre Macht über zentralamerikanische Gebiete (z.B. durch Kolonisierung) erweitern werden
  • ihre bestehende Macht über zentralamerikanische Gebiete nicht nutzen werden, um alleinige Kontrolle über den (künftigen) Kanal zu erlangen

Die zwei Mächte vereinbarten weiterhin, dass der Bau und der Betrieb des Kanals, von wem auch immer, unter dem Schutz beider Mächte steht, die auch seine Neutralität garantieren.

Ein solcher Kanal, so der Tenor des Vertrags, dient der Menschheit als Ganzes und darf nicht von einem einzelnen Staat zum Nachteil anderer beherrscht werden.

Obwohl man zu diesem Zeitpunkt annahm, der Kanal würde in Nicaragua gebaut (über den Río San Juan, den Lago de Nicaragua und dann Richtung Pazifik), und dies auch im Vertrag zum Ausdruck kommt, so wird auch eine mögliche Route über den Isthmus von Tehuantepec (Mexiko) und Panama nicht ausgeschlossen und unterliegen entsprechend analogen Vertragsbedingungen. Auch eine eventuelle Eisenbahnlinie soll entsprechend behandelt werden.

Hintergrund

Zu diesem Zeitpunkt war Großbritannien eine Weltmacht, die auch in Mittelamerika erheblichen Einfluss hatte. Kürzlich (1848) besetzten sie Greytown (das heutige San Juan del Norte) und errichteten ein Protektorat in der Miskitoküste, direkt bei dem geplanten Kanal durch den Nicaragua-See. Die USA hingegen war bestrebt, gemäß der Monroe-Doktrin, den Doppelkontinent als ihre Einflusssphäre zu etablieren. Keine der beiden Mächte sahen sich momentan in der Lage, einen Kanal zu bauen und unangefochten politisch unter ihrem Einfluss zu halten. Da sie aber die Vorteile, die ein solcher Kanal bietet, nutzen wollten, kamen sie zu diesem Kompromiss.

Weiterer Verlauf

Die Öffentlichkeit in den USA sah den Vertrag als eine Preisgabe der Monroe-Doktrin. Nicht verwunderlich, dass in späteren Jahre, als die Macht der USA wuchs, sie versuchte, den Vertrag zu revidieren. Legal geschah es allerdings erst 1901 mit dem Hay-Pauncefote-Vertrag.

Der Ausdruck von wem auch immer in dem Vertrag wurde von den USA später nicht recht beachtet. Im Vertrag wird nicht gesagt, dass nur die USA oder Großbritannien oder Bürger oder Firmen dieser Länder den Kanal bauen dürfen. Allenfalls die gleichlautende Wortwahl (engl. party), wenn von Vertragsparteien und anderen Subjekten die Rede ist, lässt diese Möglichkeit offen.

In der Praxis versuchten die USA immer wieder sicherzustellen, dass der Kanal, wenn überhaupt, dann von US-amerikanischen Gesellschaften gebaut wird. Als 1855 der US-Amerikaner und Abenteurer William Walker Nicaragua mit einer Privatarmee angriff und Granada besetzte, wurde der von ihm ausgerufene Staat von den USA anerkannt, ehe er mit Hilfe benachbarter Staaten 1857 entmachtet werden konnte.

1853 und erneut 1867, 1894, 1896, 1898 und 1899 landeten US-Truppen in Nicaragua, "um Amerikanische Interessen" zu schützen. Auch in anderen Gebieten Zentralamerikas gewannen die USA (insbesondere im Vergleich zu Großbritannien) immer mehr an Einfluss.

Siehe auch


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